Carre, John le
Tarr ganz einfach dazwischen. »Er hat seine Weiber über den ganzen
Globus verstreut, aber im Moment scheint sie die Lieblingsfrau zu sein.«
»Warum
sind Sie ausgerechnet jetzt zurückgekommen?« Tarr sagte nichts.
»Hätten
Sie nicht gern Weihnachten mit Danny verbracht?«
»Schon.«
»Also, was
ist passiert? Hat Ihnen etwas einen Schreck eingejagt?«
»Es sind
Gerüchte umgegangen«, sagte Tarr mürrisch. »Welche Art von Gerüchten?«
»So ein
Franzose ist in KL aufgetaucht und hat herumerzählt, ich schuldete ihm Geld.
Wollte mir einen Anwalt auf den Hals hetzen. Ich schulde niemandem Geld.«
Smiley
wandte sich wieder an Guillam: »Im Circus wird er noch immer als Überläufer
geführt?«
»Als
mutmaßlicher.«
»Was haben
Sie bisher unternommen?«
»Ich bin
nicht zuständig. Ich habe auf Umwegen erfahren, daß London Station vor einer
Weile mehrmals Kriegsrat über ihn gehalten hat, aber ich war nicht eingeladen
und weiß also nicht, was dabei herauskam. Ich vermute, gar nichts, wie üblich.«
»Welchen
Paß hat er benutzt?«
Tarr hatte
die Antwort bereit: »Thomas habe ich abgeworfen, sobald ich in Malaya ankam.
Wie ich annahm, war Thomas zur Zeit in Moskau nicht gerade Liebkind, und so
machte ich ihm besser an Ort und Stelle den Garaus. In KL ließ ich mir einen
Commonwealth- und britischen Paß anfertigen.« Er gab ihn Smiley. »Auf den Namen
Poole. Nicht schlecht für den Preis.«
»Warum
benutzten Sie nicht einen Ihrer Schweizer Pässe?« Wieder eine argwöhnische
Pause.
»Oder
kamen die Pässe bei der Durchsuchung Ihres Hotelzimmers abhanden?«
Guillam
sagte: »Er hat sie sofort nach seiner Ankunft in Hongkong gut versteckt. Das
Übliche.«
»Warum
haben Sie sie dann nicht benutzt?«
»Sie waren
numeriert, Mr. Smiley. Sie waren zwar nicht ausgefüllt, aber numeriert waren
sie. Mir war ein bißchen mulmig, ehrlich gesagt. Wenn London die Nummern hatte,
dann hatte Moskau sie vielleicht auch, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Und was
taten Sie mit Ihren Schweizer Pässen?« wiederholte Smiley freundlich.
»Er sagt,
er hat sie weggeworfen«, sagte Guillam. »Wahrscheinlich hat er sie verkauft.
Oder für diesen da in Tausch gegeben.«
»Wie? Wie
hat er sie weggeworfen? Haben Sie sie verbrannt?«
»Stimmt,
ich habe sie verbrannt«, sagte Tarr, und seine Stimme klang frech, halb
Drohung, halb Furcht. »Aber Sie sagten, dieser Franzose habe Sie gesucht...«
»Er suchte
Poole.«
»Wer hat
jemals etwas von Poole wissen können, außer dem Mann, der diesen Paß gefälscht
hat?« fragte Smiley und blätterte darin. Tarr sagte nichts. »Sagen Sie mir, wie
Sie nach England zurückgereist sind«, forderte Smiley ihn auf.
»Hinten
rum, über Dublin. Kein Problem.« Tarr war ein schlechter Lügner, wenn er unter
Druck gesetzt wurde. War vielleicht die Schuld seiner Eltern. Er reagierte
überstürzt, wenn er nicht vorbereitet war, und zu aggressiv, wenn er eine
Antwort in petto hatte.
»Wie sind
Sie nach Dublin gekommen?« fragte Smiley und prüfte die Einreisestempel auf der
Mittelseite.
»Ging wie
geschmiert.« Er hatte sein Selbstvertrauen zurückgewonnen. »Ich habe ein
Mädchen, die Stewardeß bei der South African ist. Ein
Kumpel hat mich per Fracht zum Kap geflogen, dort hat mich mein Mädchen
übernommen und mir dann durch einen der Piloten einen Freiflug nach Dublin
verschafft. Für die Leute im Osten habe ich die Halbinsel überhaupt nicht verlassen.«
»Ich tue
alles in meiner Macht Stehende, um das zu prüfen«, sagte Guillam mit einem
Blick zur Decke.
»Dann
passen Sie verteufelt auf, Baby«, herrschte Tarr Guillam an.
»Hetzen
Sie mir nicht die falschen Leute auf den Pelz.«
»Warum
sind Sie zu Mr. Guillam gekommen«, erkundigte sich Smiley, der noch immer in
Mr. Pooles Paß vertieft war. Es war ein benutztes, ein vielbenutztes Dokument,
weder zu voll noch zu leer. »Abgesehen davon, daß Sie natürlich Angst hatten.«
»Mr.
Guillam ist mein Boß«, sagte Tarr tugendhaft.
»Ist Ihnen
überhaupt nicht in den Sinn gekommen, daß er sie kurzerhand an Alleline
weiterreichen könnte? Schließlich sind Sie, jedenfalls in den Augen der
Circus-Riesen, ein sehr begehrter Mann.«
»Klar.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Mr. Guillam mehr für die neue
Gruppierung übrig hat als Sie, Mr. Smiley.«
»Außerdem
liebt er England«, erläuterte Guillam mit beißendem Hohn.
»Klar. Ich
hab' Heimweh gekriegt.«
»Haben Sie
jemals erwogen, sich an jemanden anders als an ihn zu
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