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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dame Koenig As Spion (Smiley Bd 5)
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Ansehen, das er in Whitehall genoß, durch
nichts anderes zu erklären. Diesen Dokumenten fügte er auf Smileys Drängen noch
den revidierten Organisationsplan der Skalpjäger hinzu. Es handelte sich
hierbei um einen Brief Allelines, der mit den Worten »Lieber Guillam« begann
und ihm im einzelnen die Beschneidung seiner Befugnisse mitteilte. Sie gingen
in mehreren Fällen an Toby Esterhase, den Chef der Aufklärer in Acton über, der
einzigen Zweigstelle, die im Zuge des Lateralismus an Bedeutung gewonnen hatte.
Danach ging er hinüber an seinen Schreibtisch und fotografierte, ebenfalls auf
Anweisung Smileys, ein paar Routine-Rundschreiben, die als allgemeine Lektüre
nützlich sein konnten. Unter ihnen war ein Klagelied der Verwaltung über den
Zustand »sicherer Häuser« im Gebiet von London: »Es wird dringend gebeten,
sie pfleglich zu behandeln«, und ein weiteres
über den Mißbrauch nicht registrierter Telefone im Circus zu Privatgesprächen.
Schließlich ein sehr massives persönliches Anschreiben der Dokumentenabteilung,
worin er »zum unwiderruflich letzten Mal« darauf aufmerksam gemacht wurde, daß
seine auf seinen Arbeitsnamen lautenden Autopapiere abgelaufen seien, und daß
er, falls er sie nicht zu erneuern geruhte, »der Personalstelle zur Einleitung
entsprechender disziplinarischer Maßnahmen gemeldet würde«.
    Er legte
die Kamera zur Seite und ging wieder zum Safe. Im untersten Fach lag ein
Packen Aufklärerberichte, mit Toby Esterhases Unterschrift versehen und mit
dem Codewort Axt gestempelt. Sie enthielten die Namen und Tarnberufe der zwei-
bis dreihundert identifizierten sowjetischen Geheimdienstagenten, die in London
unter legaler oder halblegaler Tarnung tätig waren: Handel, Tass, Aeroflot,
Radio Moskau, konsularischer und diplomatischer Dienst. Gegebenenfalls auch die
Daten von Nachforschungen, die durch die Aufklärer angestellt worden waren und
die Namen von Nebenstellen, wie man in dar Fachsprache solche Kontakte nannte,
die im Zug einer Überwachung entdeckt und nicht unbedingt immer weiter
verfolgt wurden. Die Berichte waren in einem jährlichen Hauptband mit
monatlichen Ergänzungsbänden zusammengefaßt. Guillam studierte zuerst den
Hauptband, dann die Ergänzungen. Um elf Uhr zwanzig verschloß er den Safe, rief
über die direkte Leitung London Station an und verlangte Lauder Strickland von
der Bankabteilung. »Lauder, hier Peter in Brixton, wie geht das Geschäft?«
    »Ja,
Peter, was kann ich für Sie tun?«
    Kurz und
bündig. Wir in London Station haben wichtigere Freunde, besagte der Tonfall.
    Es handle
sich darum, ein paar Moneten abzustauben, erklärte Guillam, und damit einen
französischen diplomatischen Kurier einzukaufen, der offenbar zu haben war. Mit
seiner demütigsten Stimme brachte er die Frage vor, ob Lauder wohl Zeit finden
könnte, daß sie sich treffen und die Sache besprechen würden. Ob das Projekt
von London Station freigegeben sei? wollte Lauder wissen. Nein, aber Guillam
habe die Papiere bereits mit dem Pendelbus an Bill abgeschickt. Lauder
Strickland wurde eine Spur zugänglicher. Guillam ließ nicht locker: »Die Sache
hat ein paar kitzlige Aspekte, Lauder, ohne Ihren Grips werden wir nicht
auskommen.«
    Lauder
sagte, er könne eine halbe Stunde für ihn erübrigen. Auf dem Weg ins West End
lieferte er seine Filme in der unansehnlichen Drogerie Lark in der Charing
Cross Road ab. Lark, wenn er es selber war, war ein sehr fetter Mann mit riesigen
Fäusten. Der Laden war leer.
    »Die Filme
von Mr. Lampton, zum Entwickeln«, sagte Guillam. Lark nahm das Päckchen mit ins
Hinterzimmer, und als er wiederkam, sagte er mit gurgelnder Stimme: »Alle in
Ordnung«, und stieß einen Luftschwall aus, als rauchte er, was er aber nicht
tat. Er brachte Guillam zur Tür und schloß sie hinter ihm. Wo mag George sie
nur immer auftreiben? fragte er sich. Er hatte eine Packung Hustenpastillen
gekauft. Jeder einzelne Schritt muß zu begründen sein, hatte Smiley ihm eingeschärft:
Nehmen Sie stets an, daß Tobys Hunde vierundzwanzig Stunden am Tag auf Ihrer
Fährte sind. Das ist schließlich nichts Neues, dachte Guillam; Toby Esterhase
würde seiner eigenen Mutter die Hunde auf die Spur hetzen, wenn es ihm ein
Schulterklopfen von Alleline einbrächte.
    Von
Charing Cross ging er zu Chez Victor zu einem
Lunch mit seinem Vorturner Cy Vanhofer und einem Halunken, der sich Lorimer
nannte und behauptete, seine Mätresse mit dem ostdeutschen Gesandten in
Stöckholm zu teilen. Lorimer

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