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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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Feder taucht in Volksliedern hauptsächlich als erotische Metapher auf. Ein Beispiel ist der Vierzeiler, der dem Buch Das Minnelied des deutschen Stadt- und Landvolkes von Friedrich S. Kraus entnommen ist.
    Mei Schatz is a Schreiber,
    A Schreiber muß er sein,
    Bald spitzt er mir d’ Feder,
    Bald dunkt er mir’s ein.
    Der Feder kommt auch in der Psychoanalyse eine starke Symbolkraft zu. Nach Freud ist die Feder ein starkes männliches Sexualsymbol. Und Georg Groddeck beschreibt 1923 in seinem Buch vom Es die Feder als Penis, das Papier als Vagina und die Tinte als Samen, der während der heftigen Bewegungen des Schreibens ausströmt. So, liebe Kollegen, jetzt könnt ihr euch einen Reim darauf machen, ob unsere Ausführungen einen Bezug zu den Serienmorden haben.“ Fritz stand auf und verteilte Handouts mit den eben vorgetragenen Informationen.
    „Freunde, ich bin beeindruckt“, sagte Sandra Kessler. „Und beschämt. Auf die Idee hätte ich kommen müssen. Die Information muss ich sofort in mein Profil einbauen.“
    „Danke, das war eine hervorragende Arbeit“, sagte Marc. „Ich denke, Fritz und Johannes haben sich Applaus verdient.“ Dabei begann er, mit den Knöcheln seiner rechten Faust auf den Tisch zu klopfen. Sofort taten es ihm die anderen gleich. Nachdem sich der Beifall gelegt hatte, ließ Marc über die Theorien abstimmen.
    Erwartungsgemäß bildeten sich Mehrheiten für die Szenarien, die Dr. Klein oder Mag. Burek als Hauptverdächtige beschrieben hatten. Marc unterbrach die Sitzung für einige Minuten und ging in den War Room, um die Staatsanwältin anzurufen. Als er zurückkam, bat er die Gruppe wieder an den Konferenztisch.
    „Kollegen, ich habe eben mit Frau Dr. Lessing gesprochen. Sie war zwar aufgrund der bisherigen Beweislage nicht gerade begeistert, hat uns aber letztlich doch die Freigabe für die geplante Vorgangsweise erteilt. Martin, Nicole und Paul befassen sich mit Klein. Der Doktor wird sofort zur Fahndung ausgeschrieben. Hausdurchsuchungsbefehle für das Wohnhaus, das Büro im Spital und die Fischerhütte sind genehmigt. Wir agieren ab sofort, als hätten wir bereits unwiderlegbare Beweise für seine Schuld. Ähnliches gilt für Burek, um den sich Sandra und Simon kümmern. Ich werde die Einsätze koordinieren und gegebenenfalls Hilfestellung leisten. Außerdem werde ich ein wenig im Umfeld von Schreudl recherchieren. Dafür sollen die EDV-Spezialisten die relevanten Daten aufbereiten. Kollegen, wir bewegen uns in einer Grauzone. Ich bitte euch trotz unseres entschlossenen Vorgehens um absolut korrektes Verhalten. Bedenkt, wir wandeln auf sehr dünnem Eis. Und jetzt gehen wir ans Werk!“ Nach einem Kontrollblick auf seinen Stichwortzettel räusperte er sich.
    „Ach, das hätte ich beinahe vergessen. Heute ist die Wahl zum Bundespräsidenten. Nehmt bitte euer Wahlrecht wahr und geht wählen. Ich hoffe, dass ihr Wahlkarten beantragt habt. Emma hatte uns allen die Formulare auf den Schreibtisch gelegt.“
    „Ich gehe zwar wählen, aber dieser Wahlkampf war der langweiligste seit Jahren“, sagte Martin.
    „Und der Ausgang ist reine Formsache“, meinte Paul.
    „Was erwartest du? Heinz Fischer tritt als amtierender Bundespräsident an und hat keine Fehler gemacht“, sagte Sandra.
    Martin, Nicole und Paul gingen in den War Room, um ihre Vorgangsweise zu koordinieren. Auch die Computerspezialisten und Thomas Gridler begaben sich an ihre Schreibtische. Sandra, Simon und Marc blieben im Konferenzraum und besprachen ihre Aufgabenverteilung.

Wien, Sonntag, 25. April 2010, 17.25 Uhr
    Im Laufe des Nachmittags war die graue Wolkendecke aufgerissen, der Nieselregen hatte aufgehört. Hin und wieder blinzelten Sonnenstrahlen durch die immer noch mächtigen Wolkengebilde. Im wechselhaften Spiel zwischen Licht und Schatten wirkte das Schild neben dem Hauseingang wie eine unregelmäßig flackernde Reklametafel. Marc Vanhagen saß am Steuer seines geparkten Wagens und starrte auf den Eingang des Tanzstudios. Der Rupertusplatz war beinahe menschenleer. Und das war gut so. Marc wollte allein sein. Er war aufgewühlt und verbittert. Die Pressekonferenz, die vor 30 Minuten zu Ende gegangen war, hatte ihm mächtig zugesetzt. Der Mord an dem kleinen Mädchen hatte die Stimmung unter den Medienvertretern weiter angeheizt. Wie Furien waren sie über ihn und sein Team hergefallen. Und diesmal scheuten sie auch vor persönlichen Untergriffen nicht zurück. „Wann geben Sie zu, unfähig zu sein, diese

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