Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
Dein Einverständnis Dein Zimmer betreten wird. Großes Ehrenwort!
Carlottas Antwort ist kurz. Sie schreibt, dass sie die Entschuldigung annimmt und sich das mit dem Schlüssel noch einmal überlegen würde. Zur Not könnte sie ihn mitnehmen, wenn sie das nächste Mal nach Hause kommt.
„Bis dahin sind diese Tessatussi und ihre Lillyfee hoffentlich wieder verschwunden“, grummelt sie. „Fehlt noch, dass ich nicht nur meinen Vater, sondern auch mein Zuhause mit zwei wildfremden Amsterdamerinnen teilen muss. Nix da! Nur über meine Leiche!“
Am späten Nachmittag trabt Carlotta durch die langen Internatsflure zum Fotolabor. Sie ist spät dran und muss sich beeilen. Herr Frankenberg, der AG-Leiter, mag es nicht, wenn sie unpünktlich sind, weil es den Unterricht stört. Muss ihr ausgerechnet jetzt Frau Heselein über den Weg laufen? Carlotta bleibt stehen und knirscht unhörbar mit den Zähnen.
Frau Heselein – von ihren Schülern liebevoll Frau Eselbein genannt – ist ihre ehemalige Englischlehrerin und außerdem Hausmutter des Mädchenflurs.
„Carlotta! Gut, dass ich dich treffe!“, sagt sie lächelnd. „Nächste Woche kommt der Fensterputzer. Denk daran, dass die Fensterbänke bis dahin frei geräumt sein müssen, und sag es bitte auch Sofie und Manuela. Beim letzten Mal war Manuelas Fensterbrett so vollgestellt, dass das Fenster nicht geputzt werden konnte!“
Carlotta verspricht es hoch und heilig, obwohl sie sich fragt, was sie für Manus Unordnung kann. Aber wenigstens nickt Frau Heselein zufrieden und geht endlich weiter.
In allerletzter Sekunde schafft Carlotta es, kurz vor Herrn Frankenberg ins Labor zu huschen. Aufatmend lässt sie sich auf einen freien Platz an einem der langen Tische fallen und bemerkt viel zu spät, dass sie genau neben Niko gelandet ist. So ein Zufall! Oder ist es Schicksal? Egal …
Sie senkt den Kopf und wühlt in ihrem Rucksack. Als sie wieder aufschaut, lächelt Niko.
„Hey“, sagt er. „Wie war dein Wochenende?“
Bei dem Blick in seine melancholischen Schokoaugen spürt Carlotta sofort wieder die Flattertiere in ihrem Magen. Sie versucht sie mit einem Gummibärchen zu besänftigen und schiebt die Tüte anschließend zu Niko rüber.
„Ganz gut“, erwidert sie, als sie wieder sprechen kann. „Und deins?“
„Öde.“ Niko greift in die Bärchentüte.
Öde? Wie das? Hatte er nicht irgendwas von einer Party erzählt und dass in Berlin der Bär steppen würde? Carlotta legt ihren Ordner und das Federmäppchen auf den Tisch. Herr Frankenberg schreibt das neue Thema an die Tafel: Die Länge der Belichtungszeit bei Nachtaufnahmen.
Klingt ziemlich trocken für Carlotta. Natürlich weiß sie, dass zum Fotografieren und Filmen auch theoretisches Know-how gehört, aber die praktische Arbeit ist ihr eindeutig lieber. Einfach etwas ausprobieren. Ein bisschen herumexperimentieren. Das findet sie spannend. Von ihrem Vater weiß sie, dass es früher, als man noch Rollfilme benutzt hat, schade um jedes misslungene Bild war. Es war eine ziemlich kostspielige Angelegenheit, einen Film einfach so zu verschießen. Aber heutzutage fotografieren fast alle Künstler digital. Schlechte Aufnahmen kosten höchstens ein bisschen Speicherplatz auf der Karte. Sie können blitzschnell aussortiert und gelöscht werden. Carlotta findet das sehr praktisch. Sie kritzelt gerade ein paar Angaben zu den Blendenzeiten in ihr Notizbuch, die Herr Frankenberg an die Tafel geschrieben hat, als Niko sie mit dem Ellbogen anstupst.
„Ich hab dir was mitgebracht.“
Carlotta hört mitten im Satz auf zu schreiben. Ihr Kuli schwebt über dem karierten Papier. Niko hat ihr etwas mitgebracht. Das bedeutet, dass er am Wochenende an sie gedacht haben muss. Ach herrje … Sie schluckt.
Nikos Hand wandert über die Tischplatte. Als er sie öffnet und wieder wegzieht, sitzt eine hellbraune Figur vor Carlotta. Eine Künstlerpuppe aus Holz, wie man sie manchmal im Kunstunterricht verwendet, nur viel kleiner. Jemand hat ihr mit einem Filzstift Knopfaugen ins Gesicht gemalt. Auf ihrer hölzernen Brust prangt ein kleines Herz.
Wie süß ist das denn! Ob Niko die Figur so verziert hat? Carlotta tippt den kleinen Kerl an.
„Das ist Woody“, flüstert Niko ihr zu.
„Cool!“, grinst Carlotta. „Hast du das Herz und die Augen aufgemalt?“
„Yep“, antwortet Niko. „Ich finde, es macht ihn irgendwie menschlicher. Er gibt übrigens ein ziemlich gutes Fotomodell ab. Ist vielleicht mal was anderes, als
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