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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Erleichterung.
Wenn du zwischen den Bäumen herumlungerst   … wirst du am Ende noch eingesperrt.
Ich wartete, bis der Wagen am Ende der Straße um eine Ecke gebogen war, dann trat ich hinter dem Baum vor und ging los. Die Straße entlang, links in die andere, dicht bebaute, über den Bürgersteig auf der Parkseite, wo ich mich nahe am Zaun hielt. Das weiße Haus stand auf der anderen Seite der Straße. Als ich näher kam, hielt ich den Blick zu Boden gerichtet, weil ich nicht wagte zu gucken. Ich wollte gucken   … Gott, und wie ich gucken wollte. Aber wenn jetzt gerade Iggy herauskäme   …
    Ich zwang mich, mir das nicht vorzustellen.
    Ein paar Sekunden später kam ich zu einem schmiedeeisernen Tor im Zaun. Das Tor stand offen und führte in den kleinen Park. Ehe ich wusste, was ich tat, trat ich hindurch und folgte dem kleinen Weg nach rechts, blieb an einer Holzbank stehen und schaute mich kurz um, dann verließ ich den Weg und zwängte mich in ein schulterhohes Dickicht aus Büschen und Sträuchern, das den |197| Park begrenzte.
    Ich konnte die Erde riechen – feucht und dunkel.
    Abfall.
    Blätter.
    Pflanzensaft.
    Dornen.
    Dann befand ich mich wieder vor dem Zaun. Schaute durch die Eisenstäbe auf die dicht bebaute Straße, das weiße Haus   … die Fenster, die Stufen, die Haustür. Es gab kein Zeichen einer Bewegung. Ich trat zurück in den Schatten und bezog Posten hinter einem Busch, dann ließ ich mich nieder, um zu warten.
     
    Eine Weile passierte nicht viel. Frühabendgeräusche belebten die Straße   – Autos fuhren vorbei, Menschen gingen vorüber, doch niemand blieb stehen. Sie gingen alle irgendwo anders hin. Nach Hause wahrscheinlich   … oder aus für den Abend   … einfach ein bisschen bummeln   … sich amüsieren. Niemand betrat das weiße Haus und niemand kam heraus. Die Vorhänge blieben zu.
    Vor den Fenstern, merkte ich, waren Eisenstäbe. Das beschäftigte mich eine Weile –
warum hat ein Haus Eisenstäbe vor den Fenstern?
–, aber dann registrierte ich, dass alle andern Häuser auch vergitterte Fenster hatten, also schien es letztlich nichts zu bedeuten: Die Häuser hier in der Gegend hatten eben vergitterte Fenster, das war alles. Es bedeutete
nichts
. Aber als ich so da hockte, versteckt im Gebüsch, und das Haus beobachtete, fühlte ich mich merkwürdig angezogen von diesen schwarz vergitterten Fenstern. Ich konnte nicht aufhören hinzustarren. Sie zu studieren, mich auf die Gleichmäßigkeit der Stäbe zu konzentrieren, die schwarzen Linien, die Breite der Zwischenräume, das |198| Hintergrundweiß der Vorhänge   … und nach einer Weile fingen die Linien an, sich von selbst zu einem perfekten Raster zu formen, schwarz auf weiß, schwarz auf weiß, schwarz auf weiß   … und mir kamen allmählich echt unheimliche Gedanken. Ich stellte mir vor, wie sich das Chaos der letzten Tage von selbst zu klar definierten Elementen ordnete, eingebettet in sauber gezeichnete Rechtecke. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs   … sechs perfekte Rechtecke. Und in den Rechtecken steckten Symbole   … Elemente   … namenlose Formen von Dingen, die ich nicht verstand – Schatten, Schattierungen, Abstraktionen, Formen – flackernde Farben auf reinweißem Grund.
    Nichts von alldem bedeutete etwas.
    Es war einfach da.
    Dann öffnete sich die Haustür, Iggy kam heraus und plötzlich waren die Stäbe wieder nur Stäbe. Die Vorhänge waren einfach Vorhänge. Und Iggy verließ das Haus und ging fort die Straße hinunter.
     
    Ich ließ gut fünf Minuten verstreichen, ehe ich mich rührte. Ich wollte sicher sein, dass Iggy nicht zurückkam. Außerdem wollte ich auch mir Zeit geben, den ganzen Mist aus meinem Kopf zu räumen. Das seltsame Zeug – die Stäbe, die Symbole, die Elemente   … was immer das alles bedeutete. Ich brauchte es nicht. Und, um die Wahrheit zu sagen, es machte mir ein bisschen Angst. Also blieb ich einfach, wo ich war, atmete die kalte Abendluft ein, sog den hölzernen Duft der Büsche auf, leerte mein Gehirn   … bis ich halbwegs sicher war, wieder zurück auf dem Planeten Erde zu sein.
    Dann stand ich auf   …
    |199| Und hockte mich gleich wieder hin.
    Wie sollte ich ins Haus kommen?
    Ich konnte doch nicht einfach klingeln, oder? Ich wusste ja nicht, wer drin war. Ich
hoffte
, dass Candy drin war, aber sicher konnte ich mir nicht sein. Ein paar von Iggys Truppe konnten drin sein. Es konnte
sein
Haus sein. Es konnte leer sein   …
    Gott.
    Ich wünschte

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