Cappuccino fatale
sagen.«
»Okay«, sagt er schließlich gedehnt, »mach’s gut.« Er schielt in
Richtung Bildschirm.
»Eine letzte Sache noch, Luigi.«
Er blickt erneut auf und atmet tief durch.
»Unser zufälliges Treffen in Neapel neulich … Wer hat das
organisiert? Es ging doch sicher um die Vertriebsstrategie, nicht wahr?«
Luigi ist nun sichtlich angefasst. »Meine Reisen bucht Marta«,
informiert er mich ungeduldig. »Eigentlich war das Treffen vertraulich. Aber
jemand musste für mich die Tagesagenda aufbereiten, weil ich keine Zeit dazu
hatte. Daher hat das … Maria gemacht.«
Maria!
»Auch den Restaurantvorschlag? Das Abendessen im Blooms?«
Luigi runzelt gereizt die Stirn. »Ja, Maria hat den gesamten
Tagesablauf koordiniert. Nina, jetzt …« Luigi steht auf.
Mir droht ein Bürorauswurf.
»Okay, okay, ich gehe ja gleich«, beschwichtige ich ihn und drehe
mich in Richtung Tür. »Sicher habe ich einen Fehler gemacht, etwas mit dem
Kunden anzufangen. Aber ich habe den Eindruck, Opfer einer Intrige geworden zu
sein. Marias Intrige. Ich vermute, dass sie aus Neid oder irgendwelchen anderen
Gründen meine E-Mails gelesen und euch in das Lokal geschickt hat, in dem ich
mit Herrn Rossi saß.«
Ich habe jetzt nichts mehr zu verlieren.
Luigi schaut mich böse an, macht den Mund auf und klappt ihn wieder
zu.
»Du kannst jetzt gerne denken, das sei nur mein persönliches
Problem«, fahre ich hastig fort und klemme mir hektisch eine Haarsträhne
hinters Ohr, »aber das ist es nicht. Es ist unser aller Problem. Immerhin ist
eine Sache aufgeflogen, die unseren Kunden, Herrn Conti, sehr verärgert hat. Es
hat Schaden über AdOne gebracht. Und das ist nicht nur meine Schuld. Maria hat
uns allen damit geschadet.«
Für eine Sekunde schauen Luigi und ich uns stumm an. Er sitzt da wie
vom Donner gerührt.
»Und du«, füge ich hinzu, »du warst der Bauer auf dem Schachbrett
für ihre Intrige.«
Ich drehe mich um und stürme aus dem Raum.
Jetzt nur noch den Gang entlang, um die Ecke durch die Zwischentür
zum Treppenhaus und weg.
Aber bis dahin komme ich nicht.
Ich sehe sie schon von Weitem, wie sie dort vorne an der Garderobe
ihre Jacke aufhängt und nun im Begriff ist, ihr Halstuch aufzuknoten.
Warum muss ich diese Frau jetzt noch treffen? Hätte sie nicht
einfach in der Mittagspause verhungern können?
Während ich noch abwäge, ob ich einen Fluchtsprung durch die Bürotür
neben mir machen soll, hat sie mich schon erblickt. Ich verlangsame meinen
Schritt. Sie grinst mich höhnisch mit zusammengekniffenen Lippen an.
»Noch da?«, säuselt sie schlicht und prüft mit einer herablassenden Geste
den Sitz ihrer Frisur im Garderobenspiegel.
Ich stehe nun direkt vor ihr. Unmöglich zu verbergen, wie nervös ich
bin, ich pruste förmlich. »Nein«, gebe ich dennoch frech zurück. Der einzige
Protest, der mir spontan einfällt.
»Besser so«, sagt Maria schlagfertig, »denn was wir hier brauchen,
sind gute, verlässliche Mitarbeiter. Wie ich höre, hast du AdOne reichlich
Ärger eingebrockt.«
Worte wie Peitschenhiebe.
Ich starre sie an und bin für einen Moment fassungslos. Dann sammele
ich mich.
»Warum, Maria?«
»Wie bitte?« Sie schaut mich hochmütig an.
»Warum, will ich wissen. Warum hast du Luigi ins Blooms geschickt?«,
pokere ich. Streng genommen kann das alles immer noch Zufall gewesen sein. Ich
habe keine Beweise.
»Ich weiß nicht, was du meinst«, erwidert Maria kalt.
»Und ich glaube, du weißt es ganz genau«, erwidere ich ruhig.
Dann gehe ich an ihr vorbei und drücke die Tür nach außen auf.
»Alles Gute für dich«, höre ich sie hinter mir hersäuseln. »Auch privat natürlich.«
Zerschmettert bummele ich zum letzten Mal durch Mailand.
Unterwegs halte ich in einem Reisebüro an, um gleich für morgen einen Rückflug
zu buchen. Hier gibt es für mich nichts mehr zu tun. Meine Zeit in Italien ist
um.
Während die Reisebüromitarbeiterin mir die Flugunterlagen ausdruckt,
betrachte ich die Werbeaushänge an den Wänden der Agentur. Mein Blick fällt auf
ein buntes Poster. Zirkus Fantini ist wieder in der Stadt. Ich schwelge in
Erinnerungen. Mein Zirkusbesuch mit Aldo scheint Lichtjahre her zu sein. Damals
war ich gerade erst in Mailand angekommen. Wie viel ist seitdem passiert.
»Rapple dich wieder auf, wenn du auf die Nase fällst«, erinnere ich
mich an die Worte , die Aldo mir im Zirkus mit auf den Weg gegeben hat. Ich
atme seufzend aus, bezahle das Flugticket, das die Mitarbeiterin auf
Weitere Kostenlose Bücher