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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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nicht zu leben verdienten. Sie bestand auch darin, neue qualifizierte Mitstreiter für ihre Sache zu gewinnen, Personen, die unter gar keinen Umständen verraten würden, wofür der Geheimzirkel stand. Eine mühsame Angelegenheit.
    Einige Jahre lang funktionierte Curts Praxis auf Fünen ausgezeichnet als Knotenpunkt für diese Tätigkeit. Aber als sich die Abtreibungen zunehmend auf die Gegend um die Hauptstadt konzentrierten, beschloss er, nach Brøndby zu ziehen, in einen wenig attraktiven Vorort von Kopenhagen, der aber im Brennpunkt der Ereignisse lag: in der Nähe der zentralen Krankenhäuser, in der Nähe der fähigsten Allgemein- und Fachärzte und, nicht unwesentlich, in der Nähe der Klientel, gegen die sich der Geheime Kampf richtete.
    Hier, in diesem Vorort, begegnete er Mitte der sechziger Jahre Beate. Sie war nicht nur eine wunderbare Frau, sondern obendrein Krankenschwester. Eine Frau mit guten Genen, mit Nationalgefühl und einem gewinnenden Wesen, das Curt seither von großem Nutzen gewesen war.
    Er weihte sie schon vor der Hochzeit in seine Arbeit ein und erklärte ihr die Ziele des Geheimen Kampfes. Mit einem gewissen Widerstand hatte er durchaus gerechnet, zumindest mit Nervosität. Aber entgegen allen Erwartungen zeigte sie sowohl Verständnis wie auch Initiative. Ja, sie war es, die die Kontakte zu Krankenschwestern und Hebammen knüpfte. Mindestens fünfundzwanzig neue Mitglieder hatte sie in nur einem Jahr für die Bewegung rekrutiert, und von da an nahm diese richtig Fahrt auf. Beate war es auch, die vorgeschlagen hatte, man solle die praktische Arbeit durch politisches Engagement flankieren, und die den Namen »Klare Grenzen« gefunden hatte.
    Das Ideal einer Frau und Mutter.

    »Schau mal, Beate.« Er gab ihr Nete Hermansens Brief und ließ sie in ihrem eigenen Tempo lesen. Sie lächelte bei der Lektüre mit genau dem gewinnenden Lächeln, das sie auch an ihre beiden prächtigen Jungen vererbt hatte.
    »Na, das ist ja ein ziemlicher Sermon [⊗] . Was wirst du antworten, Curt? Kann da was dran sein? Verfügt sie wirklich über so viel Geld?«
    Er nickte. »Ohne Zweifel. Aber du kannst auch sicher sein, dass sie gar nicht wirklich vorhat, mich zu vergolden.«
    Er stand auf und zog einen Vorhang beiseite, der die gesamte Stirnwand bedeckte. Zum Vorschein kamen fünf große Aktenschränke aus dunkelgrünem Metall, die er seit Jahren hegte und pflegte. Nur noch vier Wochen, dann war der große feuerfeste Schrank im ehemaligen Wirtschaftsgebäude fertig, dann würden die Akten dorthin umziehen, wo außer dem innersten Kreis niemand etwas zu suchen hatte.
    »Ich erinnere mich sogar an die Nummer der Krankenakte.« Grinsend zog er eine Schublade im zweiten Schrank auf.
    »Hier.« Er warf die grauweiße Hängemappe vor ihr auf den Tisch.
    Es war lange her, seit er die Akte zuletzt in der Hand gehabt hatte, und als er jetzt die Vorderseite sah, legte er den Kopf in den Nacken und überließ sich für einen Augenblick der Erinnerung.
    Die dreiundsechzig Krankengeschichten davor waren Gemeinschaftsprojekte von ihm und seinem Vater gewesen. Nete Hermansen hingegen war sein erster alleiniger Fall und der erste, den er für den Geheimen Kampf erledigt hatte.
    Krankenakte 64 stand auf der Mappe.
    »Geboren am 18. Mai 1937. Ja, aber dann ist sie ja nur eine Woche älter als ich«, sagte seine Frau.
    Er lachte. »Ja. Der Unterschied besteht nur darin, dass du eine fünfzigjährige Frau bist, die einer Fünfunddreißigjährigen gleicht, während sie eine Fünfzigjährige ist, die wahrscheinlich wie eine Fünfundsechzigjährige aussieht.«
    »Sie ist auf Sprogø gewesen, sehe ich. Wie kann sie sich dann so gut ausdrücken?«
    »Wahrscheinlich hat ihr jemand geholfen. Ist anzunehmen.«
    Er zog seine Frau an sich und drückte ihre Hand. Was er sagte, stimmte nicht. Tatsächlich glichen sich Beate und Nete sehr, beide waren sie genau der Typ, der ihn von jeher gereizt hatte. Dieser blonde, blauäugige nordische Typ mit weichen Formen und genau der richtigen Größe. Mit glatter Haut und Lippen, die einen tief durchatmen ließen.
    »Du sagst, du hast Grund zu glauben, dass sie dich gar nicht vergolden will. Aber warum? In der Akte steht, dass du 1955 eine Ausschabung vorgenommen hast, das klingt nicht sonderlich ernst.«
    »Nete Hermansen hat schon immer viele Persönlichkeiten gehabt, und sie neigt dazu, diejenige hervorzuholen, die für die jeweilige Situation am geeignetsten ist. Natürlich ist das ihrer

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