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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Ausschabung vornehmen musste, und wunderbar unwissend, dass dies zum letzten Mal notwendig geworden war.
    [⊗] - Sermon ⇒ eng., franz. Predigt, Vortrag . Ein christlich-theologischer Begriff. Als Ausdruck für moralisierendes Reden. [⊗]

17
    November 2010
    A ls Carl den Schock einigermaßen überwunden hatte, dass ein Geldstück mit seinem Fingerabdruck bei der verwesten Leiche gefunden worden war, drückte er Laursens Arm und bat ihn, ihm Bescheid zu geben, falls noch mehr solcher Sachen auftauchten. Ihn über alles zu informieren, was irgendwie interessant sein könnte: neue Spuren, bei denen man vermuten könnte, dass die Kriminaltechnische Abteilung sie gern vor Carl verheimlichen würde. Oder Bemerkungen von Kollegen, die hier oben blind drauflosschwatzten. Carl wollte alles erfahren.
    Unten im zweiten Stock wandte er sich brüsk und ohne Umschweife an Lis. »Wo ist Marcus?«
    »Er brieft zwei Gruppen.« Wich sie seinem Blick aus? Oder war das jetzt schon Paranoia seinerseits?
    Da hob sie den Kopf und sah ihn verschmitzt an. »Na, hast du die Gans gestern Abend ordentlich gestopft?«, fragte sie mit einem Lächeln, das in einem Fünfzigerjahre-Film glatt der Zensur zum Opfer gefallen wäre.
    Okay, wenn ihre Gedanken darum kreisten, ob er sich unter der Bettdecke amüsiert hatte, dann war die Münze mit seinem Fingerabdruck wohl doch nicht das vorherrschende Gesprächsthema der Abteilung.
    Er riss die Tür zum Besprechungsraum auf und ignorierte die etwa dreißig Augen, die sich wie Saugnäpfe auf ihn hefteten.
    »Marcus, entschuldige«, wandte er sich an den blassen, klapprig wirkenden Chef der Mordkommission, und zwar so laut, dass alle es hören konnten. »Aber es gibt gewisse Dinge, die muss man ansprechen, ehe sie ein Eigenleben entfalten.«
    Er wandte sich den Männern zu. Einigen sah man die Entkräftung durch die Magen-Darm-Grippe an. Hohlwangig und rotäugig, wie sie waren, wirkten sie fast aggressiv.
    »Hier im Präsidium kursieren Gerüchte über meine Rolle bei der Schießerei draußen auf Amager, und die stellen mich in einer Weise dar, dass ich mich dagegen verwahren muss. Ich sage das ein für alle Mal, und danach will ich nichts mehr davon hören, ist das klar? Ich habe keinen Schimmer, wie die Kronenstücke mit meinen und Ankers Fingerabdrücken in die Tasche dieser Leiche gekommen sind. Aber wenn ihr eure fiebrigen Hirne mal anschmeißt und genau nachdenkt, dann liegt es doch wohl klar auf der Hand, dass die Münzen dort hingelegt wurden, damit ihr sie früher oder später zusammen mit der Leiche findet. So weit könnt ihr folgen?«
    Er betrachtete die Männer. Von einer ausgeprägten Reaktion konnte keine Rede sein. »Na gut. Aber es herrscht ja wohl Einigkeit darüber, dass man den Körper anderswo hätte vergraben können, oder? Zum Beispiel unmittelbar in der Erde. Aber das hat man nicht getan. Alles deutet darauf hin, dass die Leiche an sich gar nicht so wichtig ist, sondern dass es vielmehr darum geht, den Blick der Ermittler in die falsche Richtung zu lenken!«
    Noch immer machte keiner Anstalten, zu nicken oder den Kopf zu schütteln.
    »Ach, zum Teufel auch. Ich weiß sowieso genau, dass ihr die ganze Zeit wild spekuliert, was damals bei der Schießerei auf Amager passiert ist und warum ich mich seither nicht mehr in den Fall eingeklinkt habe.« jetzt sah er Terje Ploug in der dritten Reihe direkt an. »Nur ist der Grund, Ploug, warum ich nicht mehr an den Fall denken mag, ganz einfach der, dass ich mich für das schäme, was an jenem Tag passiert ist. Nicht zuletzt deswegen liegt Hardy ja auch bei mir im Wohnzimmer und nicht bei euch. Das ist eben meine Art, mich den Dingen zu stellen. Ich laufe nicht vor Hardy davon, obwohl oder gerade weil ich damals möglicherweise etwas nicht getan habe, was ich hätte tun sollen.«
    An der Stelle rutschten einige Kollegen auf ihren Stühlen herum - eventuell ein Zeichen dafür, dass sie langsam begriffen. Es konnten aber genauso gut auch die Hämorrhoiden sein. Bei Beamten im Dienst wusste man nie.
    »Noch ein Letztes. Was glaubt ihr eigentlich, wie es ist, wenn von einer Sekunde zur anderen plötzlich die beiden besten Kollegen auf einem draufliegen? Wenn deren Blut spritzt? Wenn man selbst gerade beschossen wurde? Und getroffen, nicht zu vergessen. Daran, finde ich, solltet ihr mal denken. Das frisst verdammt an der Seele.«
    »Keiner klagt dich für irgendwas an«, sagte Ploug. Endlich eine Reaktion. »Und im Übrigen ist das auch gar

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