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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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Liebe“, beruhigte Marc und lächelte Sandra entwaffnend an. „Habe ich da einen wunden Punkt getroffen? Das täte mir leid. Was ist denn los?“
    „Ach, mich nervt die ewige Diskussion wegen meiner Wohnung. Mein Lebensgefährte löchert mich schon ewig, dass ich die Wohnung aufgeben soll. Für ihn ist das ein Mangel an Vertrauen. Er will nicht kapieren, dass ich mich nie mehr in die Abhängigkeit eines Mannes begeben werde.“
    Marc wusste, dass sie eine schwere Zeit hinter sich hatte. Ihr erster Mann war abgehauen, als sie schwanger war, und hatte sie mit einem Haufen Schulden sitzen gelassen. Sie hatte hart gearbeitet und viele Entbehrungen auf sich genommen. Ihrem Sohn Eric sollte es an nichts fehlen, und das schaffte sie auch. Jede Überstunde hatte sie angenommen und jeden Wochenenddienst, der guten Bezahlung wegen. Ihre Konsequenz war bewundernswert, allerdings blieb die Beziehung zu ihrem Sohn auf der Strecke. Als Eric klein war, hatte sie nie Zeit für seine Bedürfnisse gehabt. Und als er größer wurde, war es zu spät. Er war aufsässig, und sie kam nicht an ihn heran. Ein Dilemma, mit dem Sandra Kessler schwer zu kämpfen hatte.
    „Außerdem will Eric zurück nach Wien. In St. Pölten gefällt es ihm nicht. Er will allein in meiner Wohnung leben. Dabei weiß ich jetzt schon nicht, was er in seiner Freizeit treibt. Er will die Schule schmeißen und arbeiten gehen. Und er kommt immer öfter betrunken nach Hause. Ach, diese Männer machen mich noch wahnsinnig.“ Sandra sprach mit einer Mischung aus Ärger und Frustration in der Stimme.
    „Aber Eric ist 17. Das sind die blödesten Jahre. Das wird schon wieder“, versuchte Marc sie zu trösten.
    „Säuft dein Sohn auch? Oder deine Tochter? Die sind im gleichen Alter“, fauchte Sandra ihn gereizt an.
    „Na ja, das nicht, wir haben andere Probleme“, versuchte sich Marc zu herauszuwinden. „Aber wenn du willst, rede ich einmal mit Eric. Du weißt, wir hatten immer eine gute Beziehung.“
    „Danke, sehr nett“, sagte Sandra mit wesentlich ruhigerer Stimme als zuvor. „Aber ich muss selbst herausfinden, was mit ihm los ist. Vielleicht komme ich irgendwann auf dein Angebot zurück.“
    Marc spürte, dass sie über dieses Thema nicht weiter sprechen wollte. Sie hatten die Baustelle passiert und fuhren in zügigem Tempo durch die Stadt. Beide hingen wortlos ihren Gedanken nach.
    „Warum hat unsere Sonderkommission so viele Freiheiten?“, fragte Sandra unvermittelt.
    „Ich weiß es auch nicht. Aber sei doch froh. Erstmals können wir ermitteln, ohne dass wir uns dauernd über die Unzulänglichkeiten des Polizeiapparates beschweren müssen.“
    „Ja, schon, aber ich finde es trotzdem seltsam“, sagte Sandra nachdenklich.
    „Ach, mach dir keine Gedanken. Vielleicht haben die Herrschaften im Innenministerium endlich kapiert, dass unsere bisherigen Forderungen Sinn machen.“
    Sie waren in der Silenegasse angekommen. Marc fand einen Parkplatz direkt vor dem Haus.
    Die Eingangstür der Wohnanlage stand offen. Ein uniformierter Kollege sorgte dafür, dass keiner der inzwischen zahlreichen Gaffer das Haus betreten konnte. Marc und Sandra betraten das Stiegenhaus und sahen sich um. Rechts an der Wand hingen die Postkästen. Das Kästchen mit der Nummer 15 stand offen. Da keine Gewalteinwirkung erkennbar war, hatte vermutlich der Erkennungsdienst den Inhalt gesichert. Marc und Sandra begaben sich in die erste Etage. Zwei Streifenpolizisten hielten den Zugang zur Wohnung frei. Im Flur hatte sich eine kleine Gruppe von schaulustigen Hausbewohnern zusammengefunden, die aufgeregt miteinander diskutierten. In respektvollem Abstand, doch voller Neugier, sogen sie jede Bewegung der Beamten auf und kommentierten sie tuschelnd. Marc und Sandra kümmerten sich nicht weiter um das anschwellende Stimmengewirr, das ihr Erscheinen hervorrief, sondern traten durch die offene Tür. In der Wohnung wuselten vermummte Gestalten in Schutzanzügen herum. Ab und zu erhellte grelles Blitzlicht die Szenerie. Das Team des Erkennungsdienstes war mitten in seiner Bestandsaufnahme.
    „Alle Achtung, die Wohnung hat Klasse“, bewunderte Marc die erlesene Einrichtung. „Sag mal, verdienen Krankenschwestern so viel?“
    „Mit einem normalen Gehalt kannst du dir einen derartigen Luxus nicht leisten“, stellte Sandra trocken fest. „Entweder hat sie im Lotto gewonnen oder einen reichen Liebhaber.“
    „Oder sie geht einer lukrativen Nebenbeschäftigung nach“, sagte Marc.
    Der

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