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Caroline

Caroline

Titel: Caroline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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sie nicht allein für unseren Lebensunterhalt sorgen lassen. Ich hatte mich bereits mit dem Gedanken abgefunden, nie wieder etwas von Meulendijk zu hören. Es war eine Erleichterung, festzustellen, dass ich mich geirrt hatte. Er hatte mich einfach nur in das Netzwerk seiner freien Mitarbeiter auf dem Lande versetzt. Ich hatte momentan keine Aufträge. Meine Rechnung an Valerie Romein war längst bezahlt und den Job für die Obstversteigerungsgenossenschaft hatte Bokhof mit keinem Wort mehr erwähnt. Ich konnte jeden Auftrag gebrauchen. Meulendijk bezahlte gut und einen anständigeren Auftraggeber konnte man sich kaum wünschen.
    »Natürlich, Bernhard«, sagte ich. »Mit Vergnügen, und wenn du etwas für mich hast, brauchst du nur anzurufen.«
    »Da fällt mir ja ein Stein vom Herzen.« Er klang aufrichtig erleichtert, fast so, als habe ich ihm die Gelegenheit geboten, etwas gutzumachen.
    Um die gute Nachricht gebührend zu feiern, meldete ich mich noch am selben Nachmittag auf eine Anzeige, in der ein Ruderboot mit Außenbordmotor angeboten wurde. Ich rief den Eigentümer an und fuhr mit dem Fahrrad hin. Es war ganz in der Nähe, in Rhenoy. Das Boot machte einen gesünderen Eindruck als das Exemplar, das an unserem modrigen Anlegesteg allmählich auseinander fiel, und 250 Euro schien mir ein günstiges Angebot, wie alles in der neuen Währung. Ich zahlte bar, drapierte mein Fahrrad über die Vorderbank und tuckerte die Linge hinauf nach Hause. Im Nachmittagslicht, so ohne Touristen, war die Linge der schönste Fluss der Niederlande.
    Das alte Ruderboot lag natürlich im Weg. Ich fragte mich, ob man mich wegen Umweltverschmutzung verklagen würde, wenn ich es einfach in die Mitte des Flusses schubsen und dort seinem Schicksal überlassen würde. Vorläufig rammte ich meine Neuerwerbung mit dem Bug in den Schlamm vor das mit kleinen Pfählen befestigte Ufer und schaltete den Motor aus, der noch einen Moment nachblubberte.
    Ich sprang ans Ufer, band das Anlegetau um einen Pfahl und hob mein Fahrrad heraus, als ich Nels Wagen über den Deich kommen hörte. Ich winkte und rief, doch sie sah mich nicht, und der Polo verschwand mit reichlich Fahrt in der Einfahrt neben unserem Haus. Mein BMW stand im Carport, sodass Nel davor parken musste. Mit dem Heuschober würde sie zugleich auch eine eigene Einfahrt und eine eigene Garage bekommen. Ich kletterte mit dem Fahrrad über der Schulter durch das hohe Gras den Deich hinauf und rief ihren Namen.
    Sie war schon auf der Terrasse und blieb stehen. »Max?«
    »Hier bin ich!« Ich kam über den Deich und ließ das Fahrrad von meiner schmerzenden Schulter rutschen, während sie auf mich zurannte. »Ich habe eine Überraschung für dich«, sagte ich.
    »Ich habe auch eine.« Demonstrativ hielt sie die Hand hinter den Rücken.
    »Meine liegt da unten.« Ich zeigte auf das Boot. »Endlich können wir trockenen Fußes und ohne schweißtreibendes Rudern zum Restaurant fahren.«
    Sie würdigte meine Neuerwerbung kaum eines Blickes. »Und ich habe Caroline gefunden.«
    Ich schob das Fahrrad die Einfahrt hinunter und stellte es in den Carport. »Ist sie zu Hause?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen funkelten.
    »Cornelia!«
    Sie zog ein Buch hinter ihrem Rücken hervor und hielt es hoch. »Hier ist sie.«
    Stirnrunzelnd warf ich einen Blick darauf. »Was willst du damit sagen?«
    »Das ist ihr Roman!«
    Ich schaute mir das Werk an, ein bescheidenes Taschenbuch von kaum zweihundert Seiten. Der Titel Ein kleines Geschenk prangte in zierlicher, indigoblauer Kursivschrift über einem impressionistischen Kornfeld mit Klatschmohn. »Es stammt von einer gewissen Hedwige Larue«, sagte ich. »Der Name klingt französisch, ist es eine Übersetzung?«
    Ich wollte mir die Titelseiten anschauen, aber Nel nahm mir das Buch aus den Händen und klappte es bei einem Eselsohr auf, das sie in eine Seite irgendwo in der Mitte gemacht hatte. Sie legte mir eine Hand auf die Brust, um mich in Schach zu halten, und fing an, vorzulesen. »Der Ermittler drückte sich gewandt aus und bewegte sich geschmeidig. Er schien ein zufriedener Mensch zu sein, doch Germaine betrachtete nun einmal jeden Mann, der alt genug war, ihr Vater zu sein, mit ganz besonderen Augen und sah manchmal Dinge, die vielleicht gar nicht da waren. Melancholie zum Beispiel, weil seine Zeit verstrich, und Unruhe, weil er tief in seinem Inneren wusste, dass er nicht genug aus seinem bisherigen Leben gemacht hatte und zu wenig übrig behielt,

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