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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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gestülpt. Die Arme waren hinter dem Rücken mit einem silbernen Band gefesselt. Sie war nackt. Ihre Haut glänzte ölig, und einige Abfälle waren über die Leiche gekippt worden. Da Marc den Schambereich aufgrund ihrer Lage nicht einsehen konnte, konnte er auch nicht erkennen, ob Entenfedern vorhanden waren. Offensichtlich war dem gesuchten Serientäter eine junge, große, schlanke Frau zum Opfer gefallen. Das oberflächlich erkennbare Tatmuster wies jedenfalls darauf hin.
    Marc starrte auf die Tote und schüttelte den Kopf. Wie sinnlos, dachte er, wie unendlich grausam können Menschen sein? Da wird ein junger Mensch brutal aus dem Leben gerissen. Und weshalb? Weil ein Mann austickt. Ein Mann, dessen Lebensumstände und Erfahrungswelten ihn eine Schwelle überschreiten lassen, wo menschliche Tabus keine Gültigkeit haben. Unwillkürlich dachte er daran, dass das Opfer, das so verdreht zwischen den Büschen lag, auch seine Tochter oder seine Frau sein könnte. Bei dem Gedanken wurde ihm schlecht. Eine heiße Welle jagte durch seinen Körper. Gefühle der Verzweiflung, der inneren Panik krampften seinen Magen zusammen. Für einige Augenblicke sah er wechselweise Frau und Tochter in den Büschen liegen. Dann schaltete sich sein Verdrängungsautomatismus ein. Sein Verstand wischte sowohl die Bilder in seinem Kopf als auch die Gefühle weg. Marc schüttelte sich, als wolle er die Gedanken körperlich von sich schleudern. In Sekundenbruchteilen verwandelte er sich wieder in den professionellen Ermittler, der Serienmorde aufzuklären hatte. Er streifte sich Einmalhandschuhe über, zog Schutzhüllen über seine Schuhe und begann mit der Spurensuche. Vorsichtig näherte er sich der Stelle oberhalb des Fundortes des Opfers. Er ging in die Hocke und suchte nach eventuellen Reifenspuren. Und er hatte Glück. Auf einer kleinen Sandablagerung auf dem Asphalt des Pannenstreifens entdeckte er den Abdruck eines Reifenprofils. Der Sand war nicht festgedrückt, und wenn nicht absolute Windstille geherrscht hätte, wäre diese Spur wohl nicht zu finden gewesen. Schnell fotografierte er die Stelle mit seinem Handy. Da er kein Maßband zur Hand hatte, legte er ein Päckchen Zigaretten neben den Abdruck und schoss auch davon einige Bilder. Marc richtete sich auf und untersuchte die Leitplanken, konnte aber keine weiteren Spuren entdecken. Er trat ein paar Schritte zurück, mitten auf die Autobahn, und betrachtete das Szenario. Die A3 machte vor dieser Stelle eine leichte Rechtskurve. Wegen der Böschungsbegrünung war die Sichtweite eingeschränkt. Marc versetzte sich in den Täter. Bei Dunkelheit konnte er hier rechtzeitig die Lichter herannahender Fahrzeuge erkennen, ohne selbst gesehen zu werden. Trotzdem wäre es riskant gewesen, eine Leiche aus dem Kofferraum zu hieven und bis zur Leitschiene zu schleppen. Es ist ein Transporter, dachte Marc. Nur das ergibt Sinn. Der Lenker fährt dicht an die Leitplanken heran, steigt aus und betritt den Laderaum durch die Hintertür. Er öffnet die Seitentür, schaut, ob ein Fahrzeug kommt, und wirft die Leiche über die Leitschiene. Dann kippt er seine Abfälle drüber und verschwindet. Eventuelle Autos, die vorbeifahren, sehen bloß einen Kastenwagen auf einem Pannenstreifen stehen. Da denkt sich kein Mensch etwas dabei. Genial, dachte Marc. Dieser Typ ist hervorragend organisiert.
    Marc wandte den Kopf gegen die Fahrtrichtung, als er die Folgetonhörner hörte. Kurz darauf rasten die ersten Einsatzfahrzeuge heran. Die Kavallerie erscheint, dachte Marc. Binnen Minuten wimmelte es nur so vor Spezialisten. Die Teams vom Erkennungsdienst und von der Gerichtsmedizin kamen gleichzeitig und nahmen sofort ihre Arbeit auf. Marc zog sich ein paar Meter zurück und ließ die Experten ihre Arbeit machen. Kaum hatte er sich eine Zigarette angezündet, tauchten seine Teammitglieder auf. Marc instruierte seine Kollegen über die bisherigen Erkenntnisse.
    „Der Täter ist nach demselben Muster vorgegangen wie bei Maricela Rodriguez“, beendete er seinen Bericht. „Vielleicht hat er auch ihre Kleidung aus dem Fenster geworfen. Martin, du fährst mit Nicole langsam bis zur nächsten Abfahrt und dann in Richtung Wien zurück. Haltet Ausschau nach einem Plastiksackerl in der Botanik. Vielleicht haben wir Glück. Ansonsten werden wir eine groß angelegte Suchaktion starten.“
    Martin und Nicole liefen zu ihrem Auto und fuhren los. Marc ging mit Sandra Kessler zum Fundort. Inzwischen war eine Absperrung

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