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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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mit einer anständigen Begründung. In der Regel war Mangel an Beweisen der Grund.«
    »Gab's Anklagen wegen Mordes?«
    »Nicht direkt, aber indirekt, ja. In mehreren Fällen wurde er wegen Zwangsabtreibung angezeigt. Das ist doch Mord, oder?«
    »Hm. Vielleicht. Jedenfalls wiegt Abtreibung ohne Einverständnis der Frau erheblich schwerer.«
    »Wir haben es in jedem Fall mit einem Mann zu tun, der sein Leben lang sehr strikt zwischen den sogenannten Untermenschen und den guten Bürgern unterschieden hat. Ein exzellenter Arzt, wenn Menschen mit Kinderwunsch, die ihm genehm waren, seine Hilfe suchten, und das genaue Gegenteil, wenn sogenannte ›Untermenschen‹ mit ihren Schwangerschaftsproblemen zu ihm kamen.«
    »Was passierte dann?« Carl hatte noch die Andeutungen von Mie Nørvig im Kopf, und die konnten jetzt vielleicht untermauert werden.
    »Wie gesagt, er ist nie verurteilt worden. Aber das Gesundheitsamt ist mehrfach in seiner Praxis gewesen, um zu kontrollieren, ob er bei schwangeren Frauen ohne deren Einwilligung und sogar ohne deren Wissen Abtreibungen vorgenommen hat.«
    Carl merkte, dass Assad unruhig wurde. Hatte es vielleicht irgendwann mal jemand gewagt, Assad einen »Untermenschen« zu nennen?
    »Danke, Rose. Wir reden weiter, wenn wir zurück sind.«
    »Halt, halt, Carl, eins noch. Ein Typ, der die Partei Klare Grenzen immer unterstützt hat, ein gewisser Hans Christian Dyrmand aus Sønderborg, ebenfalls Gynäkologe, hat sich kürzlich das Leben genommen. Darüber bin ich mit diesem Journalisten, diesem Søren Brandt, überhaupt in Kontakt gekommen. Er schrieb nämlich in seinem Blog, dass es durchaus einen Zusammenhang geben könnte zwischen dem, was Curt Wad seinerzeit getan hatte, und dem, was Dyrmand so trieb.«
    »Dumme Schweine«, sagte Assad, und wenn das von ihm kam, dann war das ein kräftiger Ausspruch.

    Sie fanden das Haus in Halsskov ebenso verlassen vor wie am Morgen. Assad wollte gerade hinters Haus gehen, da hielt ihn Carl zurück.
    »Warte noch einen Moment, Assad, und bleib im Auto sitzen«, sagte er und steuerte dann auf den Bungalow auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu.
    Als er sich auswies, starrte die Frau entsetzt auf seine Polizeimarke, eine Reaktion, die er nicht selten erlebte. Manchmal allerdings wurde auch draufgespuckt.
    »Nein, nein, ich weiß nicht, wo Herbert und Mie sind.«
    »Sie kennen die beiden wohl privat?«
    Da taute sie etwas auf. »Ja, wir sind an sich gute Freunde. Spielen alle vierzehn Tage Bridge, Sie wissen schon.«
    »Und Sie haben keine Ahnung, wo sich die beiden aufhalten könnten? Ferienwohnung, Kinder, Sommerhaus?«
    »Nein, so etwas nicht. Hin und wieder verreisen sie zwar, und dann kümmern mein Mann und ich uns um die Blumen, falls die Tochter in der Zeit nicht im Haus wohnt. Und umgekehrt machen die das auch bei uns, wenn wir mal weg sind.«
    »Die Fensterläden sind zu. Das muss doch wohl bedeuten, dass sie länger als zwei Tage unterwegs sind, oder?«
    Sie griff sich an den Hinterkopf. »Ja. Das macht uns ja auch Sorgen. Glauben Sie, da könnte etwas Kriminelles vorgefallen sein?«
    Er schüttelte den Kopf, bedankte sich und ging. Nun hatte sie etwas zum Grübeln und würde auf jeden Fall genau beobachten, was auf der anderen Straßenseite vor sich ging.
    Als er am Dienstwagen vorbeikam, stellte er fest, dass Assad schon verduftet war. Wenige Sekunden später fand er auf der Rückseite des Hauses die Fensterläden vor dem Wohnzimmerfenster halb geöffnet vor, das Fenster selbst war angelehnt. Kein Kratzer, nichts. Das hatte Assad garantiert nicht zum ersten Mal gemacht.
    »Carl, geh runter zur Kellertür«, rief Assad von drinnen.

    Gott sei Dank standen die Aktenschränke noch. Also hatte das Verschwinden der Hausbesitzer womöglich doch nichts mit ihrem gestrigen Besuch zu tun.
    »Hermansen. Danach müssen wir als Erstes suchen«, sagte er zu Assad.
    Keine zwanzig Sekunden später hatte Assad den Hängeordner in der Hand.
    »Natürlich unter H. War doch klar. Aber da steht nicht Tage Hermansen.«
    Er reichte Carl die Mappe, der die Akte herausnahm. Curt Wad gegen Nete Hermansen stand darauf. Darunter war der zeitliche Verlauf des Verfahrens von 1955 dokumentiert. Außerdem erkannte Carl die Stempel mit dem Gerichtsbezirk und das Kanzleilogo des Anwalts Philip Nørvig.
    Bei der schnellen Durchsicht fielen ihm Formulierungen wie »Anklage wegen Vergewaltigung« und »Behauptung, für den Schwangerschaftsabbruch bezahlt zu haben« auf.

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