Caroline und der Bandit
war. Er würde sterben, wenn sich nicht
bald ein Arzt um ihn bemühte, und es gab bestimmt keinen im Umkreis von fünfzig
Meilen.
»Was soll
ich nur tun?« flüsterte sie verzweifelt und lehnte ihre Stirn an Guthries. Sie
war glühendheiß.
Die Antwort
war klar. Wenn sie William nicht überreden konnte, einen Arzt zu holen, mußte
sie es selber tun. Allein.
Sie hatte
sich gerade dazu entschlossen, als Penny und William zurückkamen. Er wirkte
schockiert und erschüttert, während seine Frau sich schon etwas besser zu
fühlen schien. Aber sein Gesichtsausdruck wurde weicher, als er seinen Hut
aufhing und sich dem Bett näherte.
»Mr. Hayes
braucht dringend einen Arzt«, sagte Caroline.
William
nickte. »Ja«, stimmte er seufzend zu. »Penny sagte mir, Sie hätten angefangen,
Gräber auszuheben. Ich werde die Kerle begraben und dann Doc Elkins holen. Ich
glaube nicht, daß er ein richtiger Arzt ist, aber er verarztet schon sehr lange
Pferde und Menschen.«
Caroline
wollte widersprechen und den besten Arzt der Welt verlangen. Aber sie wußte,
daß Doc Elkins besser war als gar kein Arzt, selbst wenn er nur ein Tierarzt
war.
Guthrie
ging es von Stunde zu Stunde schlechter. Er war in Schweiß gebadet und warf
sich unruhig auf seinem Lager hin und her. Ab und zu stieß er eine Serie
verzweifelter Worte aus, von denen das einzig verständliche > Annie < war.
Es war
früher Nachmittag, als William die Banditen begraben hatte und sein Pferd
sattelte, um Doc Elkins zu holen. Er befahl den Frauen, bis zu seiner Rückkehr
bei verriegelter Tür im Haus zu bleiben und sorgte dafür, daß Guthries Gewehr
und Colt geladen waren.
Als der
Abend kam und Penny und Caroline bei einem schlichten Essen saßen, stieg
Guthries Fieber. Und da Miss Phoebe und Miss Ethel immer behauptet hatten, es
stürben mehr Menschen in der Nacht als tagsüber, hatte Caroline große Angst.
Sie war
schon in Begriff, mit nassen Tüchern Guthries Temperatur zu senken, als sie
plötzlich merkte, daß kein Wasser mehr da war.
Resolut hob
sie den Eimer auf und ging zur Tür.
»William
sagte, wir sollten im Haus bleiben«, warnte Penny sie besorgt.
»Ich bleibe
nicht lange«, erwiderte Caroline, löste den Riegel und ging hinaus, ohne Tob,
der vor dem Ofen lag, mitzunehmen. Weder Mond noch Sterne waren sichtbar, und
von den Bergen wehte ein eiskalter Wind. Fröstelnd machte sie sich auf den Weg
zum Brunnen.
Ein altes
Lied summend, um sich Mut zu machen, ließ Caroline den Eimer in den Schacht
hinab und zog ihn rasch wieder herauf. Als sie umkehrte, um zum Haus
zurückzugehen, stieß sie fast mit Seaton Flynn zusammen.
Das Herz
blieb ihr fast stehen, als sie aufschaute und im schwachen Licht, das aus dem
Hüttenfenster fiel, Seatons Züge erkannte.
Er lächelte
und packte sie an den Schultern; der Eimer rutsche Caroline aus der Hand, und
das Wasser ergoß sich über ihren Rock und ihre Füße.
»Schön, daß
du so verliebt in mich bist, um mir bis Cheyenne zu folgen«, sagte Seaton.
Caroline
schrie, aber es lag fast ebensoviel Empörung in dem Schrei wie Angst. Losreißen
konnte sie sich nicht, da er sie eisern festhielt, und so wandte sie den Kopf
und biß ihn so fest in die Hand, bis sie Blut auf ihren Lippen spürte.
Seaton
heulte auf vor Wut und Schmerz und zog die Hand zurück, um Caroline zu
schlagen, aber im letzten Augenblick überlegte er es sich anders und riß sie zu
einem leidenschaftlichen Kuß in die Arme. Caroline zappelte und trat gegen
sein Schienbein, aber als sie davonrennen wollte, griff er nach ihrem langen
Haar und zerrte sie daran zurück.
Wieder
stieß Caroline einen gellenden Schrei aus, weil sie jetzt wußte, daß er sie
entweder mitnehmen oder ihr Gewalt antun und sie vielleicht sogar töten würde.
Er
schleuderte sie hart gegen die Brunnenmauer. »Du Biest!« fuhr er sie an. »Wenn
ich mit dir fertig bin, wirst du wünschen, nie geboren zu sein!«
Als er
versuchte, sie in der gleichen brutalen Weise zu küssen wie zuvor, erklang ein
Schuß, und Seaton zuckte zusammen und preßte fluchend eine Hand auf seinen
Oberschenkel. Caroline nutzte die Gelegenheit und ergriff die Flucht.
Es war
Penny, die geschossen hatte. Sie stand in der Hüttentür, Guthries Colt in
beiden Händen und zielte noch immer auf Seaton.
Caroline
stieß sie ins Haus, verriegelte die Tür und schnappte sich Guthries Gewehr.
Doch dann, als sie ans Fenster trat, sah sie Seaton mit blutendem Oberschenkel
sein Pferd besteigen und davonreiten.
»Er
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