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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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dreiundfünfzig Jahre alt war, würden zehn Millionen für den Rest des Lebens einfach nicht reichen. Nicht, wenn man Ausgaben und Träume hatte wie sie. Wenn sie auf sich achtete und in Zukunft nicht so viel trank, konnte sie noch gut dreißig, vierzig Jahre leben. Und man brauchte kein Rechenkünstler zu sein, um festzustellen, dass zehn Millionen dafür zu wenig waren.
    Deshalb hatte Gitte sich überlegt, am besten gleich Netes gesamten Besitz zu übernehmen. Einen Versuch war es wert. Wie sie das anstellen sollte, wusste sie noch nicht, das musste sie von der Situation abhängig machen. Wenn Nete noch so leicht zu manipulieren war wie früher, dürfte es nicht sonderlich schwierig sein. Und wenn Nete tatsächlich so krank war, wie sie in ihrem Schreiben andeutete, dann musste man sich lediglich unentbehrlich machen, bis es so weit war. Diesen ganzen Papierkram mit Testament und Unterschriften, den würde sie schon übernehmen.
    Und falls sich zeigen sollte, dass Nete nicht so wollte wie sie, konnte sie immer noch zu radikaleren Mitteln greifen. Das wollte Gitte zwar eigentlich nicht, aber von vornherein ausschließen durfte sie diese Möglichkeit auch nicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie unheilbar kranke Menschen zeitiger mit ihrem Schöpfer vereinte, als das Schicksal es vorgesehen hatte.

    Rita Nielsen war damals die Erste gewesen, die Gittes Schwäche für Frauen entdeckt hatte. Wenn Rita sich ihr mit ihren weichen Lippen und verschwitzten Locken näherte, bekam Gitte einen ganz trockenen Mund. Und da Gitte nun einmal zu denjenigen gehörte, die die Regeln bestimmten, stand es in ihrer Macht, Rita, wann immer es ihr beliebte, zu befehlen, mit zur Moorwiese zu kommen. Das war natürlich strengstens verboten, aber Ritas Bluse saß einfach so verführerisch stramm.
    Deshalb war es auch phantastisch und ganz wunderbar, dass Rita mehr als willens war. Dass dieser weibliche Körper nach Befriedigung suchte, die Gitte ihr verschaffen konnte.
    Das ging so lange gut, wie Rita sich fügte. Aber als sie sich eines Abends aufrichtete und die Bluse wieder zu knöpfte, war damit Schluss.
    »Ich will weg von hier, und du sollst mir dabei helfen«, sagte Rita. »Ich will, dass du der Vorsteherin sagst, ich hätte mich gebessert und du könntest empfehlen, dass sie mich entlassen.«
    Das war nun überhaupt nicht der Ton, den Gitte von den Mädchen gewohnt war, und mit dem wollte sie sich auch nicht abfinden. Wenn Gitte fauchte, dann spurten die Mädchen, und so sollte es bleiben. Die Mädchen bewunderten sie, aber sie fürchteten ihre Tyrannei. Und die übte sie aus, wann immer es ihr in den Kram passte.
    Niemand schickte so viele Mädchen in den Besinnungsraum wie Gitte. Niemand machte ein solches Trara, wenn eines der Mädchen vorlaut gewesen war. Den anderen Angestellten gefiel das, sie schauten sogar zu ihr auf. Schließlich war sie ja Krankenschwester, und sie sah gut aus.
    Gitte überlegte einen Moment, Rita für ihre Tollkühnheit zu schlagen, zögerte aber zu lange und bekam stattdessen selbst eine schallende Ohrfeige, die ihr den Atem nahm und sie rückwärts umwarf. Wie konnte sich diese dumme Gans erdreisten, die Hand gegen sie zu erheben?
    »Du weißt doch ganz genau, dass ich dir dein Leben ruinieren kann. Ich kann deinen Körper bis ins allerkleinste Detail beschreiben, und wenn du mir nicht hilfst, werde ich das der Vorsteherin gegenüber auch tun«, sagte Rita ruhig, während sie mit gegrätschten Beinen über ihr stand. »Wenn ich der Vorsteherin erzähle, wie du mich zwingst, an dir herumzufummeln, dann werden die vielen Körperdetails, die ich ihr nennen kann, sie schon davon überzeugen, dass ich die Wahrheit sage. Und deshalb wirst du mich schön zurück aufs Festland schicken! Ich weiß zwar, dass letztlich die Ärzte entscheiden, aber du schaffst das bestimmt irgendwie.«
    Gitte sah den Gänsen nach, die in Keilformation über die Baumwipfel flogen, und nickte nur. Rita würde aufs Festland kommen. Aber erst, wenn es Gitte passte.

    Am nächsten Morgen kniff Gitte sich fest in die Wangen und klopfte dann energisch an die Tür der Vorsteherin. Die war auf den Anblick ganz und gar nicht vorbereitet und völlig entsetzt.
    »Liebe Güte, Frau Charles! Was ist passiert?«
    Gitte hielt die Luft an und stellte sich so hin, dass die Vorsteherin mitbekam, dass ihr weißer Kittel zerrissen war und sie keine Unterhose anhatte.
    In kurzen Sätzen beschrieb Gitte, wie Rita Nielsen, diese

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