Cappuccino fatale
ihr
dann schon sagen.«
Stefano zieht verärgert die Stirn in Falten. »Ich bin für Nina
verantwortlich und für unsere Projekte in erster Linie auch«, informiert er
Marta streng.
Die zuckt nur mit den Achseln und geht.
Ich schaue Stefano an.
»Dann gehe ich jetzt mal besser los«, sage ich schwach. Mir schwant
nichts Gutes.
»Okay«, erwidert Stefano. »Viel Erfolg.«
Wie immer sitzt Luigi konzentriert hinter seinem Laptop,
als ich sein Büro betrete. Er blickt auf und entgegen meiner Erwartung erhebt
er sich sofort, bedeutet mir, an seinem Konferenztisch Platz zu nehmen, und
schließt die Tür.
Jetzt überschlägt sich mein Magen. Hier läuft definitiv etwas
schief.
»Nina«, Luigi setzt sich in der Tischkurve neben mich und legt alle
zehn Fingerspitzen aneinander. »Lass mich gleich zur Sache kommen …« Entgegen
seiner Aussage stutzt er erst mal und holt tief Luft. »Du unterhältst eine
Beziehung zu Paolo Rossi.«
War das eine Frage? Eine Feststellung? Eine Anschuldigung?
Mein Hirn bildet nur ein einziges Wort. Dieses jedoch in
Massenproduktion: Scheißescheißescheißescheiße.
Ich sage daher erst mal gar nichts und halte stumm Luigis Blick
stand.
Der Agenturchef lehnt sich in seinem Sessel zurück und verschränkt
die Arme. »Ich meine«, er denkt kurz nach, »ich habe keine Tomaten auf den
Augen. Als wir uns am Freitagabend zufällig getroffen haben, war mir sofort
klar, was da läuft. Aber ich hab mir halt gedacht, was soll’s, solange die
beiden ihren Job gut machen. So ist das Leben. Wir sind alle nur Menschen.
Bloß«, Luigi beugt sich vor, stützt die Arme auf der Tischplatte ab und
verschränkt geschäftsmäßig die Finger, »Conti senior hat mich gestern Abend
angerufen.«
Here we go . Das Damoklesschwert baumelt
jetzt direkt über mir. Ich reibe meine klammen Hände aneinander und schweige
weiter.
»Conti«, fährt Luigi fort, »hat mich höchstpersönlich aufgefordert,
dich von Napolone abzuziehen.«
Nun ist es heraus. Ich bebe.
»Warum?«, höre ich mich zu meinem Erstaunen fragen.
Auch Luigi scheint überrascht über meine kesse Rückfrage. »Weil … äh …« Er fühlt sich offenbar nicht wohl mit der ganzen Angelegenheit. »Conti hat
nur kommuniziert, er möchte nicht mehr von der Dame betreut werden, die eine
Affäre mit seinem Vertriebsleiter hat. Mehr hat er dazu nicht gesagt und es
steht mir auch nicht zu, da weiter nachzufragen.«
»Okay«, sage ich. »Und nun?«
Luigi zieht die Schultern hoch.
»Dein Vertrag hier bei uns läuft noch zwei Monate, richtig?«
»Drei«, korrigiere ich ihn.
»Aha, drei …« Luigi denkt nach. »Es ist nur so«, fährt er fort,
»AdOne Hamburg hat dich für das Napolone-Projekt nach Mailand entsandt. Ich
habe für drei Monate kein anderes Projekt, auf das ich dich so ad hoc setzen
könnte.«
»Verstehe.« Ich bin gefeuert. Was für ein Albtraum.
»Aus diesem Grund«, redet Luigi weiter, »bin ich gezwungen, dich ab
sofort freizustellen. Besprich die Sache mit deinem Chef in Hamburg und frag
ihn, ob du dort möglichst bald wieder einsteigen kannst. Ansonsten bitte ich
dich, dass du in den nächsten Tagen deinen Job an Stefano übergibst und dann …«
Er zögert.
»… die Biege machst«, führe ich bitter seinen Satz zu Ende.
Luigi muss unwillkürlich grinsen. »So ungefähr, ja.« Er lehnt sich
wieder in seinem Sessel zurück.
Ich stehe auf und wende mich zur Tür.
»Nina?«
Ich drehe mich um. Luigi hat bereits sein Handy entriegelt und
scheint die eingegangenen Mails durchzusehen. Er blickt auf.
»Mir tut es leid, dass es so gekommen ist«, sagt er, »wirklich.«
Damit finde ich den Agenturchef zum ersten Mal in meinem Leben
richtig nett. Schade, dass es dazu erst meines Rausschmisses bedurft hat.
Ohne zurück in mein Büro zu gehen, stürme ich aus der
Agentur. Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und hacke Paolos Nummer in
die Tasten. Alles, was ich jetzt will, ist seine Stimme hören.
Ich biege um die Ecke von Francescas Bar, gehe noch einen Straßenblock
weiter und verschanze mich in einem Bushaltestellenhäuschen.
Mein Handy klingelt.
»Paolo!«, hauche ich atemlos ins Telefon.
»Nina, ich soll entlassen werden«, höre ich ihn aufgeregt sagen.
»Was, du auch?«
»Conti senior hat mich heute Morgen zu sich gerufen und mir ein
Ultimatum gestellt: mein Job oder die Beziehung zu ›der deutschen Werbemaus‹,
wie er dich genannt hat«, fügt Paolo mit einem verbitterten Lachen hinzu.
Im meinem Kopf beginnt
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