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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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Emma Szinovek informierte Josef Huttinger, Direktor Seewald und die höchsten Beamten im Innenministerium vom Stand der Ermittlungen. Fritz Stainer und Johannes Schmied bearbeiteten ihre Tastaturen, um alle verfügbaren Datenbanken nach brauchbaren Informationen zu durchforsten. Marc saß an seinem Schreibtisch und beobachtete das geschäftige Treiben. Welche Ironie, dachte er. Ein irrer Typ wird zum Serienmörder und beschäftigt damit eine Hundertschaft hoch bezahlter Spezialisten, die rund um die Uhr daran arbeiten, ihn zu finden. Ein einziger Mann mit einem Störfall im Gehirn hält eine ganze Nation in Atem. Er weckt Urängste in der Öffentlichkeit. Sensationsgeile Medienleute und politische Fundamentalisten schüren diese Ängste, um entweder Starreporter zu werden oder politisches Kleingeld zu verdienen. Marc wusste, was auf ihn zukam. Ein dritter Mord bedeutete, dass ein Serienmörder in der Stadt sein Unwesen trieb. Und das war eine Sensation. Hatte es bisher in Österreich doch bestenfalls eine Handvoll solcher Mörder gegeben. Und wenn dazu noch interne Intrigen liefen, wie Josef Huttinger angedeutet hatte, würde ihm spätestens morgen ein rauer Wind ins Gesicht blasen. Schwierigkeiten, Probleme und keine Spur vom Täter. Warum tue ich mir das an, fragte sich Marc. Aber er kannte die Antwort. Das war der Job, den er liebte. Je schwieriger der Fall, desto intensiver versuchte er, ihn zu lösen. Je länger er rätselte, umso mehr verbiss er sich. Marc empfand seinen Zustand als eine Art Selbstgeißelung. Aber er fühlte sich lebendig. Und er hatte das Gefühl, dass sein Team ebenfalls hoch motiviert war. Er war sicher, die richtigen Spezialisten ausgewählt zu haben. Und das erfüllte ihn mit Stolz.
    Der Anruf von Martin Schilling riss ihn aus seinen Gedanken. „Hallo Marc, wir wissen, wo und wann die Tote verschwunden ist“, eröffnete Martin das Gespräch, und Marc konnte eine gewisse Erregung in seiner Stimme wahrnehmen. „Wir haben beinahe eine Augenzeugin.“
    „Moment, Moment“, sagte er. „Eine beinahe Augenzeugin gibt es nicht. Erzähl die Geschichte von Beginn an.“
    „Fay, so wurde die Tote genannt, wohnte mit einer Kollegin in einer gemeinsamen Wohnung. Die Streifenbeamten holten sie aus den Federn. Die Wohnung ist übrigens kein Tatort. Als Paul und ich eintrafen, war das Mädel geschockt von der Nachricht, dass Fay ermordet wurde. Sie arbeitet ebenfalls als Prostituierte. Jenny, so heißt das Mädchen, ist eine 23-jährige Mulattin mit holländischem Pass. Sie war die beste Freundin von Fay. Und sie arbeiteten zusammen. Am Sonntag standen sie gemeinsam am Straßenstrich im Prater. Jenny hatte den ersten Freier um 22.15 Uhr. Als sie zehn Minuten später zu ihrem Standplatz zurückkam, war Fay weg. Erst vermutete sie, dass sie ebenfalls einen Freier bediente. Als Fay nach einer Stunde nicht zurück war, rief Jenny sie an, aber Fay reagierte nicht. Jenny meinte, das sei nicht außergewöhnlich, denn Fay sei manchmal etwas durchgeknallt. Wenn ihr danach war, brach sie den Job oft unvermittelt ab und ging die ganze Nacht auf Sauftour. Und dann schaltete sie immer ihr Handy ab. Laut Jenny brachte sie damit ihren Zuhälter, den Gulasch Willi, so zur Weißglut, dass er sie jedes Mal grün und blau schlug. Aber das war Fay egal. Wenn sie loszog, schaltete sich ihr Hirn aus. Richtige Sorgen machte sich Jenny erst gestern Nachmittag. Gulasch Willi hatte Fay nicht gefunden, obwohl er alle ihre Stammlokale abgeklappert hatte.“
    „Waren schon viele Mädchen am Strich?“, fragte Marc.
    „Jenny sagte, dass nicht viel Betrieb war, denn Sonntag sei der schwächste Tag. Aber sie nannte die Namen aller Damen, an die sie sich erinnern konnte.“
    „Wo war denn ihr genauer Standplatz?“
    „In der Südportalstraße, etwa 100 Meter vom Wurstelprater entfernt.“
    „Sind ihr verdächtige Fahrzeuge aufgefallen?“
    „Nein, die Parkplätze waren nicht alle besetzt. Die meisten Fahrzeuge waren Personenkraftwagen, aber es parkten auch einige Lieferwagen. Nichts Außergewöhnliches, wegen des gegenüberliegenden Messegeländes. Auf Farbe oder Aufschriften habe sie nicht geachtet.“
    „Setz dich mit der zuständigen Polizeiinspektion in Verbindung. Gib ihnen die Liste der Mädchen. Die Beamten sollen sie nach Fay und nach verdächtigen Fahrzeugen befragen. Du und Paul, ihr treibt diesen Zuhälter auf. Ich will alles über diese Fay wissen.“ Marc beendete das Gespräch.
    Verdammt noch einmal, dachte er.

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