Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
dachte, ich hätte Ihnen klargemacht, dass ich nicht bleibe. Darum kann ich Ihnen nicht helfen.«
Die Schwestern schwiegen.
»Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, und es tut mir leid, dass ich Ihnen keine Hilfe sein kann bei Ihrer Amorucci -Produktion. Aber bitte, nehmen Sie das hier als Zuschuss für Ihre Miete. An Sie selbst.« Sie griff in ihre Handtasche und nahm ihren letzten Hunderteuroschein heraus.
Die Schwestern blieben weiter stumm, also steckte Lily den Schein in eine Schüssel mit Orangen und Zitronen, wobei sie das Obst aus dem Gleichgewicht brachte, sodass ein paar Früchte über den Tisch kullerten und hinunter auf den Boden.
Die Schwestern bewegten keinen einzigen Muskel.
»Oh, verflixt und zugenäht!«, stöhnte Lily und verfolgte die rollenden Zitrusfrüchte durch die Küche, um anschließend erfolglos zu versuchen, sie wieder in der Schüssel unterzubringen, bis sie die letzten zwei Zitronen entnervt in ihre Handtasche steckte, um endlich fertig zu werden.
»Gut«, sagte sie. »Es war ein faszinierendes Erlebnis, und ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundlichkeit und dafür, dass ich Ihre Küche benutzen durfte«, sagte sie. »Aber Sie haben ja heute offensichtlich viel Arbeit vor sich, darum mache ich mich jetzt auf den Weg wie geplant. Was Francesca betrifft, nun, falls Sie sie sehen, sagen Sie ihr bitte …« Lilys Kehle schnürte sich zu, und es fiel ihr schwer weiterzusprechen. Eine solche Zurschaustellung von Gefühlen war ihr im Sitzungssaal von Heigelmann nie passiert. Das wäre Selbstmord gewesen.
»Ja, jedenfalls wäre ich sehr dankbar, wenn Sie ihr vielleicht einfach Auf Wiedersehen von mir sagen.«
Nichts. Das Starren wurde zwar eine Spur intensiver, aber Lily würde jetzt nicht einknicken.
»Also dann, vielen Dank noch mal und viel Glück.«
Die Schwestern zeigten nach wie vor keine Reaktion, also drehte Lily sich um und zog ihren Koffer über den unebenen Steinboden zur Tür. Sie verfluchte sich selbst, weil sie das elende Ding nicht repariert oder ersetzt hatte, denn das eiernde Rad eierte noch schlimmer als zuletzt.
Es verfing sich in dem schmalen Durchgang zum Laden, dann an der Ecke der Theke, als sie diese umkurvte, und schließlich stieß Lily damit den kleinen Stuhl im Schaufenster um.
Nachdem sie ihr Gepäck aus der Einrichtung befreit hatte, stellte sie als Nächstes fest, dass die Ladentür sich nicht öffnen ließ. Sie klemmte, und Lily renkte sich fast den Arm aus, um sie aufzureißen, was dann so plötzlich passierte, dass die Kette riss, an der die Glocke hing, und das Ding auf den Boden krachte, wobei es nur knapp Lilys Kopf verfehlte.
Sie überlegte, ob sie zu den Schwestern zurückgehen sollte, um ihnen Bescheid zu sagen, beschloss dann aber, dass ihre hundert Euro Trinkgeld den Schaden abdecken mussten.
Sie sammelte die Einzelteile der Ladenglocke auf und legte sie auf den Tisch im Schaufenster.
Der Corso war still und leer, mit Ausnahme von Lily und ihrem eiernden Koffer auf dem Kopfsteinpflaster. Sie hielt den Blick gesenkt, um die bunten Blumenkästen und die liebevoll dekorierten Geschäftsauslagen nicht zu sehen, und auch nicht die grünen Streifen des Tals, die sich in den Lücken zwischen den Häusern auftaten.
Unten auf dem verwaisten Parkplatz stieg Lily in ihren Fiat 500 und schaltete Dermott ein. Aber ihr Plan, so schnell wie möglich nach Rom zum Flughafen zu kommen, wurde gleich darauf zunichtegemacht, weil zwei Ausfahrten in dem schwierigen Kreisverkehr unweit des Parkplatzes gesperrt waren.
»Biegen Sie links ab«, forderte Dermott sie auf, und als sie nicht gehorchte, auch wenn es nicht ihre eigene Schuld war, befahl er ihr wieder, links abzubiegen, zu einem Zeitpunkt, an dem sie schon zwei Runden durch den Kreisverkehr gemacht hatte und nicht wusste, welche Ausfahrt er mit »links« meinte.
»Ich kann hier nirgendwo links abbiegen«, wandte sie sinnloserweise ein. »Ich kann zurück auf den Parkplatz fahren, rauf in die Stadt, falls ich den richtigen Aufkleber dafür habe, auf die Hauptstraße nach Siena oder auf diese staubige kleine Straße.«
Lily nahm schließlich die staubige kleine Straße, die sich an der Rückseite von Montevedova zwischen gewaltigen Pinienbäumen entlangschlängelte, wo es sich nicht vermeiden ließ, in den Lücken einen letzten Ausblick auf das herrliche Val d’Orcia zu genießen.
Lag es an den Farben? An der Hektar um Hektar grünen Hügellandschaft? An den Bündeln mit dicken Trauben, die träge
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