Caroline
Tod im Ungewissen gelassen hatte.
»Remco weiß über alles Bescheid«, sagte Valerie und ging hinüber zu ihrem Agenten, um ihm Bescheid zu sagen, dass sie gezwungen sei, sich kurz ›um diese Leuten zu kümmern*.
Der Dandy schaute auf die Uhr, dann zu uns hinüber und sagte: »Wir haben nicht viel Zeit.«
Valerie nickte, gab ihren Eltern ein Zeichen, dass sie gleich wiederkäme, und folgte uns nach draußen. Der Hund hatte es geschafft, das Würstchen aus seinem Blätterteigmantel zu befreien, und schnüffelte an den Teigresten herum. Es war ein frischer Herbstmorgen. Nel trug einen Mantel. Der Himmel über dem dunklen Grün der Fichten hatte die milchig blaue Farbe von Carolines Augen.
»Was gibt es für ein Problem?«, fragte Valerie, als wir dem Weg unter den Tannen ein Stück weit gefolgt waren und stehen blieben.
»Es gibt überhaupt kein Problem. Nur, dass der Fall noch nicht gelöst ist und Nel und ich daran weiterarbeiten.«
Valerie warf einen Blick auf das missbilligende Gesicht von Donkers, der neben Nel stand. »Aber das wollte ich gar nicht«, sagte sie. »Die Polizei hat doch einen Verdächtigen im Visier? Meneer Nijman sagte, dass sie den Mann in Kürze verhaften werden.« Sie vermied es sorgfältig zu erwähnen, wie und mit wessen Hilfe. »Wahrscheinlich muss ich irgendwann eine Aussage machen. Ich hoffe, dass das unter Ausschluss der Öffentlichkeit möglich ist, und ich habe gewiss kein Bedürfnis nach weiteren Unannehmlichkeiten.«
»Dieser Mann hat deine Schwester Denise ermordet, aber er ist höchstwahrscheinlich nicht der Mörder von Caroline.«
Valerie biss sich auf die Lippen. Der Wind zupfte an ihrem Schleier.
»Davon hat die Polizei nichts erwähnt«, bemerkte Donkers wenig begeistert.
»Stimmt«, sagte ich.
»Aber was willst du denn dann?«, fragte Valerie.
Ich schaute Nel an. Sie schüttelte ganz leicht den Kopf.
»Wir glauben, dass Caroline von jemand anderem ermordet wurde und aus völlig anderen Gründen«, erklärte ich. »Ich kann im Moment nicht viel darüber sagen, weil die entsprechende Person sich in Sicherheit wiegt und jede Spur eines Beweises vernichten würde, sobald sie merkt, dass ein Verdacht gegen sie besteht.«
»Sie?«, fragte Valerie.
»Ja, es handelt sich um eine Frau.«
Donkers schnaubte. »Für mich klingt das wie ein platter Versuch, einen Folgeauftrag an Land zu ziehen.«
Ich ignorierte ihn und schaute Valerie an. »Schade, dass du nur so wenig von deiner eigenen Tochter weißt«, sagte ich. »Das ist im Übrigen auch der Hauptgrund, warum diese Frau die Chance erhalten hat, Caroline auszunutzen.«
»Du sprichst in Rätseln«, sagte Donkers.
»Stimmt.« Ich schaute Valerie weiterhin unverwandt an. »Ich möchte nur, dass du weißt, dass meine Partnerin und ich damit fortfahren, unauffällig zu ermitteln, weil diese Person unserer Meinung nach nicht ungeschoren davonkommen und den Rest ihres Lebens von Caroline profitieren darf.«
»Caroline ist tot«, erwiderte Valerie tonlos. »Du redest, als sei mir das egal.« Ich sah zu meiner Verwunderung, dass ihre Augen feucht wurden. »Ich bin nicht die beste Mutter gewesen. Ich bin überhaupt keine Mutter gewesen. Aber sie war meine Tochter. Das ist etwas …, aber was weißt du schon davon?«
»Ich wollte dich nicht beleidigen«, sagte ich.
Sie drehte sich abrupt zu Donkers um und sagte heftig: »Sogar du glaubst, dass mich ihr Tod kalt lässt. Ich weiß, was du denkst, nämlich dass ich mich nie um Karel gekümmert habe und meine Trauer zu spät kommt. Aber trotzdem empfinde ich sie …« Sie unterbrach sich plötzlich, ihre Unterlippe zitterte.
Donkers erschrak über ihren Ausbruch. Einen Moment lang sagte niemand etwas.
Ich sah, wie ein schwarzer Leichenwagen vor dem Eingang hielt und auf die Leute wartete, die vor dem Park ihre Autos abgestellt hatten und sich jetzt einer nach dem anderen zum Trauerzug für die nächste Einäscherung formierten.
Der Rechtsanwalt räusperte sich. »Wie sollte jemand nach Carolines Tod von ihr profitieren können? Meinst du vielleicht eine Erbschaft? Davon kann in ihrem Fall keine Rede sein.«
Valerie riss sich zusammen. »Ich verstehe das auch nicht«, sagte sie.
»Ich hoffe, es dir bald erklären zu können.«
Valerie dachte nach und sagte dann: »Natürlich will ich wissen, wer Karel ermordet hat und warum.« Sie wandte sich an Donkers. »Das ist ja wohl das Mindeste und ich bin bereit, dafür zu bezahlen, was nötig ist.« Sie nickte Nel zu und sagte:
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