Caroline und der Bandit
unter ihnen eine kleine Hütte
auftauchte, aus deren Kamin Rauch aufstieg. Neben der Hütte waren eine Scheune,
ein Brunnen und die Anfänge eines Gemüsegartens zu erkennen. Auf einer Wiese
in der Nähe grasten Rinder und Schafe.
Vor der
Hütte warteten geduldig zwei Pferde. Es sah alles sehr harmlos aus, und
Caroline freute sich schon, mit jemand anderem als Guthrie sprechen zu können,
aber als sie den Hügel hinabreiten wollte, hielt er sie am Zügel ihres Pferds
zurück.
»Psst!«
zischte er, und sogar Tob, der normalerweise gebellt hätte, verhielt sich
still.
Rauhes
Gelächter drang durch die Bäume zu ihnen herauf, und Caroline stellte
stirnrunzelnd fest, daß die Tür der Hütte offenstand. Das war merkwürdig, weil
die meisten Frauen nicht gern Fliegen ins Haus ließen. Und es lebte eine
Frau in dieser Hütte; Caroline konnte ihre Unterwäsche auf der Wäscheleine
sehen.
»Was ist
los?« flüsterte sie.
Guthrie
schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Aber irgend etwas stimmt hier nicht.«
Kaum hatte
er diese Worte ausgesprochen, als ein gellender Schrei erklang und in der Hütte
zwei Schüsse abgefeuert wurden. Die beiden Pferde, die draußen angebunden
waren, scheuten und wieherten nervös.
Caroline
hob betroffen eine Hand an ihre Kehle.
Guthrie zog
das Gewehr aus der Hülle und lud es. Ohne Caroline anzusehen, befahl er: »Bleib
hier.«
Sie saß wie
erstarrt im Sattel und schaute Guthrie nach, der schnell den Hügel
hinunterritt. Wieder erklang rauhes Gelächter aus dem Haus, und wieder schrie
die Frau.
Caroline
preßte die Augen zusammen und betete: Lieber Gott, hilf dieser armen Frau!
Und bitte mach, daß Guthrie nichts geschieht!
Bevor sein
Pferd zu einem Halt gekommen war, glitt Guthrie schon aus dem Sattel und rannte
– das Gewehr in beiden Händen – durch das hohe Gras auf das Haus zu.
Als er die
halb angelehnte Tür erreichte, stieß er sie mit der Stiefelspitze auf.
Sofort
erklang ein Schuß, und Caroline sah voller Entsetzen, daß Guthrie
zurücktaumelte. Er war getroffen worden!
Seine
Warnung in den Wind schlagend, machte sie sich auf den Weg in die Schlucht,
aber da richtete Guthrie sich schon wieder auf, richtete das Gewehr auf die Tür
und gab zwei Schüsse ab. Die aufgeschreckten Pferde der Banditen rissen sich
los und stürmten in wildem Galopp davon.
Caroline
fiel mehr aus dem Sattel, als daß sie absaß, und rannte mit fliegenden Zöpfen
auf Guthrie zu. »Gutbrie!« schrie sie, als sie den großen Blutfleck sah, der
sich vorn auf seinem Hemd ausbreitete.
»Verdammt,
bleib doch zurück!« schrie er sie an.
Caroline
hörte nicht auf ihn, und als er vorsichtig die Hütte betrat, war sie dicht
hinter ihm.
Zwei Männer
lagen tot auf dem Fußboden, während eine blonde Frau in Carolines Alter
zitternd in einer Ecke am Kamin kauerte. Ihr schlichtes Kattunkleid war vorn
zerrissen, und sie starrte mit großen leeren Augen zu Guthrie auf.
Caroline
stieg über die toten Banditen und hockte sich neben die Frau. »Es ist alles
gut«, sagte sie sanft und legte ihren Arm um die
zuckenden schmalen Schultern. »Wir tun Ihnen nichts, haben Sie bitte keine
Angst.«
Guthrie
hatte sein Gewehr an die Wand gestellt. Eine Hand auf seine verletzte Schulter
gepreßt, starrte er mit einem Gesichtsausdruck auf die toten Männer herab, den
Caroline nicht deuten konnte. Sie wußte nur, daß es nicht das erste Mal war,
daß er ein Menschenleben ausgelöscht hatte.
Sie drückte
die Hand der Frau und richtete sich auf. »Laß mich die Wunde sehen«, sagte sie
zu Guthrie.
Er schaute
sie noch einen Moment mit diesem merkwürdig geistesabwesenden Blick an, als
würde er sie nicht erkennen, dann begann er zu schwanken. Caroline war sofort
an seiner Seite und ergriff seine Schultern.
Doch
Guthrie schob sie schweigend fort, packte einen der toten Männer am Hemd und
schleifte ihn aus der Hütte. Dann wiederholte er den Vorgang mit der zweiten
Leiche. Als er danach in die Hütte zurückkam, war er wachsbleich, und Caroline
befürchtete, daß er schon zuviel Blut verloren hatte.
Sie drückte
ihn auf einen Stuhl am Tisch, knöpfte mit zitternden Händen sein Hemd auf und
schob es vorsichtig beiseite.
Beim
Anblick der Wunde wurde ihr schwindlig, und die Galle stieg ihr in die Kehle.
Doch sie schluckte tapfer, schloß die Augen und flehte um Kraft. Dann wandte
sie sich entschlossen zu der Frau um, die aufgestanden war und – beide Hände
vor den Mund gepreßt – mit schreckgeweiteten Augen
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