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Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah-Kate Lynch
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der unter einem Kissen hervorlugte.
    Alessandro, der erst seit Kurzem wieder seine Hose anhatte, machte ein verblüfftes Gesicht, als die sichtlich aufgebrachte Signora Benedicti einen Staubwedel wie eine Waffe auf ihn richtete.
    »Ich bin gekommen, um zu machen sauber«, verkündete sie und schob Alessandro zur Seite, bevor sie den Kaschmirüberwurf, der auf den Boden gerutscht war, empört über die Couch zog und sich anschließend daran machte, die Kissen aufzuschütteln, auf denen das Liebespaar gerade noch gelegen hatte.
    »Signora Benedicti, was machen Sie hier?«, fragte Alessandro, bemerkenswert gelassen unter diesen Umständen, auf Italienisch. »Ich dachte, Sie hätten das Haus erst heute Vormittag geputzt.«
    »Ist geputzt«, antwortete sie auf Englisch. »Aber ist immer noch viel Staub. Du siehst?« Sie klatschte den Staubwedel mit so einem mächtigen Bums auf das Sideboard, dass Lily, mittlerweile zumindest angemessen zugeknöpft und bedeckt, vor Schreck zusammenzuckte.
    »Aber ich verstehe nicht. Wir haben uns doch verabschiedet. Ich habe gesehen, wie Sie gefahren sind.«
    »Und Staub, schert der sich um so was?«, entgegnete die Haushälterin. »Wenn du willst, dass deine Freundin bekommt ein Allergie und dicke Nase und nasse Auge, dann ich nicht putze. Aber dafür diese Gesicht bleibt so schön, ich muss machen meine Arbeit und zwar sofort.«
    »Weißt du, ich glaube, ich sollte jetzt gehen«, sagte Alessandros Freundin.
    »Aber nicht doch«, widersprach Alessandro. »Ich würde es sehr bedauern, wenn du jetzt gehst. Bitte, gib mir nur einen Moment. Signora Benedicti, falls ich Sie verärgert habe, tut es mir leid«, sagte Alessandro, der wieder in seine Muttersprache wechselte. »Aber das hier ist nicht Ihre Angelegenheit.«
    »Ich habe keine Angelegenheit«, erwiderte sie, ebenfalls auf Italienisch. »Bloß viel Staub, der beseitigt werden muss, deine Wäsche, die gebügelt werden muss, den Küchenboden, der gewischt werden muss, und etwas in deinem Kühlschrank, das sehr unangenehm riecht und das ich ausfindig machen und entsorgen muss. Ich arbeite sehr hart für dich, Alessandro, viel härter als die Olivengärtnerin, um die du immer so ein Aufheben machst. Aber egal, wie hart ich für dich arbeite, du scheinst nie zufrieden zu sein. Nie!«
    Alessandro war verblüfft. So ein Ausbruch sah ihr überhaupt nicht ähnlich.
    »Signora, fühlen Sie sich nicht wohl?«, fragte er.
    Sie musterte ihn einen oder zwei Sekunden lang – er war wirklich ein freundlicher Mann, wenn auch ein Lustmolch –, bevor sie antwortete, dass sie sich tatsächlich nicht besonders gut fühle und ob er sie bitte in die Küche bringen und ihr ein hübsches großes Glas frische Limonade machen könne mit einem Zweig Minze von den wilden Sträuchern unter den Olivenbäumen, den ungestutzten, ein paar hundert Meter hinter der Scheune.
    »Lily, bitte entschuldige, aber dürfen wir dich ein paar Minuten alleine lassen?«, sagte Alessandro und geleitete die Witwe hinüber in die Küche.
    Lily stand einen Moment lang da und versuchte, ihre Scham abzuschütteln. Die Haushälterin mit ihrem Wassereimer und Staubwedel hatte sie definitiv auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Die verträumt flatternden Gardinen machten nun ein nervendes, schlagendes Geräusch, die offenen Türen hatten ein summendes Fliegentrio eingeladen, und es war zu heiß. Lilys Haut hatte aufgehört zu prickeln. Sie spürte die Vorboten von Kopfschmerzen.
    Sie versuchte, das schwebende, freie Gefühl wieder heraufzubeschwören, aber es war weg.
    Ein Foto auf dem Sideboard, das Signora Benedicti gerade abgestaubt hatte, fiel ihr ins Auge. Ein halbes Dutzend weitere gerahmte Bilder lagen mit dem Gesicht nach unten daneben, bis auf das eine, das vorne stehen gelassen worden war. Lily nahm es in die Hand. Darauf war ein jüngerer Alessandro mit seiner Frau, wie sie vermutete, Elisabeta – eine zierliche Schönheit, die bewundernd zu ihm hochblickte –, aber zwischen die beiden schmiegte sich ein junges Mädchen, das Ebenbild ihrer Mutter, und blickte schüchtern in die Kamera.
    Alessandro hatte eine Tochter?
    Lily hatte ihn nie gefragt, ob er Kinder hatte, sie hasste die Frage selbst wie die Pest, aber dieser Teenager sah ihm so sehr ähnlich, dass es nicht wirklich einen Zweifel gab. War die Tochter auch gestorben? Es war sehr seltsam, dass er sie nie erwähnt hatte.
    Er war schlanker auf dem Bild, und seine Haare waren kürzer, aber was ihr am meisten an ihm

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