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Caroline

Caroline

Titel: Caroline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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die Abfahrt Bilthoven war nicht mehr weit entfernt.
    Nel schaltete auf Lautsprecher und ich wandte mich dem Mikrofon zu, das sie kürzlich oberhalb der Windschutzscheibe angebracht hatte, damit ich frei sprechen konnte.
    »Meneer Nijman? Ich bin’s, Max Winter.«
    »Ah .« Nijman klang erleichtert. »Rufst du vom Festnetz aus an?«
    »Nein, ich sitze im Auto, wir sind gerade an Hilversum vorbei.«
    »Kannst du herkommen?«
    »Was ist denn los?«
    Nel verzog das Gesicht. »Warum fragt er wohl, ob du vom Festnetz aus anrufst? Bei Gesprächen über Satellit kann doch jeder Depp mithören!«
    »Du warst doch auf der Suche nach jemandem«, antwortete Nijman denn auch ausweichend. »Möglicherweise haben wir die betreffende Person gefunden.«
    Diesmal saß eine andere Beamtin hinter der Glasscheibe, und selbst wenn für sie dieselben Regeln galten, brauchte ich diesmal nur meinen Namen zu nennen und schon kam Nijman uns abholen.
    Ich stellte Nel als meine Partnerin vor, was häufig zu Missverständnissen führt, weil in den Niederlanden heutzutage die Hälfte der Bevölkerung einen ›Partner‹ im Sinne von Lebensgefährten hat und sogar ein männlicher Partner Gefahr läuft, für etwas anderes angesehen zu werden, als man meint. Nel und ich mussten überlegen, wie wir dieses Problem zufrieden stellend lösen konnten – Teilhaberin? Bevollmächtigte? –, doch Nijman hatte andere Dinge im Kopf. Im Flur hielt er uns einen Augenblick auf.
    »Falls ich dich umsonst habe herkommen lassen, tut es mir Leid, wir sind uns nicht hundertprozentig sicher«, sagte er. »Aber ich möchte weder der Mutter noch anderen Verwandten unnötig einen Schreck einjagen. Außerdem kann ich die Mutter nicht erreichen.«
    »Valerie Romein ist in Mailand«, sagte ich.
    Nijman nickte. »Ich dachte an dich, weil wir hier nur das Foto haben, das du uns überlassen hast.«
    Das alles rief böse Vorahnungen in mir wach, und zwar nicht nur weil Nijman wie von selbst auf das Du übergegangen war. Nel schlug die Hand vor den Mund und blieb stocksteif stehen. In der Stille hörte man das Blut in den Adern rauschen.
    »Caroline ist gefunden worden«, sagte ich.
    »Jedenfalls die Leiche einer jungen Frau. Vielleicht kannst du sie vorläufig identifizieren. Du hast Caroline Romein doch persönlich gekannt? Sie kommt gerade aus der Gerichtsmedizin in Rijswijk zurück. Die Körpergröße passt zu ihrer Personenbeschreibung.«
    »O mein Gott«, flüsterte Nel.
    Nijman schien sie zum ersten Mal zu bemerken und fragte: »Sie sind doch keine Verwandte?«
    Nel schüttelte den Kopf. »Wo ist sie?«
    Nel stieg hinten in den Streifenwagen ein, doch Nijman hielt mich kurz auf, als ich hinüber zur Beifahrerseite gehen wollte. Er wies mit einem Kopfnicken auf Nel und sagte leise: »Vielleicht sollten wir sie besser nicht mitnehmen. Die Leiche hat zwei Monate im Wasser gelegen. Dir brauche ich ja nicht zu erzählen, was das für ein Anblick ist.«
    »Nel war früher auch bei der Polizei.«
    »Kann schon sein, aber sie wirkt sehr erschüttert.«
    »Deine plötzliche Kollegialität kommt ein wenig überraschend«, erwiderte ich.
    Nijman antwortete achselzuckend: »Ich habe mich bei der Kripo in Amsterdam erkundigt. Ich hoffe, du bist mir nicht böse deswegen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich hätte dasselbe getan. Du kannst sogar Meulendijk anrufen, ich stehe wieder ganz und gar in seiner Gunst.«
    Ich stieg ins Auto ein. Unterwegs drehte ich mich zu Nel um und sagte: »Wenn du willst, gehe ich alleine. Es ist eine Wasserleiche.«
    Sie wusste, was das bedeutete. »Wie lange?«, fragte sie.
    »Man geht von zwei Monaten aus.«
    »Das arme Mädchen.« Nel biss sich auf die Lippen und starrte auf Nijmans Rücken. »Wann ist sie gefunden worden?«
    »Vor drei Tagen«, antwortete der Ermittler, ohne sich umzudrehen. »Im Gooimeer, hinter der Stichtse Brug, ein Stück vor Almere. Dort herrscht Strömung, sie könnte also auch irgendwo anders ins Wasser gelangt, dorthin getrieben und im Schilf hängen geblieben sein. Ein junges Paar in einem kleinen Segelboot hat sie entdeckt.«
    Zwei Minuten später bog Nijman auf einen Parkplatz vor einem eckigen, niedrigen Backsteinkomplex ein. Ich sah ein Eichhörnchen am Stamm einer der Tannen hochlaufen, die neben Fichten, Koniferen, Rasenstücken und Spazierwegen ein parkähnliches Gelände um den Komplex bildeten.
    Doch auf den Wegen ging niemand spazieren und meditierte über die Vergänglichkeit des Seins, und auch die Aula auf der

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