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Cappuccino fatale

Cappuccino fatale

Titel: Cappuccino fatale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Corda
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den Tresen
legt, und spaziere auf die Straße.
    Nur wie soll ich mich aufrappeln? Ich fühle mich am Boden zerstört
und sehe kein Licht am Ende des Tunnels. Paolo fehlt mir.
    In einem spontanen Anfall von Nostalgie halte ich ein Taxi an und
nenne dem Fahrer Aldos Adresse.
    Kurz darauf steige ich vor meiner ersten Unterkunft hier in der
Stadt aus. Der Gehweg ist übersät mit Scherben von Bierflaschen und
Zigarettenstummeln, die die Besucher der Disco unter meinem ehemaligen Zimmer
auf die Straße geworfen haben.
    Ich betätige die Türklingel der Grandis, aber es scheint niemand zu
Hause zu sein. Nur von ferne, bilde ich mir ein, höre ich Poppy kläffen.
    Also bummele ich die Straße entlang und schaue mir die Gegend an, in
der ich meine ersten Tage in Mailand verbracht habe. An einem Häuserblock
bleibe ich stehen. Mir kribbelt es kurz im Magen, dann gebe ich mir einen Ruck
und biege in die Gasse ein, in der – Renato wohnt.
    Ohne jede Fragen aus der Gegensprechanlage wird mir geöffnet. Renato
scheint keine Angst vor ungebetenen Gästen zu haben.
    In der Tat: Er freut sich, mich zu sehen, als ich endlich im vierten
Stock bei ihm angekommen bin.
    »Nina, was für eine Überraschung! Komm rein. Was verschafft mir die
Ehre?«, fragt er und schließt die Wohnungstür hinter mir.
    »Ich will dir nur schnell addio sagen«,
gebe ich zurück. »Morgen verlasse ich die Stadt.«
    »Ach, schon?«, sagt er. »Willst du einen Tee?«
    »Gerne«, sage ich. »Zitronengras mit Bio-Ingwer, falls du hast.«
    »Habe ich zufällig da.«
    Ich muss innerlich grinsen.
    Renato schüttet Wasser aus einer gläsernen, mit bunten Kristallen
gefüllten Karaffe in einen Topf und entzündet die Gasflamme am Herd. Dann holt
er zwei Tassen aus der Spüle und wäscht sie beide mit einer schmuddeligen
Holzspülbürste ab.
    »Also«, beginnt er, »wie war Mailand für dich?«
    »Heftig«, seufze ich und lasse mich auf ein Sitzkissen am Boden
sinken. »Es war eine interessante, aufregende Zeit, aber ich fühle mich mit
allem gescheitert, was ich angefasst habe.«
    »Na, na, na«, beschwichtigt mich Renato. »Was für harte Worte.«
    »Aber so ist es«, beharre ich.
    »Dann hast du das wohl angezogen«, lehrt mich Renato. »Schließlich
sind wir in diesem Universum, um zu lernen. Vom Leben zu lernen.«
    »Welch ein Trost«, antworte ich sarkastisch.
    »Ja, so ist das im Leben.« Renato kippt das dampfende Teewasser in
die beiden Tassen. »Du musst erst durch die Scheiße gehen, um wachsen zu
können.« Er stellt die Tassen auf einem Hocker ab und lässt sich neben mich auf
ein Sitzkissen gleiten. »Sag mal, welches Sternzeichen bist du eigentlich?«
    »Widder, warum?«
    »Widder? Eine Kämpfernatur. Ach, dann mach dir keine Sorgen, du
rappelst dich schon wieder auf.«
    Jetzt fängt der auch noch mit dem Rappeln an.
    Schweigend trinken wir den Tee und hängen unseren Gedanken nach.
    »Wie war deine Ausstellung mit den donne ciccione ?«,
will ich dann wissen.
    »Ist super gelaufen«, freut sich Renato. »Ich arbeite schon an der
nächsten Kollektion. Willst du sie mal sehen?« Er deutet mit dem Kopf Richtung
Treppe, die nach oben in das mir noch gut bekannte Atelier führt.
    Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. »Lieber nicht«, lehne ich
ab, »es hat mir gereicht, hier am Boden zu liegen.« Ich stelle meine leere
Tasse zurück auf den Hocker. »Danke für den Tee«, sage ich und stehe auf.
    Renato erhebt sich und folgt mir zur Tür, wo ich im Begriff bin, mir
die Schuhe anzuziehen.
    Ich stelle mich auf die Zehenspitzen, Renato legt mir beide Hände
auf meine Schultern. Wir küssen uns.
    Musste jetzt irgendwie sein.
    Ich rieche seinen Duft, der mich wie ein altbekanntes Lied in eine
Zeit vor ein paar Monaten versetzt.
    »Alles Gute für dich, Nina.« Renato streicht mir väterlich über den
Kopf. »Wird schon.«
    Am Abend finden mich Giorgio und Ilaria mit der
Restflasche Rotwein, die Paolo und ich am Samstag übrig gelassen haben, alleine
am Küchentisch vor. Ich muss ein jämmerliches Bild abgeben, wie ich in
Jogginganzug und Puschen im grellen Energiesparlampenlicht an der billigen
Resopalplatte des Tisches vor mich hin bechere.
    Ich habe bereits zwei Gläser auf nüchternen Magen intus und bin
fürchterlich melancholisch.
    »Was ist denn hier los?«, fragt Ilaria entsetzt und wirft ihre Jacke
auf einen Stuhl.
    »Ich reise morgen ab«, gebe ich tonlos zurück. »Ich muss euch
verlassen.«
    »Wie bitte? Warum?«, fragt Ilaria und legt einen Arm

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