Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
Hat er nicht gesagt, dass es nicht ganz legal ist?
Carlotta muss grinsen. Sie überlegt, ob sie einen neuen Ordner anlegen soll, einen Niko-Ordner. Klar, warum nicht? Vielleicht schickt er ihr jetzt öfter Fotos.
Sie schreibt einen kurzen Antworttext:
Danke für die Sonne!
Ich überleg’s mir, okay?
Carlotta
Ehe sie auf Absenden klickt, grübelt sie. Ist die Nachricht zu kurz? Zu lang? Zu unromantisch? Hm, gar nicht so einfach …
Sie setzt einen kleinen Smiley hinter ihren Namen. Damit sieht die Mail gleich ein bisschen netter und persönlicher aus. Dann schickt sie sie ab, bevor sie es sich noch einmal anders überlegen kann.
In ihren Ohren fiepst es. Weg ist weg. Zurückholen geht nicht.
Ob Niko vielleicht auch gerade an seinem Computer sitzt? Ob er ihre Mail sofort liest?
Hätte sie ein Foto mitschicken sollen?
Und überhaupt, was hat sie sich eigentlich dabei gedacht? Ich überleg’s mir … Heißt das jetzt, dass sie ernsthaft darüber nachdenkt, sich heimlich mit Niko aus dem Schloss zu schleichen, um Fotos zu schießen? Nee, oder? Oder doch?
Sie stützt die Ellbogen auf den Schreibtisch, vergräbt ihr Gesicht in den Händen und stöhnt laut auf.
„Was ist jetzt schon wieder los?“, erkundigt Manu sich.
Sofie unterbricht ihre Träumereien und schaut verwirrt auf.
„Immer noch nix“, antwortet Carlotta matt und schiebt sich schnell eine Ladung Frustbärchen in den Mund. „Ich sag schon Bescheid, wenn was sein sollte.“
Am Donnerstagnachmittag traben die Freundinnen durch den Park. Es ist Viertel vor fünf.
„Noch fünfzehn Minuten bis zur ersten und allerletzten Tanzstunde meines Lebens!“ Manu kickt einen Stein vom Weg.
Carlotta blinzelt in die Sonne. Viel lieber, als die nächsten zwei Stunden in der Gymnastikhalle zu verbringen, würde sie jetzt irgendwo am See sitzen. Vielleicht etwas lesen und anschließend ein paar Gummibärchenfotos machen. Oder einfach nur träumen und das herrliche Wetter genießen.
Ein lauter Ruf, gefolgt vom rostigen Quietschen einer Fahrradbremse, reißt sie unsanft aus ihren Gedanken.
„Hi, ihr drei!“
Carlotta, Sofie und Manu drehen sich auf dem schmalen Weg um und bleiben stehen.
„Hi, Jonas!“ Carlotta freut sich, den Sohn des Hausmeisters zu sehen. Seit das Schuljahr angefangen hat, haben sie sich kaum gesehen. Und wenn sie sich doch mal zufällig über den Weg gelaufen sind, waren sie irgendwie immer im Stress und hatten nicht viel Zeit zum Quatschen.
„Was geht ab?“ Jonas pustet sich eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn.
Seine Haare werden immer länger, stellt Carlotta fest. Aber es steht ihm. Genau wie das freche Grinsen, bei dem seine Schneidezähne aufblitzen. An einem davon fehlt eine kleine Ecke. Jonas hat ihr mal erzählt, dass er als kleiner Junge über einen Fahrradlenker geflogen ist und sich dabei den Zahn abgebrochen hat. Er hat nicht vor, es richten zu lassen. Er betrachtet es als eine Art persönliches Markenzeichen – genau wie die Angel, die er in der Hand hält.
„Wir haben gleich Tanzstunde.“ Carlotta verkneift sich ein Lachen. Jonas’ Gesicht spiegelt blankes Entsetzen wider.
„Du meinst Walzer, Tango und so was? Ist das dein Ernst? Ist das freiwillig oder gibt’s dafür Sonderurlaub?“
„Weder noch“, antwortet Manu. „Wir werden unter Androhung schrecklicher Konsequenzen dazu gezwungen, weil es für unseren weiteren gesellschaftlichen Lebensweg gut sein soll!“
Jonas prustet.
Sofie schaut in die Ferne und lächelt, als ginge das alles sie nichts an. Im Gegensatz zu Manu fiebert sie dem Tanzkurs seit Tagen entgegen und kann es kaum erwarten, die ersten Grundschritte einzustudieren. Carlotta vermutet, dass sie sich bereits an der Seite von Julian durch den Tanzsaal schreiten sieht. Sogar ein Ballkleid hat sie sich schon ausgesucht. Sie hat es in einer der Modezeitschriften entdeckt, die sie regelmäßig liest, und ihrer Patentante in Belgien sofort den Auftrag gegeben, es zu besorgen. Das Kleid ist ein echter Traum in Weiß, mit sehr viel Spitze, Tüll und einem tiefen Ausschnitt. Manu wäre fast kollabiert, als Sofie ihr das Bild gezeigt hat. Carlotta fand es dagegen genau richtig für Sofie.
„Sorry, wir müssen uns ein bisschen sputen“, sagt Carlotta zu Jonas und zupft gleichzeitig Sofie am Ärmel, um sie aus ihrer verträumten Starre zu lösen. „Sonst kommen wir zu spät.“
„Hey, können wir nicht tauschen?“, wendet Manu sich an Jonas. „Du gehst für mich zum Tanzunterricht und
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