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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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je gesehen habe.
    «Viel Arbeit heute?» fragte ich
Roz.
    «Nicht unbedingt», erwiderte
sie. Jedenfalls glaube ich, daß sie das sagte. Sie sprach undeutlich wegen der
Peanutbutter.
    «Willst du ein paar Scheinehen
verdienen?»
    «Heute?»
    Manchmal ist sie so
durchtrieben wie eine Heftzwecke. Ich nehme es ihr nicht übel. Sie ist
mindestens zehn Jahre jünger als ich und hat wahrscheinlich Fernsehen und
Marihuana schon mit der Muttermilch eingesogen. Wenn sie das Haus putzt, singt
sie Fernsehwerbesprüche. Andererseits kann sie wirklich gut malen, wenn ihr
danach zumute ist: wilde abstrakte Ölbilder, mit viel Farbe und Energie
gespachtelt. Ab und zu malt sie auch erstaunlich feinsinnige Aquarelle.
    «Ja», sagte ich, «heute. Hast
du andere Pläne?»
    «Lemon kommt vorbei.»
    Ha, dachte ich, du meinst wohl
eher, Lemon ist hier. Ich bin Detektivin, vergiß das nicht. Sein Lieferwagen
steht noch immer auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ob sie wohl dachte,
ich würde für zwei Personen mehr Miete verlangen, oder sich einbildete, ich
wäre empört über seinen nächtlichen Aufenthalt? Das würde mich sehr kränken.
Schließlich bin ich nicht so altmodisch, und tugendhaft bin ich auch nicht
gerade. Ich tröstete mich mit der Erinnerung an das lustvolle Ächzen und
Stöhnen letzte Nacht. Wenn Roz wirklich Lemon geheimhalten wollte, hätte sie
ihren lauten Sinnenrausch bestimmt gedämpft.
    «Wenn er Kohle braucht», sagte
ich, «kann er mitmachen.»
    «Großartig», brummte sie durch
die Peanutbutter. «Worum geht’s denn?»
    «Zieh Arbeitsklamotten an. Und
nimm Gummihandschuhe mit.»
    «Gummihandschuhe?» wiederholte
sie. «Was Unangenehmes?»
    «Ein Putzjob. Im Haus einer
Klientin.»
    «50 Prozent Aufschlag für einen
Putzjob, wenn es nicht gerade dieses Haus ist», sagte sie. Sie ist sehr helle,
wenn’s um Geld geht.
    «Gut», sagte ich. Ich saß ja
auf einer Menge Geld fest. Ich gab ihr Margarets Adresse, ließ sie sie
aufschreiben. Mit Adressen hat sie ihre Probleme.
    «Nimm deine Kamera mit», sagte
ich, «und mach Aufnahmen, bevor du irgend etwas anrührst. Für die Versicherung,
klar?»
    Roz strahlte. Sie fotografiert
nur zu gern. Sie hat den alten Kartoffelkeller unten im Haus in eine
Dunkelkammer umgewandelt, in der sie manchmal Tage verbringt, um nur für einen
gelegentlichen Happen Peanutbutter nach oben zu kommen.
    «Kein Kunstschmus, Roz», warnte
ich sie. «Für eine grundseriöse Versicherungsgesellschaft. Und im Haus ist eine
Riesenschweinerei. Am besten bittest du Lemon, mit seinem Lieferwagen
mitzukommen, damit ihr Zeug wegschaffen könnt.»
    «Okay.»
    «Und nimm Müllsäcke mit.»
    «Müllsäcke, Gummihandschuhe und
eine Kamera», sagte sie. «Lemon wird seine helle Freude haben.»
    «Laß das Wessonöl zu Hause»,
riet ich.
    Sie kicherte.
    «Hör zu, Roz, jetzt mal
ernsthaft: Hier ist der Schlüssel für die Haustür, und wenn irgendjemand
klingeln sollte, schau ihn dir erst an, bevor du öffnest. Die Dame, die dort
wohnt, ist in irgendeine dicke Sache verwickelt, und ich möchte nicht, daß du
etwas riskierst.»
    «Lemon und ich —»
    «Ich weiß, daß ihr beiden jeden
Arsch mit Fußtritten um den Block treiben könnt, aber gegen eine Knarre könnt
ihr so nicht an, es sei denn, sie lassen euch nahe genug an sich heran.»
    «Okay», sagte sie, «ich passe
auf.» Sie stellte die Peanutbutter in den Kühlschrank zurück. Frühstück
beendet. Ich fragte mich, wovon sich der arme Lemon wohl ernährte. «Übrigens»,
sagte sie, «hatte ich dir gesagt, daß dieser Typ wieder hier war?»
    «Hm?» Manchmal habe ich
ebenfalls eine lange Leitung.
    «Dieser Typ, mit dem du zur
Schule gegangen bist.»
    «Zur Schule», echote ich. «Wo?»
    «Weiß ich nicht. Ich dachte,
vielleicht die Uni von Massachusetts, aber andererseits war er dafür irgendwie
zu gut gekleidet.»
    «Hast du uns zusammen gesehen?
Hier?»
    «Nein.»
    «Hat er seinen Namen genannt?»
    «Hat er. Warte mal. Smith.
Roger Smith. Hast du denn den Zettel am Kühlschrank nicht gesehen?»
    Wir starrten beide auf den
Zettelwald an der Kühlschranktür. Höchste Zeit für einen kleinen Putztag im
eigenen Haus, dachte ich im stillen.
    «Aha, also Roger Smith», sagte
ich schließlich.
    «Wirklich netter Typ», sagte
sie. «Geht ihr zusammen, oder was?»
    «Nicht daß ich wüßte», sagte
ich.
    «Hm?» Jetzt war die Reihe an
ihr, bestürzt dreinzublicken.
    «Ich kenne niemanden, der Roger
Smith heißt, und ich bin nie mit jemandem namens Roger

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