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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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hatte die Aufgabe«, erklärt er, »darauf zu achten, wie oft sich der Zeiger auf der Stoppuhr drehte, bis er den Kampf beendet hatte.«
    (Was heißt: ihn zerfleischt hatte.)
    Er erzählt mir, dass als Eröffnungsnummer vor den eigentlichen Kämpfen streunende Hunde in Stücke gerissen wurden. Er schaut finster, als er sich daran erinnert, dass es echt scheiße war, Cocíss beizubringen, den Gegner zu töten. Ein paar Mal hörte Cocíss vorher auf, das Publikum protestierte, und viele wollten ihr Geld zurück. Von dem Tag an hatten sein Bruder und er Haarnadeln dabei. Sie steckten sie ihm knapp über den Schwanz rein, damit er sich noch einmal auf den im Todeskampf liegenden Hund stürzte. Manchmal war es nicht einfach zu entscheiden, ob der andere Hund wirklich
tot war, auch wenn er sich nicht mehr bewegte. Näher ranzugehen, um es zu kontrollieren, konnte gefährlich sein, wenigstens wenn Cocíss ihm nicht wirklich die Kehle durchgebissen hatte.
    Als er mir vom ersten Kampf erzählt, merke ich, dass sich meine Finger fest um das Geländer schließen und sich die Muskeln in den Beinen anspannen.
    »Da war dieser Ben Hur, ein Dogo argentino, der schon drei oder vier Champions massakriert hatte. Als ich ihn gesehen habe, hab ich mir in die Hosen gemacht. Er war ganz schwarz und rot, ein Monster. Alle Wetten standen gegen Cocíss. Da kam Curto zu uns und sagte, er bringt uns beide um, wenn Cocíss nicht gewinnt. Ich hab mich drangemacht, ihn mit Milch zu begießen, das muss man vor einem Kampf immer tun, und mein Bruder gab ihm dieses Zeug zu schlucken, das hilft, auf den Beinen zu bleiben. ›Hitler Speed‹ sagen sie dazu. Weißt du, wovon ich spreche?«
    Ich war nie im Rauschgiftdezernat, doch eine Kollegin hat mir von einem Zeug, das so heißt, und auch von anderem erzählt. Ice oder Crystal meth, synthetischer Koks für Arme. Oder für Hunde. Man sagt, es lässt sich zu Hause aus Produkten, die man in jedem Supermarkt oder Hobbycenter kaufen kann, herstellen. In Wirklichkeit ist es nicht ganz so einfach. Aber immer noch einfacher, als nach Kolumbien zu fliegen, um mit den Drogenhändlern zu verhandeln.
    Er erklärt mir weiter, dass ein Dogo argentino nicht nur gefärbt wird, um ihn bedrohlicher aussehen zu lassen, sondern auch, weil er von Natur aus weiß ist und man Verletzungen sofort sehen würde. So hatten nicht einmal sie bemerkt, dass Cocíss den Dogo bereits mehrmals verwundet hatte. Das Publikum war wie im Rausch, es war einer der härtesten und längsten Kämpfe, die man je gesehen hatte, einer von denen, die in die Geschichte eingehen. Er hat ihn auch gefilmt, fügt er hinzu. Doch an einem bestimmten Punkt schienen die beiden Hunde aufhören zu wollen. Auch die blutrünstigsten Bestien hören einmal auf. Das kann ich mir einfach nicht
erklären, sagt er. Vielleicht aus Müdigkeit und weil sie viel Blut verloren haben, vielleicht weil sie sich fragen, was für einen Sinn es hat, das Duell bis zum Tod fortzusetzen, sage ich. Er sieht mich an und denkt darüber nach. Es ist wie ein Augenblick des Blackout, der Verwirrung. Der großen Klarheit, möchte ich hinzufügen, doch ich behalte es für mich und lasse ihn fortfahren.
    Er behauptet, dass Cocíss am Ende gewonnen habe, weil der Herr von Ben Hur, besorgt darüber, dass der Kampf sich so lange hinzog, ihm einen Schuss Koks zu viel gegeben hatte. Er erinnert sich, dass der schwarze Dogo plötzlich zusammenbrach, als hätte er einen Infarkt. Und Cocíss zog ihn durch die Arena wie eine Masse aus Blut und Sägemehl, während er und sein Bruder ihn anschrien, ihn in Stücke zu reißen. Sie brauchten vier oder fünf Leute, um ihn dazu zu zwingen, ihn loszulassen. Ezio Curto machte allein an diesem Abend zwanzigtausend Euro. Und ihnen gab er tausend davon. An diesem Abend haben alle kapiert, dass Cocíss ein Champion war, schließt er mit einem gewissen Stolz und springt vom Geländer.
    Wir machen uns auf den Nachhauseweg.
     
    Ich weiß nicht, ob er diese Geschichte je irgendjemandem erzählt hat. Der fahrigen Art nach zu urteilen, mit der er schwadroniert, ohne sich um wirkungsvolle Übergänge zu kümmern, eher nicht. Zu Hause kontrolliere ich, ob die Fotos bei der richtigen Adresse angekommen sind, und er erzählt mir noch einmal, dass Cocíss nach einem Jahr als Kampfhund quasi hunderttausend Euro wert war.
    »Du übertreibst«, finde ich.
    Er ist beinahe beleidigt.
    »Du hast ja keine Ahnung. Was weißt du schon, wer da alles dahintersteckt und Geld

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