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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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einige Minuten, bis die Tür aufging und Nete Hermansen ihn willkommen hieß. Sie trug einen Plisseerock und hatte sich augenscheinlich die Haare frisch gekämmt.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte er und bemerkte stärker als beim ersten Besuch einen bestimmten Geruch, der darauf hindeutete, dass hier vielleicht nicht ganz so häufig gelüftet wurde, wie es gutgetan hätte.
    Als er den Flur hinunterschaute, fiel ihm auf, dass der Teppich an der abschließenden Wand beim Regal eine Falte warf. Die Teppichstifte hatten sich womöglich gelöst und jemand hatte daran gezogen.
    Dann wandte er sich dem Wohnzimmer zu, damit sie gleich wusste, dass er nicht vorhatte, sofort wieder zu gehen.
    »Es tut mir leid, dass ich mich so unangemeldet aufdränge, Frau Hermansen, aber mich beschäftigen ein, zwei Fragen, über die ich gern mit Ihnen sprechen möchte.«
    Sie nickte und bat ihn, einzutreten. Aus der Küche war ein klickendes Geräusch zu hören, wie von einem Wasserkocher, der sich automatisch ausschaltet, wenn das Wasser kocht.
    »Ich mache uns eine Tasse Tee, dafür wäre es sowieso an der Zeit«, sagte sie.
    Carl nickte. »Wenn Sie stattdessen Kaffee haben, hätte ich nichts dagegen«, sagte er und dachte eine Sekunde an Assads Kleister. Den hätte er dieses Mal mit Kusshand genommen. Die Vorstellung, dass es den womöglich nie mehr geben würde, war einfach unerträglich.
    Zwei Minuten später stand sie hinter ihm an der Anrichte und goss Nescafé auf.
    Sie reichte ihm die Tasse, lächelte, schenkte sich selbst Tee ein und setzte sich ihm dann gegenüber.
    »Womit kann ich helfen?«, fragte sie, die Hände im Schoß gefaltet.
    »Können Sie sich daran erinnern, dass wir beim letzten Mal über die Vermissten sprachen und dass ich damals einen Viggo Mogensen erwähnte?«
    »Ja, das kann ich.« Sie lächelte. »Auch wenn ich dreiundsiebzig bin, bin ich doch Gott sei Dank noch nicht ganz senil.«
    Carl erwiderte ihr Lächeln nicht. »Sie sagten, Sie würden ihn nicht kennen. Könnten Sie sich da vielleicht geirrt haben?«
    Sie zuckte die Achseln. Was meinte er damit?, mochte das bedeuten.
    »Alle anderen Vermissten kannten Sie, und zwar unbestreitbar: Rechtsanwalt Nørvig, der damals Curt Wad vertrat. Ihren Cousin Tage Hermansen. Die Krankenschwester Gitte Charles, die drüben auf Sprogø arbeitete, und Rita Nielsen, die zur selben Zeit wie Sie auf der Insel war. Natürlich konnten Sie das nicht leugnen.«
    »Nein, natürlich nicht, und warum sollte ich auch? Das stimmt doch. Und dieses Zusammentreffen ist nun wirklich sonderbar.«
    »Aber einen der damals Verschwundenen, sagten Sie bei unserem ersten Besuch, würden Sie nicht kennen. Da hatten Sie vermutlich gedacht, dass unsere Aufmerksamkeit in eine andere Richtung gehen würde.«
    Darauf reagierte sie nicht.
    »Und tatsächlich hatte ich Ihnen ja am Samstag, als wir bei Ihnen waren, gesagt, wir würden Sie in Zusammenhang mit Curt Wad aufsuchen. Deshalb glaubten Sie wohl, wir hätten nicht Sie im Fokus. Allerdings wissen wir jetzt, Frau Hermansen, dass Sie gelogen haben. Sie kannten Viggo Mogensen nicht nur, sie kannten ihn sogar richtig gut. Er war schließlich schuld an Ihrem ganzen Unglück. Sie hatten ein Verhältnis mit ihm und wurden von ihm schwanger, weshalb Sie zu Curt Wad mussten, um eine illegale Abtreibung vornehmen zu lassen. Das haben wir der Krankenakte entnommen, die Curt Wad über Sie geführt hat. Sie müssen wissen, dass uns diese Akte inzwischen vorliegt.«
    Er hatte damit gerechnet, dass sie erstarren, vielleicht in Tränen ausbrechen oder sogar zusammenklappen würde. Stattdessen lehnte sie sich zurück, nippte an ihrem Tee und schüttelte ganz leicht den Kopf.
    »Tja. Was soll ich sagen? Es tut mir leid, dass ich etwas behauptet habe, was nicht stimmt, denn das alles ist freilich richtig. Ja, ich kannte Viggo Mogensen, wie Sie ganz richtig festgestellt haben. Und Sie haben auch damit recht, dass ich genötigt war zu sagen, ich würde ihn nicht kennen.«
    Sie sah ihn aus matten Augen direkt an.
    »Es ist doch so, dass ich mit der Sache natürlich nichts zu tun habe. Dass aber plötzlich alles auf mich zu deuten schien. Was konnte ich anderes tun, als mich zu schützen? Ich bin nicht in die Sache verwickelt. Ich habe keine Ahnung, was mit diesen armen Menschen passiert ist.«
    Sie unterstrich ihre Worte mit einer verneinenden Geste. Dann deutete sie auf Carls Tasse. »Trinken Sie doch Ihren Kaffee und erzählen Sie mir dabei das Ganze noch

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