Caroline
vielleicht Ihre Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit weiterhelfen?«
Die junge Frau lächelte. »So etwas haben wir nicht. Wir sind nur ein kleiner Verlag. Ich zum Beispiel bin für die Rezeption verantwortlich, nehme Telefonate entgegen und erledige die Sekretariatsarbeiten für das Lektorat. Meneer Klausman hat eine eigene Sekretärin, und das war es auch schon in etwa. Außer den Lektoren natürlich.«
»Ist Meneer Klausman der Verleger?«
»Ja, aber der ist momentan in Deutschland. Wir haben derzeit ziemlich viel zu tun.«
»Wegen des neuen Stars?«
»Richtig.« Ihr Gesicht nahm einen Ausdruck an, den ich nicht richtig einordnen konnte, irgendwie abfällig. Ich dachte bei mir, dass sie besser nicht in einem Verlag arbeiten sollte, wenn sie auf erfolgreiche Schriftstellerinnen neidisch war.
»Ich war zufällig gerade bei einem anderen Verlag in Baarn und hörte dort von der neuen Jane Austen. Man ist ziemlich eifersüchtig auf euch. Ich habe das Buch zwar noch nicht gelesen, würde aber gerne die Autorin interviewen.« Nel zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf das Plakat. »Vielleicht könnten wir kurz mit dem Lektor von Hedwige Larue sprechen, und wenn Sie mir gleich ihre Telefonnummer geben könnten? Sie wohnt doch im Gooiland, oder?«
»Ja, in Eemnes, aber …« Das Mädchen für alles unterbrach sich abrupt, als habe sie zu spät bemerkt, dass sie hereingelegt worden war. Wahrscheinlich tauchten bei Mirabel nur selten Journalisten oder andere gewiefte Informationssammler auf. Sie kniff die Augen zusammen. »Für welche Zeitung arbeiten Sie?«
Nel lächelte. »Ich bin freie Mitarbeiterin bei der Zeitschrift Elegance.«
Das Mädchen machte ein Gesicht, als erinnere sie sich endlich wieder an ihre Instruktionen. »Einen Augenblick bitte.« Hastig verließ sie ihre Nische, betrat ohne anzuklopfen das Zimmer gegenüber und ließ die Tür halb offen stehen. Wir erhaschten einen Blick auf einen grauhaarigen Herrn im weißen Hemd und eine rothaarige junge Frau mit Hornbrille. Ihre Schreibtische waren brechend voll mit Mappen, Bücherstapeln und Computerzubehör. Das Lektorat. Ein dritter Schreibtisch war leer und unbesetzt, als sei jemand in Urlaub oder fristlos entlassen worden.
Wir warteten höflich, während sich das Mädchen über die Schulter des grauhaarigen Mannes beugte. Seine Kollegin hörte offensichtlich mit, ließ die Brille auf die Nasenspitze rutschen und musterte uns über den Rand hinweg.
Der Mann seufzte, nahm ein Kärtchen aus einer Ablage auf seinem Schreibtisch und kam auf uns zu. Die Rezeptionistin blieb im Büro zurück und knüpfte ein Gespräch mit der Lektorin an.
Der Mann ließ die Tür hinter sich zufallen. »Guten Morgen«, sagte er. »Ich bin Gerard Vreemoed.« Er hatte ein mageres, müdes Gesicht mit grauen Bartstoppeln. Altmodische, silberne Gliederbänder oberhalb seiner Ellenbogen hinderten seine Hemdsärmel am Herunterrutschen. Wir schüttelten uns die Hände. Lia van Doorn, Walter Gieseking. Ich wählte den Namen eines längst verstorbenen Pianisten, weil auch Nel sich hinter ihrem Jugendnamen versteckte. Vorsicht konnte nicht schaden, solange wir nicht wussten, was hier vor sich ging.
»Ich höre, dass Sie auf der Suche nach, äh, Hedwige Larue sind, aber wir geben grundsätzlich die Adressen unserer Autoren nicht ohne deren ausdrückliche Zustimmung weiter, das würde kein Verlag tun.«
Vielleicht geriet er deshalb bei dem Namen ins Stolpern, weil auch er noch nicht an das Pseudonym gewöhnt war. Nel hatte es natürlich auch gehört. »Das verstehe ich«, sagte Nel und fragte: »Ist Hedwige Larue eigentlich ein Pseudonym?«
»Genau genommen nicht.«
»Das klingt ja äußerst mysteriös.« Nel lächelte verführerisch und blickte sich um. »Können wir uns hier irgendwo einen Moment unterhalten?«
Vreemoed wurde unsicher. »Das möchte ich eigentlich nicht so ohne weiteres.«
»Aber Sie sind doch ihr Lektor?«
»Nein, meine Kollegin Katrien hat das Buch lektoriert.«
»Wie finden Sie Ein kleines Geschenk?«
Der Mann wandte sein Gesicht zum Ende des Flures hin und sagte: »Es ist ein wunderbarer Roman.«
»Kam sie hier einfach so mit dem Manuskript hereinspaziert?«
Vreemoeds Zögern wurde langsam chronisch. »Nein, so würde ich es nicht ausdrücken. Aber wie ich schon sagte, ich kann Ihnen nicht viel darüber erzählen …«
»Warum nicht?«
»Wir sind nicht dazu befugt.«
Nel kicherte. »Ist diese Geheimnistuerei vielleicht eine spezielle
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