Canard Saigon (German Edition)
neuesten Tratsch. Im Fernsehen lief eine Folge von CSI und danach Criminal Minds . Nachdem Marc gesehen hatte, mit welcher Brillanz die Amerikaner ihre Fälle lösten, hatte er genug vom Tag und ging zu Bett.
Mattersburg, Dienstag, 20. April 2010, 5.52 Uhr
Von Weitem hörte er eine weibliche Stimme seinen Namen rufen. Die Stimme wurde rasch lauter, nach und nach registrierte er, dass es Freddy war. Er spürte, wie ihn eine Hand rüttelte, und hörte gleichzeitig den Klingelton seines Handys. Jetzt war Marc Vanhagen wach. Schlaftrunken tastete er nach dem Lichtschalter und setzte sich auf die Bettkante. Das Handy läutete gnadenlos. Er sah auf das Display. Der Anruf kam vom Journaldienst des Bundeskriminalamts. Marc nahm das Gespräch an.
„Guten Morgen, Herr Oberst“, sagte der Journalbeamte freundlich. „Herr Oberst, wir wurden verständigt, dass wieder eine Frauenleiche gefunden wurde. Ihre Hände sind gefesselt und über ihren Kopf wurde ein Plastiksack gestülpt. Das könnte mit Ihren Ermittlungen zusammenhängen.“
Marc war hellwach.
„Wo wurde die Leiche gefunden?“
„Auf einer Böschung der A3, Richtung Eisenstadt, kurz vor der Abfahrt Hornstein.“
„Wer sichert den Fundort?“
„Zwei Streifenbeamte sind vor Ort, Verstärkung ist unterwegs.“
Marc überlegte kurz. „Veranlassen Sie bitte, dass die Autobahn sofort gesperrt wird. Und verständigen Sie die Gerichtsmediziner. Alles andere übernehme ich. Ich danke Ihnen für den Anruf.“
„Was ist los?“, fragte Freddy.
„Eine neue Frauenleiche wurde gefunden, ich muss sofort los“, sagte Marc. Er stand auf und ging mit dem Handy ins Badezimmer.
„Ich mach dir Kaffee“, rief ihm Freddy nach und stand ebenfalls auf.
Marc wählte die Nummer von Thomas Gridler. Er schilderte ihm kurz die Fakten und beauftragte ihn, Martin, Nicole und Sandra zu wecken und an den Fundort zu beordern. Außerdem sollte Thomas den Erkennungsdienst des Bundeskriminalamts mit der Untersuchung betrauen. Als nächstes ließ er sich von der Leitstelle der Niederösterreichischen Polizei mit einem der Beamten verbinden, die den Fundort sicherten. Er trug ihm auf, den Bereich großräumig abzusperren, um unbefugte Personen fernzuhalten.
Marc sprang unter die Dusche, verrichtete seine Morgentoilette und zog sich rasch an. Dazu brauchte er genau sieben Minuten. Er eilte in die Küche, stürzte im Stehen seinen Kaffee hinunter, küsste seine Frau und lief zum Auto. Er schaffte die 22 Kilometer bis zum Fundort der Leiche in 25 Minuten. Die uniformierten Kollegen hatten ganze Arbeit geleistet. Die Autobahn war gesperrt, und alles hermetisch abgeriegelt. Marc parkte seinen Dienstwagen in gebührendem Abstand. Er war das letzte Stück der gesperrten A3 gegen die Fahrtrichtung gefahren und hatte sich wie ein Geisterfahrer gefühlt. Auch mitten auf der Autobahn zu parken, fühlte sich merkwürdig an. Ein Streifenpolizist kam ihm zu Fuß entgegen, begrüßte ihn und geleitete ihn zu der Stelle, wo die Frauenleiche lag. Während sie sich der Toten näherten, sah sich Marc um. Von seinem Team war noch niemand zu sehen.
„Wer hat die Leiche gefunden?“, fragte er den Kollegen.
„Ein Jogger“, antwortete der Polizist. „Das war Zufall. Im Licht der Dämmerung ist ihm der gelbe Sack auf der Böschung aufgefallen. Er wollte ihn entsorgen. Als er näher kam, hat er die Leiche entdeckt. Der Notruf ist um 5.32 Uhr eingegangen.“
Marc blieb in gebührendem Abstand zum Fundort stehen, um keine Spuren zu zertrampeln.
„Wo ist der Mann jetzt?“
„Da unten, in einem Streifenwagen. Ein Kollege kümmert sich um ihn und nimmt seine Aussage zu Protokoll.“
Marc bedankte sich bei dem uniformierten Kollegen und bat ihn, sich ebenfalls um den Mann zu kümmern. Marc wollte sich einen Überblick verschaffen, und dazu musste er allein sein. Er stand auf dem Pannenstreifen der Autobahn, direkt vor einer Leitschiene. Dahinter fiel, etwa fünf bis sechs Meter lang, eine begrünte Böschung steil ab. Am Fuß der Böschung verlief – parallel zur Autobahn – ein befestigter Feldweg. Jenseits des Weges erstreckten sich flache Felder. Der Jogger musste auf diesem Weg, aber in Gegenrichtung zu den Fahrbahnen, gelaufen sein. Marc bemerkte eine kleine Lücke zwischen den Büschen, durch die der Jogger den Sack gesehen haben musste. Marc besah sich nun die Leiche. Das Opfer war dunkelhäutig. Sie lag mit verdrehten Gliedmaßen zwischen den Büschen. Über den Kopf war ein gelber Sack
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