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Canale Mortale (German Edition)

Canale Mortale (German Edition)

Titel: Canale Mortale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Schumacher
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»Quadri« gesessen? Mit
Tuch und Brille konnte man sie nicht auf Anhieb erkennen, aber Antonia
erinnerte sich an ihre Umhängetasche, einen hellgrünen Lederbeutel, den sie im
Palazzo an der Garderobe aufzuhängen pflegte.
    Vielleicht wäre es das Einfachste, ihr zu folgen und sie zu fragen,
ob sie auch im »Quadri« gewesen war. Doch dann gab Antonia den Gedanken auf.
Flavia konnte schließlich Kaffee trinken, wo und wann sie wollte, und wenn sie
etwas zu verbergen hatte, würde sie ohnehin alles abstreiten. Es hatte keinen
Sinn, sie zu fragen. Und wenn sie von dem Treffen gewusst hatte und es
ausspionieren wollte, war es besser, sie in Sicherheit zu wiegen.
    Antonia ging über die Accademia-Brücke, kämpfte sich durch zwei
französische Schulklassen, die mitten auf der Brücke Gruppenfotos machten, und
ging weiter zum »Già Schiavi«. Jana, Rita und Florian standen schon mit einem
von der Abendsonne illuminierten Glas Spritz in der Hand vor der Bar und
unterhielten sich mit zwei österreichischen Touristen. Luca hatte heute wohl
seinen freien Tag, wie Antonia ein bisschen enttäuscht bemerkte.
    »Und wer von denen hinter der Theke ist dein Schwarm?«, fragte Rita
laut in die Runde und betrachtete die beiden jungen Männer, die ihrem Vater zur
Hand gingen. Antonia ärgerte sich, dass sie Rita in ihren kleinen Flirt
eingeweiht hatte, und versuchte sie abzulenken. Doch bevor sie etwas sagen
konnte, legte Florian lächelnd einen Arm um sie.
    »Antonia schwärmt vor allem für mich, denke ich doch! Was haltet ihr
im Übrigen davon, bei diesem Wetter an den Zattere zu essen?«
    Die drei Frauen hatten nichts dagegen einzuwenden. Die kleine Gruppe
nahm auf der schwimmenden Terrasse einer Pizzeria Platz. Rita war wieder in
Spendierlaune und bestellte Prosecco, den ein Kellner eilfertig in einem Kühler
neben den Tisch stellte.
    »Ich komme für die Getränke auf, amici.«
    Nach dem Essen machte keiner Anstalten, aufzustehen. Rita bestellte
nach dem Dessert noch für alle eine Runde Grappa. Irgendwann wurde Antonia
innerlich zu unruhig, um länger sitzen zu bleiben.
    »Ich brauche noch ein bisschen Bewegung. Wir sehen uns dann zu
Hause!« Dabei beugte sie sich zu Florian hinunter und gab ihm einen kurzen
Abschiedskuss.
    Sie schlenderte zum Campo San Stefano. Auch dort hatten alle
Restaurants Hochbetrieb, und jede Menge Touristen saßen draußen bei Kerzenlicht
und aßen zu Abend. Hinter der Kirche San Vidal entdeckte sie links eine schmale
Gasse, die sie noch nicht kannte. Sie ging hinein und folgte dem Hauptgang, von
dem andere kleinere Gässchen abzweigten. Er führte über eine Brücke und unter
engen Durchgängen hindurch weiter in Richtung Palazzo Grassi. Sie war hier ganz
allein. Die hohen Häuser wirkten abweisend, die meisten Fensterläden waren
geschlossen. Vor ihr ging nur eine junge Frau, die jedoch nach hundert Metern
eine Tür aufschloss und vom Hauseingang verschluckt wurde.
    Antonias Schritte hallten in der engen Häuserschlucht, und sie
wusste an einer Biegung nicht, ob sie nach links oder rechts weitergehen
sollte. Sie drehte sich um und sah hinter sich über die kleine Brücke, die sie
gerade überquert hatte, einen Mann kommen. Er ging durch den niedrigen
Sottoportego, von dessen Balkendecke eine Glühlampe herabhing, dann blieb er
stehen und zündete sich eine Zigarette an. Für einen Moment glaubte sie in der
kleinen, gedrungenen Gestalt Marcello zu erkennen, den Mann vom Fußballplatz,
den sie bei Ugo gesehen hatte.
    Rasch nahm sie den Weg nach links und ging etwas schneller. Sollte
sie warten und den Mann fragen, wie sie zurück zum Campo käme? Wenn er ihr
gefolgt war, konnte er ihr hier, zwischen diesen vielen Häusern, gefährlich
werden? Nein, sie könnte um Hilfe schreien. Außerdem hatte sie in Erinnerung,
dass in der Nähe die Anlegestelle San Samuele sein musste. Wenn sie dort auf
den Platz kam, konnte sie zur Haltestelle gehen und das Boot zur Accademia
zurücknehmen. Die Häuschen der Haltestellen waren gut beleuchtet, und meist
warteten dort andere Fahrgäste. Der Mann, so hörte sie jetzt, kam näher. Noch
einmal bog sie nach links ab.
    Als sie das Ende der engen Gasse erreichte, stand sie plötzlich am
Canal Grande, und der Weg ging nicht weiter. Panisch sah sie sich um. Bis zur
Ecke, an der drei Gassen zusammenliefen, waren es etwa hundert Meter. Wenn sie
sich beeilte, konnte sie den Mann vielleicht noch abhängen, indem sie zurück
und geradeaus weiterlief. Er war noch nicht in ihre

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