Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
Jenseits folgten, die Liga in guten Händen sein würde.
Fiorella sah auf ihre Füße und brach in schallendes Gelächter aus.
»Seht euch das an!«, rief sie gackernd. »Ein blauer Schuh und ein brauner! Das macht den Tag gleich viel interessanter.«
Sie hatte eindeutig eine Begabung dafür, die Dinge immer von der heiteren Seite zu sehen.
44
Lily hatte mit einer schlaflosen Nacht gerechnet nach der Achterbahnfahrt von Ereignissen und den Höhen und Tiefen von Gefühlen, die ihr im Kopf herumschwirrten, während sie die Treppe zu ihrem Zimmer ein letztes Mal hochstieg.
Aber kaum hatte sie sich hingelegt, fiel sie in einen tiefen, friedlichen Schlaf. Doch sie wurde so früh wach, dass der freundliche Sonnenstrahl, der sie sonst gerne morgens am Kinn kitzelte, noch auf seinem Weg an der Wand herunter war, bevor er sie erreichen konnte.
In dem zarten goldenen Licht, das die hübsche Decke sprenkelte und sich glitzernd in dem Kronleuchter über Lily spiegelte, kam sie sich vor wie in einer Schneekugel.
Sie lag da und streckte sich in der schläfrigen Wärme, während sie versuchte, nicht an Daniel zu denken, der sie gestern in der Gasse angebrüllt hatte, nicht an Alessandro, der ihr ins Ohr geflüstert hatte, während seine Finger zärtlich über ihren Oberschenkel gewandert waren, nicht an Francesca, die über ihren herzförmigen Keksen so gestrahlt hatte.
Lilys Welt war in ihren Grundfesten erschüttert worden, da brauchte sie sich nichts vorzumachen. Aber wenn sich das allgemeine Glitzern hier gelegt hatte, würde sie bereits zu Hause sein in ihrem alten Leben in New York. Sie konnte das, was in der Toskana geschehen war, aus allem anderen heraushalten und sich davon erschüttern lassen oder nicht – ganz wie sie es für angebracht hielt.
Sie war nicht traurig. Tatsächlich spürte sie ein leichtes Kribbeln der Vorfreude im Bauch, als sie aufstand und damit begann, ihre Kleider zusammenzulegen und im Koffer zu verstauen, während sie tunlichst vermied, aus dem Fenster zu schauen oder an dem Jasmin zu schnuppern, der an einem verwitterten Spalier neben dem Fenster emporwuchs, oder die übliche Pracht der grünen und zauberhaften Landschaft zu bewundern.
Diese Dinge gehörten in die glitzernde Schneekugel und konnten dort auch bleiben.
Mit ihrem gepackten Koffer ging Lily leise die schmale Treppe hinunter und betrat die Küche. Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, sich einfach so davonstehlen zu können, aber sie war nicht darauf vorbereitet, dass die Schwestern sie eindeutig erwarteten. Violetta stand, und Luciana saß am Tisch, auf dem sie sämtliche Zutaten ausgebreitet hatten für einen gewaltigen Amorucci -Marathon.
Die Behälter mit Mehl und Zucker standen griffbereit. Daneben stapelten sich Dutzende von Eiern, die offensichtlich frisch gelegt waren, weil sie noch ihre Strohfrisuren trugen. Irgendwoher waren zusätzliche Backbleche hervorgezaubert worden, und diverse Schüsseln mit weiteren Zutaten reihten sich am Tischende wie Schatztruhen – bis obenhin gefüllt mit Zitronen, Walnüssen, Pinienkernen, Orangen, Zimtstangen, Vanilleschoten, Kirschen, getrockneten Früchten und Bitterschokolade.
Lilys pastellfarbene Schüsselkollektion hatte sich ein halbes Dutzend Mal vervielfacht, genau wie die Kochlöffel und die Ausstechformen. Dies war ein Fließband, startbereit, und Lily konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum die Schwestern sich die ganze Mühe gemacht hatten, ganz zu schweigen von den Kosten, wenn sie doch wussten, dass sie abreiste.
Anscheinend unterschätzten sie ihre Entschlossenheit. Obwohl, während Lily die beiden musterte – regungslos in ihren schwarzen, einfallslosen Kleidern –, fiel ihr auf, dass sie eine Grimmigkeit ausstrahlten, die sie vorher nicht bemerkt hatte. Falls die Ferretti-Schwestern jemals niedlich gewirkt hatten, dann war dieser Eindruck nun endgültig verschwunden. Sie erinnerten ein bisschen an zwei bucklige alte Ratten. Sie verbreiteten nichts Schwaches oder Putziges. Sie meinten es ernst. Tatsächlich würden sie nicht weiter auffallen, wenn sie auf einem Gewürzbasar in Sansibar – garantiert erfolgreich – um den niedrigsten Preis feilschten.
Aber Lily hatte schon stärkeren Feinden als diesen beiden ins Auge geblickt. Sie ließ sich nicht einschüchtern. Sie stellte ihren Koffer ab und wappnete sich für den bevorstehenden Kampf.
»Guten Morgen, meine Damen«, sagte sie. »Sie haben sich offensichtlich viel Mühe gegeben, aber ich
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