Caras Schatten
lediglich Zoe war. Logisch. Ihre Freundin lag zusammengerollt auf der Seite, die Augen geschlossen. Sie schlief tief und fest. Cara stützte sich auf den Ellbogen und blickte auf sie herab. Zoes altes graues T-Shirt war ein wenig verschwitzt, und ihr Atem drang zischend durch ihre Nase. Cara hörte ein jaulendes Geräusch, wenn ihre Freundin ein- und ausatmete. Ihre Augen zuckten wie wilde Tiere, und ihre Hände umklammerten die Bettdecke, um sich im nächsten Moment wieder zu entspannen.
Zoe drehte ihren Kopf von einer Seite auf die andere, und ihre Lippen formten unverständliche Worte. Cara hatte das beängstigende Gefühl, dass ihre Freundin denselben Traum hatte. Zoes Beine zuckten und zitterten wie die des Hundes in seinem Todeskampf. Dann beruhigte sich ihr Atem. Ihre Finger entkrampften sich. Sie seufzte, drehte sich auf die andere Seite und blieb ruhig liegen.
Cara beobachtete sie einen Moment lang. Dann schob sie ihr Kissen an den äußersten Rand des Bettes und kehrte Zoe den Rücken zu. Sie rollte sich zu einer winzigen Kugel zusammen, kniff die Augen zu und versuchte verzweifelt, sich zum Einschlafen zu zwingen. Doch stattdessen lag sie lange Zeit einfach nur da – wach hinter geschlossenen Augenlidern –, ehe der Schlaf sie endlich packte und mit sich in die Tiefe riss.
Kapitel 14
A ls Cara die Augen öffnete, strömte ihr strahlendes Sonnenlicht entgegen. Sie warf einen Blick auf die andere Seite des Bettes, fast in der Erwartung, Zoe wäre erneut verschwunden. Doch sie lag immer noch neben ihr, den Kopf unter der Decke vergraben, sodass ihr schwarzer, glänzender Haarschopf kaum zu sehen war. Vorsichtig schlüpfte Cara aus dem warmen Nest ihres Bettes und fröstelte, als die kühle, trockene Luft ihre vom Schlaf erwärmte Haut attackierte. Sie zog sich ein Kapuzenshirt über und schob die Füße in ihre Lammfellpantoffeln, dann schlich sie sich aus dem Zimmer. Die Schlafzimmertür ihrer Eltern war noch fest verschlossen.
Unten in der Küche war es schwül und stickig. Samson kam in den Raum stolziert und miaute, als er Cara hörte, aber sie ignorierte ihn und öffnete die Fenster. Genüsslich atmete sie den Duft des feuchten Laubs ein. Hohe bauschige Wolken jagten über den tiefblauen Himmel. Cara steckte zwei Scheiben Brot in den Toaster und summte leise vor sich hin. In diesem Moment knallte die Hintertür, und Mom kam in ihrer Joggingkleidung in die Küche gestürmt, ihr Gesicht rot von der frischen Luft. Sie erschrak, als sie Cara erblickte.
»Oh, Liebling!«, sagte sie. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass du schon wach bist.«
Warum war ihre Mutter eigentlich jedes Mal überrascht, wenn sie Cara in ihrem eigenen Haus antraf? Als wäre sie ein Hausgast, der zu lange geblieben war. »Ja, bin schon wach.«
Samsons Miauen wurde immer hartnäckiger. Mom nahm ihn auf den Arm. »Süßer! Cara, hast du ihm nichts gegeben?« Sie holte eine Dose Lachsschmaus aus der Speisekammer und zog vorsichtig den Deckel ab. Der intensive Fischgeruch weckte in Cara das Bedürfnis, den Kopf aus dem Fenster zu halten.
Mom füllte Kaffeepulver in die Maschine. Cara trommelte mit den Fingern auf die Arbeitsplatte. Die Stille dehnte sich.
»Oh, fast hätte ich es vergessen! Wie war eigentlich euer Treffen gestern Abend? Sarit ist wirklich süß.« Mom rempelte Cara auf dem Weg zum Kühlschrank leicht an.
»Es war toll, Mom. Sarit ist nett.« Ihr Toast sprang heraus. Cara holte sich einen Teller aus dem Schrank und legte ihre Toastscheiben darauf, um sie dick mit Butter und Marmelade zu bestreichen.
Mom nahm einen Schluck Kaffee. »Cara, ich habe Cheryl gebeten, dein Zimmer sauber zu machen, wenn sie heute vorbeikommt. Sie soll alle Läufer mit Teppichschaum behandeln, also heb bitte deine Sachen auf, damit sie deinen auch sauber machen kann.«
Cara wirbelte herum. »Nein, Mom!« Ihre Stimme klang lauter als beabsichtigt.
Ihre Mutter schien verwirrt. »Warum denn nicht, Cara?«, fragte sie vorsichtig.
Cara fiel auf, dass ihre Knöchel bereits weiß wurden, so fest hielt sie ihren Teller umklammert. Sie lockerte ihren Griff ein wenig. »Ich hasse es, wenn Fremde in mein Zimmer gehen und meine Sachen anfassen. Das weißt du.«
»Ach, Liebling, es ist doch nur Cheryl. Und wenn du deine Klamotten aufsammelst, braucht sie sie auch nicht anzufassen, stimmt’s?« Mom lachte über ihren eigenen Witz und tätschelte Caras Bein, doch Cara wich vor ihr zurück und stürmte, ohne ein Wort zu sagen, die Treppe
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