Canard Saigon (German Edition)
Und über die Leiche wurden Müllreste aller Art gekippt. Zwischen ihren Oberschenkeln klebten fünf Vogelfedern. Ob sie vergewaltigt wurde, konnte nicht festgestellt werden, aber es wurden Spuren von Massageöl in ihrer Vagina sichergestellt.“ Marc Vanhagen legte eine kleine Pause ein.
„Was unterscheidet den Fall Düzel vom aktuellen? Das Opfer wurde in der eigenen Wohnung gefunden. Das verwendete Isolierband war blau und hatte eine geringere Klebekraft. Ihr Kopf steckte nicht in einem Plastiksack. Und die Federn steckten nicht in ihrer Vagina.“ Marc unterbrach seine Ausführungen und setzte sich an den Konferenztisch.
„Kollegen, soweit ich den Fall beurteilen kann, sind die beiden Morde vom selben Täter verübt worden. Die Ermittler des Landeskriminalamtes Wien hatten eine andere Faktenlage als wir und zogen daher andere Schlüsse. Ich habe den Akt sorgfältig studiert und versuche nun, nach meinem heutigen Wissen, eine Rekonstruktion des Mordes. Emine Düzel war verheiratet und hatte keine Kinder. Sie arbeitete als Putzfrau im Maria-Theresia-Spital. Außerdem hatten sie und ihr Mann die Stelle als Hausbesorger in der Turnergasse. Die Frau sprach kaum deutsch und hatte ständig Probleme mit den übrigen Hausbewohnern. Der Täter muss an die Tür geklopft haben, und als sie öffnete, hat er sie vermutlich mit einem Elektroschocker außer Gefecht gesetzt. Dann fesselte er sie. Der Mörder schob den Esstisch an die Wand zum Fenster und wuchtete sie bäuchlings darauf. Dann kettete er ihre Fußgelenke an die Tischbeine. Auf einem Foto sind deutliche Kratzspuren an den Tischbeinen zu erkennen. Er befestigte ein Stahlseil an den Handschellen und machte es an der Fensterschnalle fest. Die Kollegen fanden an der Fensterschnalle Kratzspuren und Metallabrieb. Danach hat ihr der Täter die Kleider vom Leib geschnitten, sie mit Massageöl eingerieben und ihr schließlich die Kehle durchgeschnitten. Der gesamte Raum war voller Blutspritzer. Das meiste Blut befand sich auf dem Tisch und am Fußboden. Nach der Tat entfernte der Täter die Handschellen, das Stahlseil und die Fußfesseln und stieß das Opfer vom Tisch. Er warf Abfall über ihre Leiche und verließ die Wohnung. Und jetzt kommen wir zum Schluss der damaligen Ermittlungsgruppe. Der Körper von Emine Düzel wies zahlreiche Prellungen, Blutergüsse und Scheuerstellen auf. Die meisten dieser Verletzungen waren älteren Datums. Das heißt, sie wurde regelmäßig verprügelt. Ihr Mann, Ahmet Düzel, ist ein 28-jähriger Türke, von Beruf Bauhilfsarbeiter. Er gilt als streitsüchtig und gewaltbereit. Die Hausbewohner gaben an, öfter Schreie und Lärm aus der Wohnung gehört zu haben. Düzel lebt seit drei Jahren in Österreich. Ende März 2009 war er in die Türkei gefahren und hatte Emine geheiratet. Die Hochzeit war angeblich von den beiden Familien arrangiert worden. Düzel nahm seine Frau mit nach Österreich. Nach drei Monaten fand sie über Vermittlung eines Freundes von Ahmet Arbeit als Putzfrau. Emine hatte einer Arbeitskollegin erzählt, dass Ahmet sie regelmäßig verprügelt. Zwei Monate vor ihrem Tod eröffnete sie ihrem Mann, dass sie keine Kinder bekommen könne. Daraufhin wurde ihre Lage noch schlimmer. Düzel wurde immer gewalttätiger. Er sagte ihr, dass er sie verlassen werde. Zwei Tage vor ihrem Tod erzählte Emine der Arbeitskollegin, dass ihr Mann seine Sachen gepackt habe und in die Türkei gefahren sei. Ein Hausbewohner glaubte aber, Ahmet am Tag des Mordes gesehen zu haben. Und eine Frau sagte aus, sie habe ihn um 22.25 Uhr mit einer Sporttasche aus dem Haus gehen sehen. Sie hatte nach den Nachrichten aus dem Fenster im zweiten Stock gesehen, und da wäre ihr Ahmet aufgefallen, wie er eilig um die Hausecke verschwand. Folgerichtig stellte sich der Fall für die Ermittlungsgruppe als Familientragöde dar. Ahmet Düzel war dringend tatverdächtig. Eine sofort eingeleitete Fahndung erbrachte kein Ergebnis. Die türkischen Behörden wurden informiert. Am 18. September übermittelten die türkischen Kriminalisten, dass Ahmet Düzel am 14. September kurz bei seiner Familie in einem kleinen Dorf bei Istanbul aufgetaucht war. Er teilte ihnen mit, dass er seine Frau verlassen habe, und ließ kein gutes Haar an Emine. Dann verschwand er wieder. Ahmet sagte, er wolle auf einem Schiff anheuern. Eine sofortige Überprüfung der Heuerlisten im Hafen von Istanbul brachte kein Ergebnis. Seither wird Ahmet Düzel als Hauptverdächtiger mit einem
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