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Caroline

Caroline

Titel: Caroline Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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»Ich danke dir.«
    Wir schauten ihr nach, wie sie mit schnellen Schritten zur Trauerhalle zurückkehrte.
    Donkers sagte herablassend: »Na, das habt ihr ja …«
    Ich unterbrach ihn. »Noch ein Wort und du kommst mit einem gebrochenen Bein nach Hause.«
    Er gab ein abfälliges Geräusch von sich und schaute mit verächtlicher Grimasse von mir zu Nel. »Ich will damit nur sagen, dass ich dafür sorgen werde, dass die Rechnungen erst bezahlt werden, wenn ihr auch ein Ergebnis vorweisen könnt.«
    Ich verzog das Gesicht zu einem zynischen Grinsen: »Geht in Ordnung, Junge.«
    Donkers drehte sich beleidigt um und marschierte von dannen.
    Ich fasste Nel an der Hand und wir gingen ein Stück in dem kleinen Park spazieren. Die Holzbank unter den Tannen erinnerte mich unwillkürlich an die Bank auf der Insel der ertrunkenen Prinzessin, auf der wir mit Caroline zusammen gesessen hatten. Zwischen den Baumstämmen hindurch sahen wir in der Ferne den Leichenwagen, der den Haupteingang zur Trauerhalle erreicht hatte. Der Sarg wurde aus dem Laderaum auf eine Bahre geschoben und sechs männliche Verwandte stellten sich um ihn herum, um ihn hineinzutragen.
    »Sie werden sie bald vergessen«, sagte Nel.
    Ich legte meinen Arm auf die Banklehne und meine Hand auf ihre Schulter.
    »Wenn sie ihr Buch hätte veröffentlichen können, hätte alle Welt sie geliebt«, sagte Nel. »Nicht weil sie dann berühmt gewesen wäre, sondern weil man begriffen hätte, was für ein besonderer Mensch sie war. Jetzt glauben alle, die Larue sei dieser besondere Mensch.«
    Ich zündete eine Gauloise an. Der Rauch passte gut zu den Tannen und zu einem Krebstod. Ich dachte bei mir, dass CyberNel bald nicht mehr damit einverstanden sein würde, dass ich im Haus rauchte. Ich würde es auf der Terrasse oder auf dem Fluss tun müssen – oder einfach damit aufhören.
    »Ich habe eine Idee«, sagte Nel. »Für die Larue.«
    Sie klang rachsüchtig und ich fragte: »Was denn?«
    »Die Larue würde sich aus allem herausreden, selbst wenn wir beweisen könnten, dass eine frühere Version des Romans existiert, die wahrscheinlich von Caroline stammt«, erklärte sie. »Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, sie hereinzulegen, nämlich, sie dazu zu bringen, dasselbe noch einmal zu tun.«
    Ihre Augen funkelten. Sie war so schön. Ihr kastanienbraunes Haar, das zum Frühherbst passte, ihr Körper, so schlank und grazil wie der einer Hirschkuh, ihre honigfarbene Haut und ihre Augen, die stets lebhaft in die Welt blickten.

 

     
12
     
    Ich habe hunderte Stunden damit verbracht, im Auto sitzend Personen zu observieren, im Sommer mit heruntergedrehten Fenstern, im Winter mit rollenden Schultern und wackelnden Zehen, hin und wieder den Motor anlassend, um nicht zu erfrieren. Morgens wach, nachts im Halbschlaf. Jetzt saß ich an einem regnerischen Morgen knapp eine Woche nach der Trauerfeier in einem Viertel am Stadtrand von Ede und mein größtes Problem bestand darin, dass sich niemand in der Nachbarschaft später an mein Gesicht erinnern durfte.
    Zuerst war ich dem Mann gefolgt, als er in Begleitung von zwei Kindern von zu Hause losfuhr, alle drei auf Fahrrädern, die Kinder in knallgelben Regenmänteln mit Kapuzen auf dem Kopf. Die Kinder schienen noch keine zehn Jahre alt zu sein, wobei mir das Mädchen etwas älter vorkam als der Junge. Der Mann trug einen Indiana-Jones-Hut und einen braunen Regenmantel, der ihm beim Treten rechts und links um die Waden flatterte. Es herrschte starker Verkehr. Die Stadtrandviertel hatten ihre eigene morgendliche Hauptverkehrszeit, in der Scharen von Fahrrad- und Mopedfahrern sowie Schulkinder unterwegs waren. Es war eine grüne Wohngegend für junge Familien; Einfamilienhäuser umgeben von freundlichen Gärten und einige mehrstöckige Mietshäuser am Rande der Siedlung zwischen herbstlich gelben Pappeln.
    Für einen Autofahrer ist es nicht leicht, Fahrradfahrern unauffällig zu folgen, doch dank der gelben Regenmäntel konnte ich ihnen stets eine ganze Straßenlänge Vorsprung gewähren. Ich erwartete, dass der Mann und die Kinder sich an einem bestimmten Punkt trennen würden und sie weiter zu Schule, er zur Arbeit führen, doch sie blieben beisammen und radelten bis zu einer Grundschule fünf Minuten von ihrem Haus entfernt. Sie stiegen alle drei ab und schoben ihre Fahrräder zu den überdachten Fahrradständern, wobei der Mann sein Rad in einem getrennten Ständer abstellte. Der Junge und das Mädchen mischten sich unter andere

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