Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
alles dafür geben, dass er mit einer anderen Frau durchbrennt, bloß dass ich ihn nicht suchen würde. Ich würde sofort wegziehen. Sollte er dann jemals seinen jämmerlichen Arsch nach Hause zurückschaffen, wird er mich nicht finden.«
Lily schniefte. »Das ist ein Scherz, hoffe ich.«
»Süße, manchmal bleibt einem nichts anderes übrig, als die Dinge mit Humor zu nehmen. Mach dir keine Sorgen um uns, wir kommen schon wieder klar, sobald die Kinder erwachsen sind und Stipendien erhalten für gute Universitäten und ausziehen und nie mehr zurückkommen. Du bist diejenige, um die man sich Sorgen machen muss.«
»Ich brauche dich, Rose«, sagte Lily. »Ich brauche dich wirklich. Ohne Daniel gibt es keine Menschenseele, die sich für mich interessiert.«
»Doch, Lily, ich. Und eine Menschenseele reicht schon. Mehr brauchen wir alle nicht – nur einen Menschen, der über glühende Kohlen gehen würde für uns.«
»Ich dachte, das wäre Daniel!«
»Ich weiß, Süße. Ich weiß, dass du das dachtest. Und das war auch so, aber jetzt ist er es nicht mehr. Jetzt bin ich es.«
»Aber du bist dort, und ich bin hier!«
»Das spielt keine Rolle. Es ist ja nicht so, als müsste ich dir die Schuhe zubinden. Ich muss dir nur die Daumen drücken, egal wo du bist. Das hast du selbst zu mir gesagt, als wir noch Kinder waren und du in die höhere Schule gewechselt bist. Weißt du noch? Ich kann dir auch von hier aus helfen, Lily. Ich kann dir von überall aus helfen. Sag mir einfach, was hast du jetzt vor?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Lily kläglich. »Zuerst dachte ich, wenn ich ihn finde, überrede ich ihn, nach Hause zu kommen. Dann dachte ich, ich fliege ohne ihn nach Hause und reiche entweder die Scheidung ein oder tue so, als wäre nichts passiert. Aber inzwischen habe ich seine Tochter kennengelernt, Rose, und jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich tun soll. Ihr Name ist Francesca, sie ist fast sieben, und sie sieht ihm so ähnlich, du würdest es nicht glauben. Und sie ist toll, wirklich großartig, aber die Mutter – das Flittchen, das nicht wirklich eins ist – ist ein seelisches Wrack, und Daniel bleibt verschollen, darum … Oh, es ist alles total verkorkst.«
»Junge, Junge«, flüsterte Rose. »Ich könnte ihn in den Arsch treten mit seinen Polohemden!«
»Magst du keine Polohemden?«
»Jetzt nicht mehr!«, stieß Rose hervor. »Ich mag überhaupt nichts mehr an ihm. Du musst ihn doch bestimmt hassen. Du musst doch den Wunsch haben, ihm das Genick zu brechen oder mit einer Spitzhacke auf ihn loszugehen.«
»Ich kann ihn nicht einmal finden«, entgegnete Lily. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn suche. Und ich kenne das mit der Spitzhacke, und vielleicht wünsche ich mir eine, wenn ich ihn sehe. Aber bevor ich ihn hassen kann, muss ich erst wissen, warum er mir das angetan hat, warum er alles ruiniert hat und immer noch ruiniert. Falls das seltsam wirkt oder nicht böse genug oder was auch immer – es ist einfach so. Wenn du Francesca gesehen hättest, könntest auch du ihren Vater nicht mehr umbringen. Sie ist noch so jung und … keine Ahnung. Das könnte ihr großen Schaden zufügen. Denk daran, wie sehr es uns geschadet hat, dass unser sogenannter Vater so gut wie nie präsent war.«
»Lily, nicht die Tatsache, dass wir keinen Vater hatten, hat uns geschadet. Sondern unsere Mutter.«
»Aber Francescas Mutter ist auch ein Wrack! Und wenn Daniel diese Kinder im Stich lässt …«
»Hör zu, Lily, du darfst nichts überstürzen. Mag sein, dass wir keine Kindheit hatten wie Märchenprinzessinnen, doch trotzdem sind wir ganz gut geraten.«
»Ja, heute kannst du das sagen, aber du weißt doch noch, wie schrecklich das damals war. Es ist nur, weil Francesca so … Ich kann es nicht erklären, Rose. Sie ist genau in dem Alter, in dem sie alles sein kann, was sie möchte, aber in dem sie genauso gut zerdrückt werden kann.«
»Das trifft auf alle Kinder in der Welt zu, Lily. Sie sind alle zarte kleine Eier, deren Schale leicht zerbrechen kann.«
»Oder auch nicht, Rose. Oder auch nicht. Ich schätze, Francesca erinnert mich an mich selbst, an dich und mich. Übrigens ist sie auch der Grund, warum ich anrufe. Sie will, dass ich ihr zeige, wie man Haferkekse backt.« Ein harter Klumpen aus irgendetwas Unbeschreiblichem stieg irgendwo unterhalb von Lilys Herz hoch, quetschte es so klein wie möglich zusammen und schob sich daran vorbei in ihre Kehle. »Wir haben früher welche mit Mom
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