Caroline
Thema, über das wir nicht so gerne reden.«
Ich konnte sie schwerlich weiter über Bertus’ Besuch ausfragen. Die Frau mochte ihn und würde ihn durch hartnäckiges Schweigen schützen, wenn sie erführe, was ich hier wirklich wollte. Ich zog eine Art Schlussstrich unter meine Aufzeichnungen auf dem Notizblock. »Soweit ich Ihren Aussagen entnehmen kann, gibt es von Ihrer Seite weder Beschwerden noch Probleme. Sie sind also mit der derzeitigen Situation zufrieden?«
»Aber ja«, sagte sie. »Wir können wirklich nicht klagen.«
»Dann bräuchte ich eigentlich nur noch einen Blick in seinen Wohnwagen zu werfen, bevor ich mich wieder auf den Weg mache.« Ich steckte den Notizblock in meine Tasche und schob meinen Stuhl zurück.
»Wollen Sie gar nicht mit Bertus reden?«
»Die Untersuchung bezieht sich in erster Linie auf die Gastehepaare und die Unterbringung.«
Sie füllte einen Topf mit Wasser. »Ich muss mit dem Mittagessen anfangen, aber Sie können ruhig einen Blick hineinwerfen. Wenn Sie an der Scheune entlanggehen, können Sie ihn gar nicht verfehlen.« Sie schaute zum Fenster hinaus. »Es hat schon ein bisschen aufgehört zu regnen, aber möchten Sie vielleicht trotzdem einen Schirm mitnehmen?«
»Ach, das geht schon so. Brauche ich keinen Schlüssel?«
Sie folgte mir zur Tür. »Der Wohnwagen ist nie abgeschlossen. Wenn Sie nur nicht zu viel Dreck hineintragen, Bertus hält sein Zuhause nämlich immer peinlich sauber.«
Der perfekte Kostgänger.
Ich reichte ihr die Hand und sie schloss die Tür hinter mir. Ich musste einen großen Bogen um Max schlagen, dessen Nackenhaare sich bei meinem Anblick sofort aufstellten. Er zerrte an seiner Kette und vergaß in seiner wutschäumenden Raserei, sich die Zunge durchzubeißen.
Der Wohnwagen stand umgeben von gepflegten Sträuchern hinter dem Wald von Bohnenstangen neben einem alten Schuppen. Es war ein langer grün gestrichener Wagen auf winzigen Rädern und Blöcken, mit einem großen Fenster in der Mitte, Fenstern auf der Vorderseite, einer kleineren Mattglasscheibe dort, wo sich vermutlich das Bad befand, und drei Holzstufen, die zu einer halb verglasten Eingangstür führten. Die Treppe wurde von großen weiß gestrichenen Drenther Findlingen gesäumt. Geranien blühten in Kästen neben der Tür und vor den Fenstern.
Sogar im Regen wirkte der Wagen brav, wie das Domizil eines Menschen, dem die Vögel aus der Hand fraßen, der mit den Blumen sprach und jeden Morgen ein Reuebekenntnis gen Himmel sandte. Ich hatte einen verkommenen, stinkenden Bau erwartet, ein schimmeliges Loch, das ein sabbernder, grenzdebiler Vergewaltiger und Mörder mit Ratten und Kellerasseln teilte. Der Kontrast war beunruhigend, weil sich dahinter die Möglichkeit verbarg, dass Bertus sich vorübergehend als zuverlässiger Waldarbeiter maskiert hatte, um in Ruhe nach neuen Opfern Ausschau zu halten.
Ich vermisste CyberNel, die möglicherweise ihre eigenen Schlüsse daraus gezogen hätte. Doch ich hatte sie nach einer romantischen Nacht in einem Hotel in der Drenther Heide am Assener Bahnhof zum Zug gebracht.
Die Tür war unverschlossen. Dahinter lag eine kleine Diele, von der aus Türen zum Wohnzimmer und zu einer kleinen Toilette führten. An der Garderobe hing ein Mantel, unter dem ordentlich ein Paar Sonntagsschuhe stand. Alles roch nach Seife, geistiger Volksgesundheit und tugendhaften Vorsätzen. Hier herrschte Sittsamkeit; Gedanken an schmusige Mongölchen waren tabu und es durfte noch nicht einmal ab und zu masturbiert werden. Ich widerstand der Versuchung, meine nassen Schuhe auszuziehen, wischte sie aber an der Kokosmatte sauber.
Ich ging durch das Wohnzimmer in den Schlafraum, der sich hinter einem halb zugezogenen Vorhang befand, und blickte auf das ordentlich gemachte Feldbett mit seiner einmal die Woche von Mevrouw Siebers gewaschenen Bettwäsche und einem weißen Häkelüberwurf. Der offene Kleiderschrank enthielt saubere, umgeänderte Hosen und Hemden und gewissensreine Unterwäsche. Weder Playboy- Hefte noch Werkstattkalender, noch nicht einmal Glamourfotos von Valerie Romein, die ich beinahe erwartet hatte. An der Wand hing eine naive Heideansicht inklusive Hirte mit Lamm auf den Schultern und dem dazugehörigen Psalmentext. Auf der Fensterbank stand ein Ficus und auf einem Brett darunter eine illustrierte Kinderbibel. Ich öffnete die Schränke über und unter der Anrichte und schloss aus dem Wasserkessel und der Terrakotta-Teekanne, dass Bertus sich hier Tee
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