Caroline
Was ich die da immer alles reintragen sehe …«
»Aber als Sie wegwollten …«
»Ja, das meinte ich damit, dass man ihr nie etwas recht machen kann. Ich bereite also das Gästezimmer vor und denke, wenn ich sowieso erst am Freitag wiederkomme, kann ich doch den Rest jetzt noch erledigen. Gegen zwölf Uhr war ich fertig. Ich will gerade auf mein Mofa steigen, da kommt sie angefahren. Sie lässt das Mädchen im Auto sitzen und marschiert wütend auf mich zu: ›Ich hatte doch gesagt, dass Sie nach Hause gehen sollen!‹ Da gibt man sich alle Mühe und steht da mit seinem gewaschenen Hals. Ich dachte, rutsch mir doch den Buckel runter, und steige auf mein Mofa. Ich seh das Mädchen im Auto und denke noch, was soll denn der Unsinn, wenn sie heimlich lesbisch geworden ist, kann sie doch was Besseres finden als dieses hässliche Entlein, die hat doch Geld genug für ein paar von den Weibern aus dem Fernsehen, die Kees abends immer sabbernd beglotzt.«
Ich lachte. »Aber am Freitag war Carla wieder weg?«
Wieder nickte sie. »Ich wusste nicht, dass sie so heißt, aber sie ist auf jeden Fall gut erzogen, denn das Gästezimmer war ordentlich aufgeräumt und die Bettwäsche schon in der Waschmaschine.«
»War Mevrouw Larue zu Hause, als Sie am Freitag kamen?«
»Ja, sie saß an ihrem Computer und ging nicht in den Verlag. Sie sagte, sie würde eine Woche zu Hause bleiben, weil sie viel Arbeit habe, und sie wolle nicht gestört werden.«
Ich schloss mein Notizbuch, in das ich Strichmännchen gezeichnet hatte. »Was Sie sagen, stimmt mit dem überein, was wir uns schon dachten. Ich glaube, jetzt brauchen wir Mevrouw Larue gar nicht mehr zu belästigen.«
Abfällig bemerkte sie: »Die hat sowieso zu nichts mehr Zeit.«
»Sie hat bestimmt viel Arbeit mit ihrem neuen Buch?«
»Das ist, glaube ich, schon lange fertig. Wann sie daran arbeitet, ist mir ein Rätsel, vielleicht nachts.«
Ich stand auf. »Sie wird doch bestimmt ein bisschen netter geworden sein, seit sie so viel Erfolg hat?«
»Davon merke ich nichts«, erwiderte sie. »Im Fernsehen macht sie einen auf sympathisch, aber ich bekomme noch immer denselben Stundenlohn, und mir gegenüber ist sie so zickig wie eh und je. Ich denke so bei mir: Wenn Geld nicht glücklich macht, warum sollte es dann der Erfolg?«
Die Schriftstellerin verkündete auf ihrem Anrufbeantworter, dass sie abwesend sei. Auch ihr Literaturagent war nicht erreichbar. Seine Sekretärin in Den Haag gehörte zu der Sorte, die nicht gerne zugibt, dass sie über etwas nicht informiert ist, und daher hatte sie natürlich von dem geplanten großen Interview in der Elegance gehört. Doch wir sollten besser später noch einmal anrufen, denn Hedwige Larue und ihr Agent seien in London, wo sie die englische Übersetzung von Ein kleines Geschenk aus der Taufe hoben und dem Verlagshaus Headline eine Manuskriptfassung von Traum eines Mädchens zur Begutachtung anboten.
»Es ist doch das reinste Wunder, dass diese Frau überall auftritt und daneben noch die Zeit findet, gute Bücher zu schreiben«, spottete Nel, als wir in Richtung Gooiland fuhren. »Darüber macht sich niemand Gedanken.«
Es war ein hässlicher Novembertag. Russische Kälte wehte in Böen über das Land. Wir fuhren langsam am verlassenen Haus der Larue vorbei. Der Gärtner würde erst am Freitag wiederkommen, um die letzten Herbstblätter zusammenzurechen, und die Putzfrau hatte heute auch nichts zu tun.
Wir folgten dem Meentweg und fuhren dann eine schmale verlassene Straße entlang durch eine kahle Polderlandschaft mit vereinzelten großen Bauernhöfen. In der Ferne donnerten die Fahrzeuge über die Autobahn von Huizen nach Almere, doch hier war es still. Die Bauern saßen am Ofen, kehrten den Stall, mahlten Futterrüben für die Kühe oder schraubten an ihrem Traktor herum. Alles war besser, als draußen auf dem Feld zu arbeiten.
Wir gelangten an einen schmalen Wasserlauf. Es gab eine Fähre hinüber nach Bunschoten, doch wir drehten, bevor der Fährmann am anderen Ufer auf die Idee kommen konnte, uns abzuholen. Wir fuhren um einen stillen Bauernhof herum, folgten der verlassenen Landstraße und erblickten eine Reihe hoher Bäume und die Masten von Segeljachten.
Es fror noch nicht stark genug, als dass der Matsch gut befahrbar gewesen wäre, und wir rutschten und schlidderten das letzte Stück des unbefestigten Weges entlang. Ich parkte den BMW mit dem Kühler zum Wasser auf einem schmutzigen Kiesstreifen, mehr oder weniger
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