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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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waren, jedoch zögerten, ihm zu nahe zu kommen. Wahrscheinlich hatten sie
männliche Ablösung angefordert und warteten nun. In der Herrentoilette
handelte er blitzschnell. Er zog die weiße Regenhaut über seinen Mantel,
stopfte den Tragbeutel in die Tasche und setzte die Pelzmütze auf. Er ließ
seine übrigen Pakete liegen und rannte dann wie ein Irrer über die Nottreppe
hinunter, stieß eine Feuertür auf, sauste eine Hintergasse entlang, schlenderte
gemächlich durch eine weitere, eine Einbahnstraße, stopfte den weißen
Regenmantel in den Tragebeutel, schlüpfte gerade noch in einen Laden, der
bereits schließen wollte und kaufte sich dort einen schwarzen Regenmantel, den
er an Stelle des weißen überzog. Im Schutz der hinausströmenden Kunden
quetschte er sich in eine volle Tram, blieb bis zur vorletzten Haltestelle,
marschierte eine Stunde lang und schaffte den Ausweichtreff mit Max auf die
Minute.
    Nun
beschrieb er sein Gespräch mit Max und sagte, um ein Haar hätten sie sich
geprügelt.
    Smiley
fragte: »Sind Sie nie auf den Gedanken gekommen, die Sache fallenzulassen?«
    »Nein. Bin
ich nicht«, bellte Jim.
    Seine
Stimme hob sich drohend.
    »Obwohl
Sie von Anfang an fanden, daß es eine Schnapsidee war?« In Smileys Tonfall
schwang nichts als Nachsicht. Keine Schärfe, kein Wunsch, Jim ins Unrecht zu
setzen: nur der Wunsch, die Wahrheit zu erfahren, sonnenklar unter dem
Nachthimmel. »Sie sind einfach weitermarschiert. Sie hatten gesehen, was Ihnen
im Rücken drohte, Sie fanden den Auftrag absurd, aber Sie marschierten weiter,
immer tiefer hinein in den Dschungel.«
    »Ja.«
    »Oder
sahen Sie den Auftrag inzwischen mit anderen Augen? Hat Sie schließlich die
Neugier vorwärtsgetrieben, war das der Grund? Weil Sie zum Beispiel
leidenschaftlich gern wissen wollten, wer der Maulwurf war? Ich stelle nur
Vermutungen an, Jim.«
    »Was hat
das schon zu sagen? Was zum Teufel haben meine Gründe zu sagen, wenn's um eine
solche Schweinerei geht?« Der Halbmond über dem Hügel war aus den Wolken hervorgekommen
und schien sehr nah. Jim setzte sich auf die Bank. Sie stand auf einer
Kiesfläche, und während des Sprechens nahm er dann und wann einen Kiesel auf
und schleuderte ihn mit einem Rückhandwurf ins Farngestrüpp. Smiley saß neben
ihm und schaute immer nur Jim an. Einmal trank er ebenfalls einen Schluck
Wodka, um Jim Gesellschaft zu leisten und dachte an Tarr und Irina und, wie sie
damals auf ihrem Hügel in Hongkong getrunken hatten. Es muß eine
Berufsgewohnheit sein, dachte er: wir sprechen leichter, wenn wir eine Aussicht
vor uns haben. Durch das Fenster des geparkten Fiat, sagte Jim, kam das Codewort
ohne Zögern. Der Fahrer war einer jener steifen, muskelbepackten tschechischen
Magyaren mit Schnurrbart á la Edward VII. und einem Mund voller Knoblauch. Jim
mochte ihn nicht, hatte das aber auch nicht erwartet. Die beiden hinteren Türen
waren verschlossen, und es gab einen Streit darüber, wo er sitzen sollte. Der
Magyar sagte, aus Sicherheitsgründen solle Jim nicht hinten sitzen. Außerdem
sei es undemokratisch. Jim wünschte ihn zum Teufel. Er fragte Jim, ob er einen
Revolver habe, und Jim sagte nein, was eine Lüge war, aber wenn der Magyar ihm
nicht glaubte, so wagte er doch nicht, es zu sagen. Er fragte, ob Jim Anweisungen
für den General mitgebracht habe? Jim sagte, er habe gar nichts mitgebracht. Er
sei gekommen, um zuzuhören.
    Jim sei
wohl etwas kribbelig, sagte er. Sie fuhren, und der Magyar sagte sein Stückchen
her. Wenn sie zur Jagdhütte kämen, würde kein Licht und kein Lebenszeichen zu
sehen sein. Der General würde sich in der Hütte befinden. Sollte irgend etwas,
ein Fahrrad, ein Auto, ein Licht, ein Hund, irgendein Zeichen darauf
hinweisen, daß die Hütte bewohnt war, so würde der Magyar zuerst hineingehen, und
Jim würde im Wagen warten. Andernfalls sollte Jim allein hineingehen, und der
Ungar würde draußen warten. War das klar?
    Warum
gingen sie nicht einfach zusammen hinein? fragte Jim. Weil der General das
nicht wünschte, sagte der Ungar. Sie fuhren, nach Jims Uhr, eine halbe Stunde
lang, immer nord-ostwärts und mit einem Durchschnittstempo von dreißig Stundenkilometern.
Der Weg war kurvenreich und steil und von Bäumen gesäumt. Es schien kein Mond,
und er konnte sehr wenig sehen, nur dann und wann hoben weitere Wälder und
Hügel sich vor dem Himmel ab. Der Schnee trieb vom Norden her, stellte er fest;
diese Beobachtung war später von Nutzen. Der Weg war geräumt,

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