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Caroline und der Bandit

Caroline und der Bandit

Titel: Caroline und der Bandit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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ungerechterweise
beschuldigt worden. Er sah die Tränen in ihren Augen. Sie werden ihn
hängen!
    »Vermutlich
verdient er es«, knurrte Guthrie, während er sich unruhig von einer Seite auf
die andere rollte und an die Zeitungsartikel dachte, die er über den Prozeß in
Laramie gelesen hatte. Flynn war noch immer dort und erwartete seine Hinrichtung.
    Ärgerlich
schloß Guthrie die Augen und rechnete damit, noch Stunden wach zu liegen, aber
merkwürdigerweise schlief er sofort ein und kehrte nach Nordpennsylvania
zurück, hinter den hohen Stacheldrahtzaun von Slaterville, einem provisorischen
Gefangenenlager der Yankees ...
    Die
Bajonettwunde in
seiner Seite brannte und schmerzte. In der stinkenden Dunkelheit, die ihn
umgab, konnte er andere Männer hören, einige stöhnten, andere weinten, und
einige schrien vor Schmerzen oder gefangen in einem Alptraum.
    »Guthrie.«
Das heisere Flüstern kam von direkt neben ihm, und unwillkürlich verspannte er
sich und versuchte, den Kopf von seinem Strohlager zu erheben. Aber die
Anstrengung war zu groß.
    Eine Hand
berührte seine Schulter und rüttelte ihn sanft. »Gutbrie, du bist es doch,
nicht wahr?«
    Trotz
allem, trotz der Schmerzen, seiner Hilflosigkeit und des Fiebers, das in ihm
brannte, grinste Guthrie. Die Stimme gehörte Jacob McTavish, der ihm fast so
etwas wie ein Bruder war. Er und
Jacob waren zusammen auf der McTavish Plantage in Virginia aufgewachsen, wo
Guthries Vater als Erntearbeiter beschäftigt gewesen war.
    Dank der
christlichen Einstellung von Jacobs Mutter war Guthrie gemeinsam mit ihren
beiden Söhnen auf der Plantage erzogen worden.
    »So, hier
versteckst du dich also, du Yankeeliebhaber«, brachte Guthrie mühsam heraus.
»Dem letzten Brief von zu Hause nach zu urteilen, halten deine Mama und dein
Papa dich für tot.« Jetzt, da seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt
hatten, erkannte er Jacobs große, hagere Gestalt.
    »Ich bin so
gut wie tot, wenn wir nicht bald von hier verschwinden«, flüsterte Jacob.
»Einer der Aufseher, ein Sergeant Pedlow, hat es auf mich abgesehen. Letzte
Woche hat er einen Mann aus Tennessee gebrandmarkt.«
    Guthrie
schloß die Augen vor der Vorstellung und murmelte eine Verwünschung. »Versuch,
dem Kerl aus dem Weg zu gehen«, sagte er, als ein Mondstrahl durch eine Ritze
in der Wand fiel und seinen Freund in seinen silbernen Schein tauchte.
»Vielleicht ist es dir nicht aufgefallen, Jake, aber mein Zustand erlaubt mir
leider nicht, über einen Stacheldrahtzaun zu klettern – mit fünfzig
Yankeegewehren im Rücken.«
    Jacob fuhr
sich mit der Hand durch sein rotbraunes Haar. »Ich sah, daß du verwundet warst,
als sie dich ins Lager brachten, und habe mir die Baracke gemerkt, in der du
untergebracht wurdest. Du hast verdammtes Glück gehabt, daß du nicht in einem
ihrer Feldlazarette gelandet bist.«
    Ein
erstickter Ton kam aus Guthries Kehle, es sollte ein spöttisches Lachen sein,
doch es wurde nur ein Schluchzen. Er glaubte noch immer das Blut zu riechen und
die Schreie zu vernehmen. »Ich war dort«, antwortete er leise. »Sie
behandelten meine Wunde mit Karbolsäure und schickten mich hierher.«
    »Du bist
bei Gettysburg verwundet worden?«
    Guthrie
nickte grimmig. »Glaubst du, es stimmt, was die Yankees sagen – daß sie General
Lee in die Flucht geschlagen haben und der Krieg fast vorüber ist?«
    Jacob zuckte
mit den Schultern. »Für dich und für mich ist er vorbei«, erwiderte er, »es sei
denn, es gelänge uns zu fliehen. Wenn Sergeant Pedlow seinen Willen durchsetzt,
sehe ich mein Zuhause jedenfalls nicht wieder.«
    Alles in
Guthrie begehrte auf gegen die hilflose Lage, in der er sich befand, aber er
besaß nicht einmal die Kraft, sich zu bewegen. »Warum haßt er dich denn so?«
    »Was
glaubst du? Weil ich ein Rebell bin.«
    Guthrie
seufzte. »Geh dem Sergeanten aus dem Weg, Jake«, riet er. »Ich werde
nachdenken. Vielleicht fällt mir etwas ein.«
    »Ich gehe
jetzt lieber«, sagte Jacob, und aus seiner Stimme klang die gleiche
Mutlosigkeit, die Guthrie selbst empfand. Nachdem er seinem Freund noch einmal
kurz die Hand auf die Schulter gelegt hatte, verschwand Jacob in der Dunkelheit.
    Guthrie lag
still im Stroh und hörte, wie ein Mann sich ganz in der Nähe übergab. Zu dem
allgemeinen Geruch nach Schweiß und Leid und verfaulendem Fleisch gesellte sich
nun auch noch der durchdringende Gestank von Erbrochenem.
    Mrs.
McTavish, Jacobs fromme Mutter, hat recht gehabt, dachte Guthrie. Es gab doch
so

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