Carre, John le
Achtung seiner Peers, eine fette Pension und ein paar
Aufsichtsratspöstchen in der City. »Auf jeden Fall sehe ich ihn um elf.« Lacon
war aufgesprungen, und nun marschierten sie wieder. Smiley fing den Namen Ellis
auf, den die herbstliche Morgenluft zu ihm zurückwehte. Einen Augenblick
überkam ihn, genau wie neben Guillam im Auto, eine seltsame Nervosität.
»Schließlich«,
sagte Lacon gerade, »haben wir beide nur unsere Pflicht getan. Sie glaubten,
Ellis sei ein Verräter, und Sie verlangten eine Hexenjagd. Mein Minister und
ich glaubten, es handele sich um schlimmste Unfähigkeit von Control - eine
Ansicht, die, um es milde auszudrücken, das Foreign
Office teilte -, und wir verlangten einen neuen Besen.«
»Oh, ich
verstehe Ihr Dilemma sehr gut«, sagte Smiley mehr
zu sich selber als zu Lacon.
»Freut
mich. Und vergessen Sie nicht, George: Sie waren Controls Mann. Control hat
Sie Haydon vorgezogen, und als er gegen Ende die Dinge nicht mehr im Griff
hatte - und dieses ganze ungeheure Abenteuer begann -, haben Sie sich für ihn
exponiert. Nur Sie, George. Es passiert nicht alle Tage, daß der Leiter eines
Geheimdienstes einen Privatkrieg gegen die Tschechen beginnt.« Es war klar, daß
die Erinnerung immer noch schmerzte. »Unter anderen Gegebenheiten hätte
wahrscheinlich Haydon dran glauben müssen, aber Sie saßen schon auf dem
Schleudersitz, und . . .«
»Und
Alleline war der Mann des Ministers«, sagte Smiley so milde, daß Lacon seine
Gangart zügelte und ihm zuhörte. »Sie hatten ja keinen Verdächtigen, nicht
wahr? Sie wiesen nicht mit dem Finger auf einen bestimmten Mann. Eine ziellose
Untersuchung kann außerordentlich viel Schaden anrichten.«
»Ein neuer
Besen hingegen kehrt besser.«
»Percy
Alleline macht seine Sache sehr gut. Er sorgt für Nachrichten statt für
Skandale; er hält sich genau an die Abmachungen und hat das Vertrauen der
Klienten gewonnen. Und soviel ich weiß, ist er noch nicht in
tschechoslowakisches Gebiet eingedrungen.«
Sie waren
zu einem leeren Schwimmbassin gelangt und starrten auf den Grund. Aus den
schlammigen Tiefen vermeinte Smiley wieder Roddy Martindales hinterhältige
Stimme zu hören: »Kleine Leseräume in der Admiralität, kleine Ausschüsse mit
komischen Namen wachsen aus dem Boden . . .«
»Sprudelt
Percys Spezialquelle noch immer?« erkundigte sich Smiley. »Das Witchcraft-Material oder wie man das heutzutage nennt.«
»Ich wußte
nicht, daß Sie eingeweiht sind«, sagte Lacon keineswegs erfreut. »Da Sie
danach fragen, ja. Quelle Merlin ist unser wichtigster Anhaltspunkt, und Witchcraft ist immer noch der Name des Produkts. Der Circus hat seit Jahren kein
so gutes Material vorgelegt. Überhaupt nie, soweit ich mich erinnern kann.«
»Und es
unterliegt noch immer diesen besonderen Sicherheitsbestimmungen ?«
»Gewiß,
und nachdem das jetzt passiert ist, werden wir bestimmt noch weit strengere
Vorsichtsmaßnahmen treffen.«
»Das würde
ich an Ihrer Stelle nicht tun. Gerald könnte den Braten riechen.«
»Das ist
der Haken, nicht wahr?« bemerkte Lacon rasch. Seine Zähigkeit war unglaublich,
dachte Smiley. Im einen Augenblick war er ein dürrer, ausgepumpter Boxer, dem
die Handschuhe zu groß waren für die mageren Gelenke; im nächsten hatte er
ausgeholt, einen in die Seile geschickt und beobachtete sodann sein Opfer mit
christlichem Mitgefühl. »Wir können nichts tun. Wir können keine
Nachforschungen anstellen, weil das gesamte Instrumentarium für eine solche
Untersuchung in den Händen des Circus liegt, vielleicht sogar beim Maulwurf
Gerald persönlich. Wir können nicht beschatten oder abhören oder Post öffnen.
Wir würden in jedem solchen Fall auf Esterhases Aufklärer zurückgreifen
müssen, und Esterhase muß wie jeder andere auch suspekt sein. Wir können keine
Verhöre anstellen, wir können nicht dafür sorgen, daß bestimmten Personen der
Zugang zu heiklen Geheimnissen verwehrt wird. Wenn wir etwas Derartiges
unternähmen, würden wir riskieren, den Maulwurf stutzig zu machen. Es ist die
älteste Frage der Welt, George. Wer kann den Spion ausspionieren? Wer kann den
Fuchs hetzen, ohne mit ihm zu rennen?« Er machte einen weiteren mißglückten
Versuch, Humor zu beweisen: »Höchstens der Maulwurf«, sagte er im Verschwörerton.
In einer
jähen Aufwallung von Energie hatte Smiley sich losgerissen und trabte vor
Lacon den Pfad entlang, der zur Koppel führte.
»Dann
gehen Sie doch zur Konkurrenz«, rief er, »Gehen Sie zum
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