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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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Privilegien der männlichen Gianellis
fahrenlassen.
    «Glaubst du, er gibt dir
Einblick in alles, was er vorhat?» fragte ich.
    «Er wird dies nicht gut
finden.»
    «Er braucht es ja nicht zu
wissen.»
    «Ja, ganz einfach.»
    «Wenn wir in der Scheiße
sitzen, sagst du ihm, ich hätte dich angelogen, Gloria. Erzähl ihm, ich hätte
das Zeug gestohlen .»
    «Klar, Kleine, so wird’s
gemacht.»
    Irgendwie hatte ich nicht das
Gefühl. Wir schenkten uns gegenseitig ein frostiges Lächeln, das sich
allmählich vertiefte, bis es richtig war, und dann nahm ich noch eins von
Glorias Hühner-Nuggets, sozusagen als Friedenspfeife. Es schmeckte wie
gebratener Teig.
    «Weißt du, das ist vielleicht
gar keine schlechte Idee», sagte ich.
    «Was?»
    «Für euch zu fahren.»
    « Was? »
    Taxi Nummer 403 wurde frei und
rief die Zentrale. Die Stimme des Fahrers war ein wenig heiser und verzerrt,
aber ich glaubte Sean Boyle zu erkennen. Gloria informierte ihn, daß am Audubon
Court 44 Maudie warte.
    «Im Ernst», sagte ich, «ihr
braucht doch Ersatz für Eugene, nicht wahr?»
    «Ja schon, aber —»
    «Wenn jemand Fragen stellt, sag
einfach, ich würde für ein Weilchen zurückkommen, weil ich es allein nicht so
ganz schaffe.»
    «Sam hat’s dir abgekauft»,
sagte sie. «Hat dir schon mal jemand gesagt, daß du eine hervorragende Lügnerin
bist?»
    «Dauernd.»
    «Dann brauchen wir gar nicht zu
erzählen, du schafftest es nicht als Privatdetektivin.»
    «Brauchen wir nicht zu
erwähnen.» Ich erwärmte mich für die Idee. «Als Insider kann ich mir ein Bild
machen. Wer miteinander redet, miteinander trinkt.»
    «Das normale Mäuschenspiel.»
    «Eher ein Kakerlakenspiel, in der Bude. Ich kenne mich ja aus, wäre also keine Belastung», sagte ich heiter. Wenn
ich meine eigene Taxe hatte, konnte ich alle Funksprüche abhören.
    Taxi 827 meldete sich und
erhielt neue Anweisungen. Die Vormerkungen nahmen langsam ab, die
Schaltlämpchen blinkten, der Regen hielt an.
    Während Gloria ihre Truppe
verteilte, schob ich Sams Karte in meine Tasche. Ich hatte gedacht, ich hätte
es unauffällig getan, aber Gloria warf mir einen ihrer erhabenen Buddhablicke
zu. Dabei hatte ich gar nicht vor, Sam anzurufen. Ich hätte die Karte in den
Papierkorb werfen sollen.
    Gloria brauchte einige Zeit, um
die Spinnweben und Plätzchenkrümel von den Personalakten zu wischen. Dann
diskutierten wir darüber, wann ich mit dem Fahren anfangen sollte, welche
Stunden, ob ich wirklich Fahrgeld kassieren sollte und wenn ja, wieviel ich
verdienen sollte. Ich konnte wieder flüssig werden mit zwei Jobs, die mir beide
bezahlt wurden. Besseres Katzenfutter für T. C., Vogelkörner erster Güte für
den Sittich. Steak.
    Schon beim bloßen Zusammensein
mit Gloria muß ich dauernd an Essen denken.
     
     
     

18
     
    Samstag holte ich Paolina fünf
Minuten früher ab, weil sie nervös wird, wenn ich zu spät komme. Sie kam aus
der Tür gestürmt, mit hinter ihr her wehenden Zöpfen, und rief im gleichen
Atemzug Marta ein Tschüs und mir ein Hallo zu; sie trug Turnschuhe, Jeans und
ein rosa Sweatshirt mit Kapuze und einer doppelten Känguruh-Brusttasche.
    Nachdem sie sich angegurtet
hatte, steckte sie die Hände in den Taschenbeutel, und dann fuhren wir auf der
Fernstraße 2 zur 128 zur 3, während sie mir den neuesten Schulklatsch erzählte.
Wer nett und wer «fresh» war, was soviel wie «cool» bedeutet, wer in war und
wer out. Zehnjährige — zumindest die Straßenkinder aus der Stadt — haben
heutzutage eine Art, Urteile abzugeben, die bei uns, soweit ich mich erinnern
kann, erst in der höheren Schule aufkam. Wissen Sie noch? Die Sportler und die
Streber und die Schläger? Nur daß Paolina sie coole Typen, Freaks und «fresh»
nennt. Glanzpunkte dieser Wochenübersicht waren die Abenteuer eines gewissen
Emanuel Rodriguez, eines zwölfjährigen Schwarms, so «fresh», daß es keine Worte
dafür gab.
    «Er hat sogar diesem blöden alten
Kerl gesagt, er soll abhauen», sagte Paolina stolz.
    «Was für einem blöden alten
Kerl?»
    «Ach nichts. Nur so ein Freak,
der die ganze Zeit auf der Veranda sitzt.»
    «Hat Emanuel dich nach Hause
gebracht?»
    «Wir gehen manchmal zusammen»,
gab sie zu, «mit ein paar von den anderen.»
    «T-Shirt? Ledertasche? Hatte
der Kerl einen Bart?» Zipfelbart kam mir eigentlich nicht gerade alt vor, aber
für eine Zehnjährige ist jeder uralt.
    «Ja.»
    Ich atmete tief aus und ein.
«Hör zu, sag Emanuel, er soll sich von ihm

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