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Caroline

Caroline

Titel: Caroline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Auf meinem Schreibtisch stand eine Tasche, eine Art Werkzeugkoffer, wie auch Nel ihn besaß, mit einem Riemen zum Umhängen und einer Schlaufe, mit dem man ihn an den Gürtel hängen konnte, damit er nicht im Weg war, wenn man durch ein Fenster kletterte. Die Männer sprachen murmelnd miteinander. Ich stand zu weit weg, um sie verstehen zu können, doch der Mann hinter der Rauchwolke nickte und warf Gegenstände in die Tasche, die schon ziemlich voll zu sein schien.
    Der erste Mann schaute in meine Richtung und zielte mit der Waffe auf mich. Es hätte eine Glock 17 oder eine 9 mm Taurus sein können, jedenfalls sah sie mit Schalldämpfer gemein aus. Ich starrte auf das kleine Loch in dem dicken Lauf und dachte, dass dies womöglich das Ende war, von anonymer Hand, und dass die Welt für mich aufhören würde zu existieren. Ich dachte an Nel, die allein war und schwanger. Das war eigentlich das Einzige, woran ich dachte. Ich hatte Angst davor, die Bilanz all dessen, was ich in meinem Leben richtig oder falsch gemacht hatte, präsentiert zu bekommen, oder meine Vergangenheit wie einen Film an mir vorbeiziehen zu sehen, der laut einschlägiger Literatur dem, der Auge in Auge mit dem Tod steht, von einem göttlichen Filmvorführer in Zeitraffer gezeigt wird.
    Dann ging das Licht aus und ich hörte Schritte. Ein schwacher Lichtkegel kam ein Stück auf mich zu, bevor er über die Stufen hinauf ins Wohnzimmer wanderte und von dort aus zum Durchgang zur Küche. Das Licht verschwand im Flur. Meine Füße setzten sich in Bewegung, doch ich erstarrte, als ich unversehens in das grelle Licht einer anderen Taschenlampe getaucht wurde.
    »Wollten wir nicht stehen bleiben?«
    Der erste Mann war noch da. Ich stand im Lichtkegel und spielte Standbild. Der Mann blieb hinter seiner Lampe unsichtbar im Wohnzimmer stehen, auf der anderen Seite der Blumenkästen, drei Meter von mir entfernt. Ich hörte undeutliche Geräusche aus dem Gästezimmer am Deich. Vielleicht waren sie dort durch das Fenster eingestiegen. Wenn ich auf dieser Seite nachgesehen hätte, hätte ich jetzt vielleicht nicht mit den Händen auf dem Rücken auf eine Kugel gewartet. Das Licht ging aus.
    Ich sah nichts, ich war geblendet. Ich glaubte, leise Schritte zu hören, doch das Geräusch wurde vom Zischen des Zeugs übertönt, das dabei war, sich einen Tunnel durch meinen Computer und den Schreibtisch darunter zu fressen und von dort aus womöglich durch den Fliesenboden bis nach Hawaii. Ich vermied es durch die Nase zu atmen und drehte mich nach einer Minute vorsichtig um. Niemand schoss auf mich, als ich die zwei Schritte zurück zur Tür schlich und mit dem Kopf auf den Lichtschalter drückte. Ich sah die Wolke über meinem Schreibtisch und versuchte, meine Handgelenke aus den wie immer gearteten Fesseln zu befreien. Sie waren stark wie Stahl. Mir blieb die Luft weg und ich drehte mich zur Tür. Ich wollte gerade mit dem Ellenbogen den Griff herunterdrücken, als die Tür von selbst auf ging und ich halb nach draußen fiel. Nel fing mich auf, in einer Welle frischer Luft.
    »Max … du meine Güte!«
    Ich roch kalte Luft und den Weichspüler ihres Anoraks und drehte mich um. Sie bückte sich. »Plastikhandschellen, kennst du ja«, sagte sie. »Ich habe leider kein Messer dabei.«
    Wir nannten sie Arme-Leute-Handschellen, doch manchmal hatten auch wir sie benutzt, weil sie absolut reißfest waren und keinen Lärm verursachten. Es waren einfache Plastikbänder mit einem Spezialverschluss. Wurde das Ende durchgezogen und festgeklickt, saß man fest, bis einen irgendjemand mit einem scharfen Messer befreite.
    »Du hast doch einen Feuerlöscher?«, fragte Nel.
    »Im Flur neben dem Heizungskämmerchen. Aber das mache ich. Hol du eine Kneifzange aus dem Carport. Cornelia!«
    Nel schlug meine Befehle in den Wind und war schon im Haus. Ich folgte ihr, die Hände auf dem Rücken. Sie rannte durch das Wohnzimmer, schaltete das Licht ein und verschwand im Flur. Kurz darauf kam sie zurück und versprühte über das Geländer hinweg Schaum auf meinem ganzen Schreibtisch. Der Gestank des Löschmittels vermengte sich mit dem der ätzenden Säure und der schmelzenden Elektronik, und durch das Zischen hindurch hörte ich Nel husten. Ich schwankte zu ihr hinüber. Alles war voller beißendem Qualm, Schaum und Gestank. Ich schubste sie mit der Schulter beiseite. »Los, weg!«
    Endlich ließ sie den Feuerlöscher los und wir flüchteten in die Küche. Nel riss ein Fenster auf und holte

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