Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
erklären?“ Carlotta wirft ihre Taschen durch die geöffnete Tür in ihr Zimmer. Ihre Sachen kann sie später auspacken. Die Zwillinge abzuholen ist eine geniale Idee. Wieso ist sie nicht früher darauf gekommen?
Ihre Mutter greift nach dem Telefon und wählt eine Nummer, um im Kindergarten Bescheid zu sagen.
„Nein, wir brauchen heute keinen Fahrdienst“, hört Carlotta sie sagen. „Meine Tochter holt die beiden ab. Vielen Dank. Ihnen auch ein schönes Wochenende.“
Carlotta steckt Portemonnaie und Handy ein, schnappt sich einen Apfel aus einer Obstschale und wartet auf weitere Instruktionen. Als ihre Mutter ihr den Weg beschreibt, hört sie nur mit halbem Ohr zu. So schwer wird es wohl nicht sein, sich zurechtzufinden. Oder glaubt ihre Mutter vielleicht, sie ist im Internat verblödet? Hm, gut möglich. Immerhin war sie im Gegensatz zu ihren Stiefbrüdern früher nicht in so einem schicken zweisprachigen Ganztagskindergarten.
Fünf Minuten später steht sie draußen vor dem Haus und atmet auf. Die Sonne scheint warm von einem wolkenlosen Himmel. Ein herrlicher Nachmittag für einen kleinen Spaziergang!
Sie trabt los und biegt am Ende der Straße in den Park ein. Als die Zwillinge noch Babys waren, war sie oft mit ihnen hier. Sie haben Enten gefüttert, in der Sandkiste auf dem Kinderspielplatz Matschkuchen gebacken und auf der Wiese Ball gespielt. Manchmal haben Lennart und Lorenz sie ziemlich genervt. Wenn sie nicht aufhören wollten zu brüllen oder wenn sie ihre Dickköpfe gegen die große Schwester durchsetzen wollten. Carlotta lächelt. Damals hätte sie die Zwerge am liebsten bei eBay versteigert. Heute findet sie es ziemlich schön, zwei kleine Halbbrüder zu haben.
Obwohl sie ihrer Mutter kaum zugehört hat, sind die Straßennamen irgendwie in ihr Unterbewusstsein vorgedrungen. Ohne Mühe findet sie den richtigen Weg und steht schon bald vor einer alten Villa. Das parkähnliche Grundstück ist von einem hohen, weiß lackierten Eisenzaun umgeben. THE CHILDREN’S MANSION steht auf einem blank polierten Messingschild neben dem Tor. Carlotta stößt es auf und geht hindurch.
„Wie ein normaler Kindergarten sieht das nicht gerade aus“, stellt sie leise murmelnd fest, während sie auf das Haus zugeht. Müssten nicht überall Spielsachen herumliegen? Und überhaupt: Wo sind all die kleinen zweisprachigen Kinder?
Aus einem geöffneten Fenster dringen leise Stimmen. Carlotta muss zweimal hinhören, um zu verstehen, was sie sagen. Es scheint sich um ein englisches Gedicht zu handeln. Sie traut sich kaum auf die Klingel zu drücken. Als sie es schließlich doch tut, ist sie umso erstaunter, als plötzliches mehrstimmiges Kinderlachen und fröhliches Fußgetrappel ertönen. Die Tür wird aufgerissen. Zwei dunkelblond gelockte Jungs stürzen heraus, springen an ihr hoch und heften sich wie klebrige Kletten an ihren Hals. Carlotta hat Mühe, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und rückwärts die Eingangsstufe herunterzufallen.
„Hey, seid ihr gewachsen!“ Sie lacht, als es ihr endlich gelungen ist, die Zwillingskletten abzuschütteln.
„Du nicht“, stellt Lennart fest, der sich nur durch einen Haarwirbel und ein paar zusätzliche Sommersprossen von seinem Bruder unterscheidet.
„Ich weiß. Ich bin aber auch schon groß genug.“ Carlotta bedankt sich bei der Erzieherin, die ihr die Rucksäcke der Zwillinge reicht. „Und was machen wir jetzt?“
„Nach Hause gehen?“, fragt Lorenz.
Carlotta schüttelt den Kopf.
„Nö, das kommt später. Vorher spendier ich uns ein Eis. Einverstanden?“
Der Jubel der Jungs ist so laut, dass sie sich am liebsten die Ohren zuhalten würde, was wegen der Rucksäcke allerdings nicht möglich ist. Stattdessen begnügt sie sich mit einem breiten Grinsen. Scheint, als hätte sie genau den richtigen Vorschlag gemacht.
Kurz bevor sie die Eisdiele erreichen, versucht sie Katie auf ihrem Handy zu erreichen. Nur die Mailbox meldet sich. Carlotta hinterlässt eine Nachricht: „Ruf mich an oder ich ruf dich an! Ich muss dir was erzählen! Dringend!“
„Was denn?“, fragt Lennart neugierig.
„Wie viele verschiedene Eissorten es hier gibt“, behauptet Carlotta und zeigt auf das Schild vor der Eisdiele. „Das glaubt Katie mir nie!“
Als Carlotta am nächsten Morgen aufwacht, weiß sie im ersten Moment nicht, wo sie ist. Sie kennt das schon. Es passiert ihr ständig, wenn sie die Wochenenden bei ihrer Mutter oder ihrem Vater verbringt.
„Kein Wunder …“,
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