Caroline und der Bandit
gütigen
alten Augen auf Caroline zu richten. »Ich kann Ihre Frage nicht beantworten,
Madam. Ich kann Ihnen höchstens versprechen, mein Bestes zu tun, damit er
überlebt.«
Caroline
nickte bedrückt.
»Ich
brauche heißes Wasser«, wandte der Doc sich an William, der sofort hinausging,
um es zu holen. »Zuerst müssen wir die Wunde reinigen und dann versuchen, sie
zu schließen. Es wird eine häßliche Narbe zurückbleiben – falls er die Nacht
überhaupt überlebt.«
Caroline
schluckte. »Er wird nicht sterben!« sagte sie beschwörend zu dem Arzt, zu sich
selbst und zu Gott. »Er will in seiner Mine arbeiten, er will ein Haus bauen
und Kinder haben ...«
Der alte
Mann lächelte traurig. »Ich werde mein Bestes tun«, versicherte er ihr. Als er
seine Hände gewaschen hatte, setzte er sich von neuem neben Guthries Bett.
»Es wird schmerzen,
fürchte ich«, warnte er seinen bewußtlosen Patienten, »aber es wird Sie auch
daran erinnern, daß Sie noch am Leben sind, und das ist immerhin schon etwas.«
Dann wandte
er sich an Caroline. »Sprechen Sie mit ihm, während ich arbeite«, forderte er sie
auf. »Sagen Sie ihm, warum er nicht sterben darf und warum er noch gebraucht
wird.«
Caroline
kniete sich auf die Matratze und nahm Guthries Kopf auf ihren Schoß. »Ich liebe
dich, Guthrie Hayes«, begann sie. »Hörst du mich? Ich liebe dich. Ich
möchte für dich kochen, deine Socken stopfen und deine Babys zur Welt bringen.
Aber ich kann nichts von all dem tun, wenn du auf irgendeiner Wolke schwebst
und Harfe spielst.«
Als sie den
Arzt leise lachen hörte, unterbrach sie sich einen Moment. »Es gibt eine Menge
netter Leute im Himmel«, fuhr sie dann fort,
»aber hier auf der Erde fehlen uns oft welche. Deshalb mußt du bleiben,
Guthrie.« Sie küßte seine Stirn. »Bitte, bleib! Ich schwöre dir, daß ich dich
jedes Essen bezahlen lasse, und ich widerspreche dir nur noch, wenn ich es
absolut nicht verhindern kann.«
Guthrie
stöhnte, als der Arzt die Naht öffnete und die Wunde zu reinigen begann. Es war
ein schmerzhafter Prozeß, sowohl für Guthrie als auch für Caroline, aber falls
die Entzündung in der Wunde blieb, mußte der Patient sterben.
Endlich, es
schienen Stunden vergangen zu sein, floß frisches, sauberes Blut aus Guthries
Wunde. Caroline hob den Kopf von seiner Schulter und schaute den Arzt fragend
an.
»Jetzt
kommen wir zum schlimmsten Teil«, meinte der alte Mann bedauernd. »Wir müssen
die Wunde ausbrennen, und das wird er spüren. Der durch den Schmerz ausgelöste
Schock wird bei ihm entweder einen Herzstillstand verursachen oder unseren
Patienten so in Wut bringen, daß er bereit ist, um sein Leben zu kämpfen.«
Carolines
Kehle war so eng, daß sie fast nicht atmen konnte. Mit entsetzten Augen sah sie
zu, wie Doc Elkins eine Flasche aus seiner Arzttasche holte.
»Was ist
das?«
»Säure«,
antwortete der alte Mann. »Es brennt ganz höllisch, aber es ist unsere einzige
Hoffnung, daß die Infektion nicht wiederkommt.«
Caroline
schluckte. »Er ist bewußtlos«, murmelte sie tapfer. »Er wird es nicht spüren.«
»Doch, das
wird er, fürchte ich«, entgegnete der Arzt. »Könnten Sie ihm nicht etwas geben?
Morphium oder Laudanum?«
Doc Elkins
schüttelte den Kopf. »Ich habe Fälle erlebt, wo Morphium einen Herzstillstand
bewirkt hat«, erwiderte er. »Aber ich lasse Ihnen für später etwas Laudanum
da.«
Caroline
nahm Guthries Kopf in beide Hände und lehnte ihre Stirn an seine. Im gleichen
Augenblick, wo die Säure Guthries offene Wunde traf, stieß er einen gequälten
Schrei aus, der noch lange, nachdem er verstummt war, in Caroline nachhallte.
Der Arzt
legte ihr die Hand auf die zitternde Schulter. Ihre Kleider waren
schweißdurchtränkt, als hätte sie Holz gehackt statt Krankenwache an einem Bett
zu halten. »Beruhigen Sie sich, Miss. Das Schlimmste ist vorbei. Wir geben ihm
jetzt eine anständige Dosis Laudanum und lassen ihn ruhen.«
Caroline
küßte Guthries Stirn und richtete sich müde auf. »Was bin ich Ihnen schuldig?«
fragte sie den Arzt.
Er nannte
ihr sein Honorar, und Caroline holte das Geld aus ihrer Reisetasche. Doc Elkins
trank einen Whiskey mit William und ging dann zur Scheune hinaus, um dort zu
schlafen. Erst da merkte sie, daß Penny auf ihren zusammengestellten Sesseln am
Kamin längst eingeschlafen war.
»Wie spät
ist es?« erkundigte Caroline sich bei William.
»Halb
vier«, meinte er nach einem Blick auf seine Taschenuhr. »Sie sollten auch
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