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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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deshalb hab ich es ruhig angehen lassen und war ihm bis zum Hauptbahnhof auch dicht auf den Fersen«, entschuldigte sich der Mann. »An sich ist das eine gute Stelle, um jemanden vor einen Bus zu stoßen, aber so weit kam es nicht, weil er ein Taxi nahm. Ich tat es ihm nach und folgte ihm in einigem Abstand. Als ich um die Ecke bog, ging er gerade in das Wohnhaus dort.«
    Curt nickte. Dieser Idiot war offenkundig nicht in der Lage, seine Arbeit ordentlich zu Ende zu bringen.
    »Wie lange ist es her, seit er dort drinnen verschwunden ist?«
    Der Mann blickte auf die Uhr. »Eine gute Stunde.«
    Curt Wad sah nach oben zur Wohnung. Hier wohnte Nete offenbar, wie damals, vor vielen Jahren, als sie ihn eingeladen hatte. Kein schlechter Ort, den sie sich da ausgesucht hatte. Zentral gelegen, mit schöner Aussicht und viel Leben ringsum.
    »Haben Sie das Werkzeug dabei?«, fragte er.
    »Ja, aber das verlangt etwas Geschicklichkeit. Ich würde Ihnen das gern kurz demonstrieren.«
    Curt nickte und marschierte mit ihm zur Haustür. Er kannte diesen Typ Schloss an sich gut.
    »Das ist ein Ruko-Schloss mit sechs Stiften. Sieht komplizierter aus, als es ist«, sagte der Mann. »Sie können davon ausgehen, dass die Frau oben an ihrer Wohnungstür denselben Typ Schloss hat. Das ist aus technischen Gründen erforderlich.«
    Er zog ein kleines Lederetui aus der Tasche und sah sich um. Bis auf ein junges Paar, das eng umschlungen auf dem Weg am See vorbeiging, war niemand in der Nähe.
    »Hier braucht's zwei dünne Dietriche«, erklärte er und steckte sie hinein. »Achten Sie darauf, dass der oberste Stift Abstand zum untersten hat. Sie dürfen erst draufdrücken, wenn Sie die Sperrpistole angesetzt haben. Sehen Sie, Sie schieben den Schlagstift etwas unterhalb der Mitte des Zylinderlochs hinein, direkt unter die Zylinderstifte. Die können Sie deutlich spüren.«
    Dann drückte er, drehte die Stifte und öffnete problemlos die Tür.
    Er nickte und reichte Curt das Werkzeug. »Und schon sind Sie drinnen. Schaffen Sie es, oder soll ich mit nach oben kommen?«
    Curt schüttelte den Kopf. »Nein danke. Sie können jetzt nach Hause gehen.«
    Das, was er vorhatte, wollte er allein tun.

    Im Treppenhaus war es ruhig. Der Fernseher von Netes Nachbarn war zu hören. Ansonsten deutete nichts darauf hin, dass jemand zu Hause war.
    Curt lehnte sich an Netes Tür. Er hatte erwartet, Stimmen von drinnen ausmachen zu können, aber da war nichts.
    Vorsichtig nahm er die beiden Spritzen aus seinem Arztkoffer, vergewisserte sich, dass die Kanülen fest saßen, und steckte die Spritzen in die Jackentasche.
    Der erste Versuch mit der Sperrpistole misslang. Dann achtete er darauf, den oberen Stift nicht zu berühren, und versuchte es noch einmal.
    Das Schloss war zum Glück nicht ausgeschlagen und nach ein wenig Hin- und Herbewegen funktionierte es. Behutsam drückte er die Türklinke mit dem Ellbogen nach unten, hielt die Stifte gut fest und öffnete die Tür.
    Ein sonderbar muffiger Geruch schlug ihm entgegen. Wie von einem alten, mit Naphthalin-Mottenkugeln präparierten Kleiderschrank, der seit Jahren nicht mehr geöffnet worden war.
    Vor ihm lag ein langer Flur mit mehreren Türen. Das Ende befand sich im Dunkeln, aber aus den offenen Türen in nächster Nähe drang Licht. Dem grellen, leicht flirrenden Lichtschein nach zu urteilen, führte die Tür rechts in eine Küche mit Neonröhre an der Decke, und ebenso wahrscheinlich war es, dass das eher gelbliche Licht auf der anderen Flurseite von einer beträchtlichen Anzahl Glühbirnen stammte, deren Produktion in der EU bald gänzlich verboten war.
    Er trat einen Schritt in den Flur, stellte sein Köfferchen auf den Fußboden und tastete nach einer der beiden Spritzen in der Jackentasche.
    Wenn beide, Nete und Carl Mørck, dort drinnen waren, musste er zuerst auf Mørck losgehen. Ein schneller Einstich in eine der Halsvenen würde den Mann rasch außer Gefecht setzen. Kam es allerdings zum Kampf, dann würde er direkt aufs Herz zielen müssen, und das wollte er vermeiden. Denn von Toten bekam man keine Informationen, und auf Informationen war er aus. Auf Informationen, die, falls sie in Umlauf gerieten, der Partei Klare Grenzen und letztlich auch dem Geheimen Kampf empfindlich schaden konnten.
    Nete war an etwas dran gewesen, das ihr Rache an ihm ermöglichte, daran zweifelte er nicht. Alles passte zusammen. Ihre sonderbare Einladung vor vielen Jahren und dann diese Verbindung zu Carl Mørck. Curt

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