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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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nannte, fragte er verärgert, was sie sich erlaube, seine Zeit zu stehlen, erst mit einem Brief und nun auch noch mit einem Anruf.
    Er wollte schon den Hörer aufknallen, als sie ihre ganze Energie sammelte und mit ruhiger Stimme sagte: »Ich bin todkrank und will nur sagen, dass ich mich mit dem, was zwischen uns geschehen ist, ausgesöhnt habe. Ich habe in einem Brief an Sie einen größeren Geldbetrag erwähnt, den ich Ihnen oder Ihrer politischen Vereinigung zur Verfügung stellen möchte. Ob Sie meinen Brief gelesen haben, weiß ich nicht, aber ich finde, Sie sollten es tun und möglichst schnell darüber nachdenken, denn die Zeit ist knapp.«
    Dann legte sie auf und sah hinüber zu der Flasche mit dem Gift. Die Migräne ließ nach.
    Nun waren es nur noch fünf Tage.

15
    November 2010
    C arl erwachte von einem exotischen Gestank. Direkt vor seiner Nase befand sich ein Augenpaar in einem unrasierten Gesicht, das ihn forschend ansah.
    »Hier, Carl«, sagte Assad und hielt ihm ein Glas mit einer dampfenden Flüssigkeit hin.
    Carl zuckte instinktiv zurück, was ihm einen stechenden Schmerz in seinen verspannten Nackenmuskeln bescherte - als steckte er im Schraubstock. Igitt, was stank dieser Tee.
    Während er sich umsah, erinnerte er sich wieder daran, dass es gestern sehr spät geworden war und er das Gefühl gehabt hatte, er würde es nicht mehr packen, noch bis nach Hause zu fahren. Jetzt hielt er die Nase in Richtung Achselhöhle und bereute seine Entscheidung.
    »Waschechter Tee aus Ar Raqqah.« Assad klang heiser.
    »Ar Raqqah«, wiederholte Carl. »Klingt grässlich. Bist du sicher, dass das keine Krankheit ist? Irgendwas mit total verschleimtem Hals?«
    Assad lächelte. »Ar Raqqah ist eine wunderschöne Stadt am Euphrat.«
    »Euphrat? Wer hat schon mal von Euphrat-Tee gehört? Und in welchem Land liegt dieses Ar Raqqah, wenn ich fragen darf?«
    »In Syrien natürlich.« Assad schaufelte zwei Teelöffel Zucker in die Tasse und reichte sie Carl.
    »Assad, meines Wissens wird in Syrien kein Tee angebaut.«
    »Kräutertee, Carl. Du hast heute Nacht viel gehustet.«
    Carl streckte den Nacken, aber das war eher kontraproduktiv. »Und Rose? Ist sie noch nach Hause gefahren?«
    »Nein. Sie hat fast die ganze Nacht auf dem Klo zugebracht. Jetzt ist sie an der Reihe.«
    »Gestern Abend war sie noch nicht krank.«
    »Jetzt ist sie's.«
    »Wo ist sie denn?« Hoffentlich hielt sie Quarantäneabstand.
    »In der Königlichen Bibliothek, um sich Bücher über Sprogø anzusehen. Wenn sie heute Nacht mal eine Minute nicht zum Lokus gerannt ist, hat sie vorm Internet gehockt und wie wild über diese Insel recherchiert. Hier ist was dazu.« Assad reichte Carl ein paar zusammengeheftete Ausdrucke.
    »Ist es gestattet, sich zuerst ein bisschen Wasser ins Gesicht zu schütten, Assad?«
    »Aber bitte, und während du liest, solltest du reichlich von denen hier essen. Die stammen ebenfalls aus Ar Raqqah und sind einfach köstlich.«
    Skeptisch beäugte Carl die Packung, die mit arabischen Schriftzeichen und dem Foto eines Kekses tapeziert war, bei dessen Anblick wohl selbst ein Schiffbrüchiger gezögert hätte.
    »Danke«, sagte er und machte sich auf den Weg zu den Toiletten, um dort ein Trucker-Bad zu nehmen. Das mit dem Frühstück würde sich auf andere Weise erledigen lassen. Lis oben im zweiten Stock hatte eigentlich immer irgendwelche Leckereien in der Schublade.

    »Gut, dass du raufkommst«, sagte Lis und entblößte in einem atemberaubenden Lächeln ihre leicht schrägen, sexy Schneidezähne. »Ich hab deinen Cousin Ronny tatsächlich gefunden, obwohl es nicht leicht war, das kannst du mir glauben. Der Mann wechselt die Wohnorte wie andere Leute ihr Nachtzeug.«
    Carl hatte sofort seine beiden verwaschenen Schlaf-T-Shirts vor Augen, die er abwechselnd benutzte. »Und wo lebt Ronny jetzt?«, fragte er, bemüht, gelassen zu wirken.
    »Er hat eine Wohnung in Vanløse gemietet, hier ist seine Handynummer. Das ist so ein Prepaid-Handy, nur dass du es weißt.«
    Das gab's doch nicht! In Vanløse, da fuhr er jeden Tag vorbei! Die Welt war wirklich ein Dorf.
    »Wo ist denn eigentlich unser Sauertopf, doch nicht etwa krank?«, fragte er und deutete auf den Platz von Frau Sørensen.
    »Nein, uns beide haut so leicht nichts um.« Wieder lächelte Lis entwaffnend und deutete dabei auf die entvölkerten Büroräume ringsum. »Anders als all diese Schlappschwänze hier. Cata ist bei ihrem NLP-Kurs. Heute ist der letzte Tag.«
    Cata?

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