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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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haben es mir mehrere Frauen erzählt. Das ist es, was sie wissen. Und, macht das was?«
    Er sah Nete an und lächelte, bis sie auftaute.
    »Und eines noch, Nete. Ich habe etwas für dich.«
    Er machte sich hinter seinem Rücken zu schaffen.
    »Hier«, sagte er und reichte ihr ein Diplom mit extragroßen Buchstaben. Es zu entziffern, dauerte seine Zeit, aber sie schaffte es, Wort für Wort.
    Keiner, der das hier lesen kann, ist ein Analphabet stand da.
    Er drückte ihren Arm. »Häng es dir an die Wand, Nete. Wenn du alle Bücher aus unserem Regal gelesen und alle Mathematikaufgaben gelöst hast, die wir unseren gehörlosen Schülern geben, dann kommst du auf die Realschule.«

    Der Rest war Vergangenheit geworden, ehe sie sichs versehen hatte. Realschule, Ausbildung zur Laborantin, dann zur Labortechnikerin, Anstellung bei Interlab und schließlich die Ehe mit Andreas Rosen. Eine wunderbare Vergangenheit, eine Art zweites Leben. Das war die Zeit gewesen, bevor Andreas Rosen umgekommen war, lange bevor sie hier in der Wohnung saß und vier Morde auf dem Gewissen hatte.
    Wenn Gitte tot ist, kann mein drittes Leben beginnen, dachte sie.
    Genau in dem Moment brummte die Gegensprechanlage.
    Als Nete die Tür zum Treppenhaus öffnete, stand Gitte vor ihr wie eine Marmorsäule, noch immer gut aussehend und stattlich, aber natürlich hatte die Zeit auch bei ihr unübersehbare Spuren hinterlassen.
    »Danke für die Einladung, Nete«, sagte Gitte und glitt in die Wohnung wie eine Schlange ins Mäusenest.
    Sie stand im Flur, sah sich um, überließ Nete ihren Mantel und enterte derweil das Wohnzimmer. Ihre hellwachen Augen waren überall, jeder Silberlöffel wurde registriert, jedes Gemälde taxiert.
    Dann wandte sie sich an Nete. »Es tut mir so unglaublich leid zu hören, wie krank du bist, Nete. Ist es Krebs?«
    Nete nickte.
    »Und es gibt nichts, was man tun kann, weiß man das sicher?«
    Wieder nickte Nete. Diese resolute Frau brachte sie völlig aus dem Konzept. Nete schaffte es gerade mal, Gitte zu bitten, Platz zu nehmen - das weitere Vorgehen war ihr auf einmal nicht mehr klar.
    »Nein, Nete, du setzt dich und ich werde dich versorgen. Ich sehe, der Tee steht in der Kanne dort bereit, lass mich dir einschenken.«
    Sie schob Nete sanft zum Sofa.
    »Zucker?«, fragte sie drüben von der Anrichte.
    »Nein, danke«, sagte Nete und stand wieder auf. »Ich koche rasch frischen Tee, dieser ist kalt. Der steht schon seit meinem letzten Gast hier.«
    »Dein letzter Gast? Waren noch andere hier?« Gitte sah sie neugierig an und schenkte trotz Netes Protest den kalten Tee ein.
    Nete wurde unsicher. Wie war die Frage gemeint? Wusste oder ahnte Gitte etwas? Hatte sie etwas beobachtet? Aber nein, Nete hatte sie ja schon von Weitem kommen sehen. Es war unwahrscheinlich, dass sie einem der anderen Gäste begegnet war.
    »Ja, vor dir waren schon zwei Bekannte hier. Du bist die Letzte.«
    »Aha.« Gitte reichte Nete die Teetasse und schenkte sich selbst ein. »Und sind wir alle in derselben Weise begünstigt?«
    »Nein, nicht alle. Im Übrigen hat der Anwalt bis Geschäftsschluss noch kurz etwas zu erledigen, du musst dich also ein wenig gedulden. Oder hast du es eilig?«
    Die Frage löste ein sonderbares Lachen aus. Zeitnot gehörte wohl nicht zu Gittes vordringlichsten Problemen.
    Ich muss so lange weitermachen, bis sie mich einschenken lässt. Nur wie? Nete hatte rasende Kopfschmerzen. Es fühlte sich so an, als hätte man ihr einen Helm mit Stachelfutter über den Schädel gestülpt.
    »Wirklich kaum zu glauben, dass du so krank bist, Nete. Ich hätte gedacht, die Zeit wäre freundlich zu dir gewesen«, sagte Gitte und rührte in ihrer Tasse.
    Nete schüttelte den Kopf. Soweit sie sehen konnte, ähnelten sie sich in so mancher Weise, und dass die Zeit bei einer von ihnen positive Spuren hinterlassen hatte, konnte man wirklich nicht sagen. Falten, großporige Haut und graue Haare hatten sich längst eingestellt. Dass die vergangenen Jahre für sie beide hart und hürdenreich gewesen waren, war nicht zu übersehen.
    Nete versuchte, an ihre gemeinsame Zeit auf der Insel zurückzudenken. Nun, da sie wusste, dass die Rollen vertauscht waren, war das ein merkwürdiges Gefühl.
    Nachdem sie ein wenig geplaudert hatten, nahm Nete ihre beiden Tassen und ging zur Anrichte, wie die anderen Male. »Noch eine Tasse Tee?«
    »Nein, danke. Für mich nichts mehr«, antwortete Gitte, während Nete den Bilsenkrautextrakt in die Tasse ihrer einstigen

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