Caroline
knallte.
Regen fiel mir ins Gesicht und ein Hund stand über mir, den Kopf dicht an meinem, mit gefletschten Zähnen. Hier stimmte etwas nicht. Niemand hatte etwas von einem Hund gesagt, und als Bart und ich hinter dem Sondereinsatzkommando her zu dem Lkw rannten, in dem pakistanische Illegale versteckt gehalten wurden, schien die Sonne. Wo war Bart? Wo war meine Pistole?
Eine unbekannte Frau beugte sich über mich und fragte: »Wo ist Bertus?«
»Wer ist Bertus?« Meine Stimme klang fremd.
Ich versuchte aufzustehen. Die Frau zog den Hund an einer Kette von mir weg. Das hier war nicht Amsterdam.
Ich schwankte. Durch den Regen rollte die Vergangenheit wie eine Welle auf mich zu, mein ganzes Leben, bis zu Max dem Schäferhund, der Bäuerin und Bertus. Ich kippte vornüber.
6
Vor meinen Augen hing ein weißer Schleier, durch den ganz allmählich cremefarbene Stoffparavents, weiß lackierte Rohre und eine weiße Zimmerdecke Farbe und Form annahmen. Leise Geräusche und amerikanische Stimmen trieben unter der Decke entlang und schmerzten in meinem Kopf.
»Sie haben ihm irgendetwas gegeben«, sagte eine protestierende Stimme. »Er schläft noch.«
Jemand drängte eine dunkelhäutige Krankenschwester beiseite und das Gesicht von CyberNel schwamm auf mich zu. »Max, du meine Güte!«
»Nicht so laut«, murmelte ich.
Nel bedeutete der Krankenschwester, dass sie gehen könne, und ich sah einen Moment lang nichts, doch ich roch ihre Haut und spürte ihren Atem auf meinem Gesicht und ihren Mund auf meinen Augen. »Ich dachte schon, ich müsste von nun an alles alleine regeln«, flüsterte sie.
»Du solltest eigentlich zuerst an den Patienten denken.«
Sie schob einen Hocker ans Bett. »Der Bauer hat einen Krankenwagen gerufen und die Arzte haben einen winzigen Riss in deinem Os parietale mit einem hochmodernen speziellen Wachstumsgelee gefüllt …«
»Nel.«
»Ja, Schatz. Das ist das Scheitelbein, oben auf deinem Kopf.« Sie legte einen Finger auf den Verband um meinen Hinterkopf. »Eddy hat mich gebracht, ich gehe gleich dein Auto holen, das steht noch auf dem Bauernhof, ich hatte keinen Schlüssel. Ein gemeingefährlicher Köter bewacht es.«
Ich spürte ihren Finger auf meinem Schädel nicht. Der Schmerz war in meinem Kopf, nicht obendrauf. Nels nervöses Gerede konnte nur eines bedeuten, nämlich dass sie sich große Sorgen gemacht hatte.
Das heiterte mich wieder etwas auf. »Ich habe Kopfschmerzen .«
»Das liegt an der leichten Gehirnerschütterung. Was ist denn überhaupt passiert?«
»Bertus ist ausgeflippt, als ich ihm die Fotos von Valerie und Caroline zeigte.«
»Warum?«
»Gute Frage.«
Sie schwieg einen Augenblick. »An dem Findling klebte Blut und du kannst froh sein, dass du nicht direkt obendrauf geknallt bist, sondern mehr oder weniger daran entlang geschrammt. Der Riss ist nichts Ernsthaftes. Deine Kopfhaut wurde genäht. Du musst ein paar Tage das Bett hüten und es soll auch noch ein EEG gemacht werden.«
»Blödsinn.«
»Nur zur Sicherheit. Du warst ein bisschen lange bewusstlos. Erst auf dem Operationstisch hast du angefangen zu zappeln und musstest betäubt werden.«
Ich drückte ihre Hand vor Erleichterung. »Ich konnte mich plötzlich an überhaupt nichts mehr erinnern.«
Eine schokoladenbraune Schwester betrat mein Vorhangzelt. »Nun ist es aber genug, der Patient braucht Ruhe.«
»Ich muss noch mit ihm reden, nur ganz kurz«, bat Nel eindringlich. »Sonst geht unser Geschäft Pleite. Ich verspreche, ihn nicht aufzuregen.«
Die Schwester lächelte mit strahlend weißen Zähnen in ihrem dunklen Gesicht. »Von einem Geschäft weiß ich nichts; ich weiß nur, dass wir wütende Polizisten am Hals haben, wenn die spitzkriegen, dass Sie hier reindürfen und die nicht. Fünf Minuten!«
Ich schaute Nel fragend an, die wartete, bis die Schwester weg war. »Die Gastfamilie hat die Bewährungshilfe angerufen, dazu sind sie verpflichtet. Deswegen Polizei.«
»Wo ist Bertus?«
»Tja, der ist abgehauen. Deshalb mussten sie auch bei der Bewährungshilfe anrufen und jetzt interessiert sich die Polizei dafür, was du da zu suchen hattest.«
»Wie, abgehauen?«
»Er hat die Beine unter den Arm genommen, auf dem Fahrrad.«
Ich ließ die seltsame Metaphorik unkommentiert. »Aber dann erwischen sie ihn doch in null Komma nichts?«
Sie machte ein Gesicht wie eine enttäuschte Sphinx. »Vielleicht wäre eine Hirntomographie keine schlechte Idee. In den Niederlanden gibt es ziemlich
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