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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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eine Beschwerde wegen seiner Verspätungen, oder war er mit seiner direkten Art jemandem auf den Schlips getreten? Marc hatte Probleme mit Autoritätspersonen. Er hasste Menschen, die ihre Amtsautorität hervorkehrten und kam wiederholt in Konfliktsituationen mit manchen Vorgesetzten.
    Die Sekretärin stellte die Verbindung her, und Sekunden später hörte er die tiefe, laute Stimme von Josef Huttinger, seinem Boss.
    „Marc, wo bist du im Moment?“
    „Im Burgenland. Ich wollte mich eben auf den Weg nach Wien machen. Was gibt es, Josef? Was verschafft mir die Ehre deines Weckrufes?“ Marc kannte Josef schon lange. Früher hatten sie eng zusammengearbeitet und Josef wurde zu einem väterlichen Freund. Seit Huttinger General und Direktor des Bundeskriminalamts war, beschränkten sich ihre Kontakte meist auf Dienstbesprechungen.
    „Du bist noch im Burgenland. Ausgezeichnet, das habe ich gehofft.“ Josefs Stimme klang ernst. „Marc, wir haben Ärger.“ Marcs Anspannung wuchs schlagartig.
    „Eine Frauenleiche wurde auf dem Autobahnparkplatz 4, auf der A3 in Fahrtrichtung Wien, kurz vor dem Knoten Guntramsdorf, entdeckt. Das liegt auf deinem Weg. Fahr bitte sofort hin und hilf den Kollegen aus Niederösterreich bei der Tatortsicherung.“
    Marc entspannte sich augenblicklich. Einen Moment lang dachte er, wie sonderbar seine Reaktion war. Da war er tatsächlich erleichtert, als er hörte, dass ein Mensch sein Leben verloren hatte. Hauptsache, der Anruf hatte nichts mit seinen Befürchtungen zu tun.
    „Verschaff dir einen Überblick, so gut es eben geht“, fuhr Josef fort. „Die Kollegen haben Anweisung, auf dich zu warten. Du hast das Kommando.“
    „Aber Josef“, warf Marc ein. „Ich soll um halb zehn an der Klausur der Arbeitsgruppe für Organisation und Entwicklung teilnehmen.“
    „Alles geregelt, Marc“, sagte Josef. „Du bist ab sofort von der Arbeitsgruppe entbunden. Wir brauchen dich jetzt woanders dringender. Und bevor ich es vergesse, du wirst im Laufe des Vormittags einen Anruf von höchster Stelle erhalten. Aber übernimm jetzt einmal die Ermittlungen. Wenn du fertig bist, ruf mich bitte sofort an.“
    „Alles klar, Boss. Bin schon unterwegs.“
    „Gut“, meinte Josef. „Und schöne Grüße an Freddy.“
    „Danke, werde ich ausrichten. Ich melde mich, wenn ich fertig bin, Josef. Bis später.“ Erleichtert steckte Marc sein Handy in die Brusttasche zurück.
    „Was ist los?“, fragte Freddy.
    „Josef lässt dich schön grüßen“, antwortete Marc. Dann wiederholte er in kurzen Worten das Gespräch.
    „Da ist etwas im Busch“, sagte er. „Es könnte sein, dass es heute später wird. Ich ruf dich an, wenn ich Genaueres weiß.“
    Marc Vanhagen kleidete sich vollständig an. Er bürstete noch einmal sein weißes, kurz geschnittenes Haar. Routinemäßig tastete er nach seinen Utensilien. Das Handy steckte, zusammen mit seiner Dienstmarke, in der linken Innentasche seines hellbraunen Sakkos. In der rechten Innentasche befanden sich ein Notizblock und ein Diktafon. Ein Päckchen Zigaretten, ein Feuerzeug und ein Kugelschreiber steckten in der Brusttasche seines Hemdes, dessen Kragen er offen trug. Er ertastete seine Geldbörse in der rechten Gesäßtasche seiner dunkelbraunen Hose. Am Gürtel hatte er einen Clip mit Handschellen befestigt. In der rechten vorderen Hosentasche steckten sein Schlüsselbund und Papiertaschentücher. In der linken hatte er ein Päckchen mit Einmalhandschuhen. Seine Dienstwaffe samt Schultergurt lag, in einem Schrank versperrt, in seinem Wiener Büro. Freddy konnte es nicht ausstehen, wenn er bewaffnet war. Marc betrachtete sich kurz im Spiegel, fand, dass er fünf Kilo abnehmen sollte, und wandte sich seiner Frau zu. Freddy musterte ihn von oben bis unten. Dann folgte lächelnd ihr Standardspruch.
    „181 Zentimeter Mann, und einer ist schöner wie der andere.“ Sie küsste ihn. „Pass auf dich auf.“

Niederösterreich, Donnerstag, 15. April 2010, 8.30 Uhr
    Marc Vanhagen fuhr langsamer, als der Rastplatz in Sichtweite kam. Ein Streifenwagen mit Blaulicht versperrte die Einfahrt, zwei uniformierte Kollegen winkten den Verkehr vorbei. Marc hielt seinen Dienstwagen, einen weißen VW Passat, an. Er öffnete das Fenster und zeigte seine Dienstmarke.
    „Oberst Vanhagen?“, fragte der junge Streifenpolizist. Marc nickte.
    „Grüß Gott, Herr Oberst, wir haben Sie schon erwartet.“ Er deutete seinem Kollegen, der mit dem Streifenwagen Platz machte.
    Marc fuhr

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