Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
Mutter, die gar nicht richtig da ist.«
»Ja, aber …«
»Nichts aber. Die sollte mal einen Monat oder ein halbes Jahr in die Klapsmühle gehen und …«
»Das heißt jetzt nicht mehr Klapsmühle«, unterbrach die Witwe Mazzetti. »Das ist politisch nicht korrekt.«
»Da wo ich herkomme, kennen wir kein ›politisch nicht korrekt‹«, entgegnete Fiorella.
»Und wo ist das?«
»In Italien! Was ist mit dir, schläfst du?«
»Aber, aber, meine Damen!« Violetta hatte etwas von ihrer alten Chuzpe wieder und rief die Gruppe streng zur Ordnung. »Lasst Fiorella ausreden.«
»Mein Vorschlag lautet nur, dass Blondie hier in Montevedova bleibt und dem Ehebrecher hilft, diesen Kindern ein Vater zu sein. Es sind anständige Leute, die beiden, das kann man ruhig sagen, trotz der Fehler, die sie gemacht haben. Und wer von uns hat noch nie einen Fehler gemacht? Ach ja, das jüngere Kind ist übrigens nicht von ihm. Erinnert sich noch jemand an den skandinavischen Adonis, der vor ein paar Jahren hier durchkam? Chlamydien, die können einige Geschichten erzählen. Egal, wie wäre das als Plan: Eugenia kann in eine politisch korrekte Einrichtung gehen auf Empfehlung von jemanden, der das besser beurteilen kann, und mit ein bisschen Psychotherapie wieder gesund werden. Dann kann sie zurückkommen und die wahre Liebe finden mit einem anderen, weil sie Lilys Mann nicht liebt und weil er sie nicht liebt. Und wenn alle richtig rechnen und auf dasselbe Ergebnis kommen, sollte am Ende jeder in den richtigen Armen landen. Außerdem werden die Kinder in der Zwischenzeit betreut. Spielt es also wirklich eine Rolle, wer es tut, solange es einer tut?«
Die Witwen sahen sich an. Die meisten waren ein wenig verwirrt, nicht jedoch Violetta – sie starrte Fiorella an, als wäre diese ein riesiges gelato mit ihrer längst vergessenen Lieblingssorte.
»Das ist ziemlich viel verlangt von der armen Lily, nicht?«, sagte jemand.
»Jeder Dussel kann sehen, dass sie das Kind gern hat. Und kümmert es uns, wenn sie hier festsitzt und herzförmige Cantucci backen muss, bis Eugenia wieder ihre fünf Sinne beisammen hat? Nein, tut es nicht.«
»Sie hat herzförmige Cantucci gebacken?«, fragte Violetta.
Fiorella fegte ein paar Krümel von ihrem Kleid. »Wir haben sie umgetauft in Amorucci«, antwortete sie. »Damit könnte man den Borsolinis ganz schön Feuer unter dem Hintern machen, sage ich dir.«
»Trotzdem ist es viel verlangt von der armen Lily«, sagte die Witwe Del Grasso.
»Nun, keiner hat behauptet, dass es einfach werden wird«, entgegnete Fiorella. »Die Liebe ist schließlich ein unübersichtliches Geschäft. Das müsstet ihr doch mittlerweile gemerkt haben.«
»Sie kreuzt einfach hier auf und versucht uns zu sagen, was wir tun sollen«, bemerkte die Witwe Mazzetti in den Raum. »Es gibt Regeln für diese Art von …«
»Oh, bitte!« Fiorella warf theatralisch die Hände hoch. »Komm mir nicht mit Regeln. Was haben Regeln mit Liebe zu tun? Nein, es ist nicht fair, und ja, es ist kompliziert, aber seht mich an: Ich wurde mit einem Trick dazu gebracht, einen Volltrottel zu heiraten, und ich musste mitansehen, wie der Mann, den ich liebte, an einem gebrochenen Herzen starb, und trotzdem bin ich ganz gut geraten.«
»Das ist Ansichtssache«, murmelte die Witwe Mazzetti leise, aber nicht leise genug.
»Nun, dann lass mich dir Folgendes sagen, Signorina Regel Nummer sechs, Paragraf B, Nachtrag zwei Punkt fünf«, sagte Fiorella und drehte sich zu ihr. »Ich würde auf der Stelle ins Krankenhaus gehen und mir sämtliche Gliedmaßen amputieren lassen und auch meine Augen und meine Ohren und meine Nase, wenn ich dadurch nur einen Tag mit Eduardo zurückbekommen würde. Es wäre mir egal, wie schwer mein restliches Leben dann sein würde. Und selbst wenn ich nur eine Minute bekäme, eine einzige Minute, die ich mit ihm verbringen kann, wäre es das wert. Das nennt man Liebe, ihr Dummköpfe. Ihr seid doch angeblich Expertinnen darin. Habt ihr vergessen, wie schwer das ist? Tja, dann seid ihr im falschen Film. Schande über euch. Schande, Schande, Schande.«
Eine kollektive Beschämung erfüllte den Raum und ließ sich nicht so leicht von dem Lufterfrischer unterkriegen.
»Ich würde ins Krankenhaus gehen und mir meine Beine abhacken lassen für einen einzigen Moment mit meinem Antonio«, schniefte die Witwe Del Grasso in die betretene Stille.
»Ich auch«, flüsterte die Witwe Benedicti.
»Und meine Ohren«, schluchzte die Witwe
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