Carre, John le
sagte, das Mädchen sei bereit, mitzuspielen, aber
sie benötige die britische Staatsbürgerschaft und einen Haufen Geld, zahlbar
bei der ersten Lieferung. Sie würde alles tun, sagte er: Die Post des Botschafters
abfangen, Mikros in seine Räume pflanzen »oder ihm Glasscherben ins Badewasser
streuen«, was ein Witz sein sollte. Guillam hielt Lorimer für einen Lügner, und
er hätte gern gewußt, ob auch Vanhofer einer sei, aber er wußte nur zu gut,
daß keiner von beiden darauf kommen würde, nach welcher Seite er tendierte. Er
mochte das Lokal Chez Victor, konnte sich aber nicht erinnern,
was er gegessen hatte, und als er den Vorplatz im Circus betrat, war ihm klar,
daß er schrecklich aufgeregt war. »Hallo Bryant.«
»Freut
mich, Sie zu sehen, Sir. Nehmen Sie doch Platz, Sir, nur einen Augenblick, Sir,
vielen Dank«, sagte Bryant, alles in einem Atemzug, und Guillam ließ sich auf
der Holzbank nieder und dachte an Zahnärzte und Camilla. Sie war eine ganz neue
und ziemlich schillernde Erwerbung; alles war so schnell gegangen wie schon
seit langem nicht mehr. Sie hatten sich bei einer Party kennengelernt, wo sie
bei einem Glas Karottensaft allein in einer Ecke saß und über die Wahrheit
sprach. Guillam setzte alles auf eine Karte und sagte, Ethik sei nicht seine
starke Seite und ob sie nicht lieber einfach ins Bett gehen sollten? Camilla
überlegte eine Weile ernsthaft; dann holte sie ihren Mantel. Seitdem hing sie
in Guillams Wohnung herum, briet Nuß-Frikadellen und spielte Flöte.
Der
Vorplatz sah schäbiger aus denn je. Drei alte Aufzüge, eine Holzbarriere, ein
Werbeplakat für Mazawatee-Tee, Bryants verglastes Schilderhäuschen mit einem
Bilder-aus-England-Kalender und mehrere bemooste Telefone.
»Mr.
Strickland erwartet Sie bereits, Sir«, sagte Bryant,
als er wieder auftauchte, und stempelte bedächtig auf einen rosa Zettel die
Tageszeit auf: Vierzehn Uhr fünfundfünfzig, P. Bryant, Portier. Das Gitter des
mittleren Aufzuges klapperte wie ein Bündel trockener Stecken.
»Zeit, daß
das Ding mal geölt wird, wie?« rief Guillam, während er wartete, bis der
Mechanismus in Gang kam.
»Wir haben
schon x-mal angemahnt«, sagte Bryant und stieg in seine Lieblingsklage ein.
»Sie rühren keinen Finger. Man kann nachfragen, bis man schwarz wird. Wie
geht's der Familie, Sir?«
»Bestens«,
sagte Guillam, der keine hatte.
»Freut
mich«, sagte Bryant. Von oben sah Guillam den sahnefarbenen Kopf zwischen
seinen Füßen verschwinden. Mary nannte ihn immer Erdbeer mit Vanille, fiel ihm
ein: rotes Gesicht, weißes Haar und breiig.
Im Lift
betrachtete er seinen Besuchsschein. »Berechtigt zum Betreten von LS«, lautete
die erste Zeile. »Zweck des Besuches: Bankabteilung. Dieses Dokument ist vor
Verlassen des Gebäudes zurückzugeben.« Und neben »Unterschrift des Besuchten«
ein freier Platz.
»Tag,
Peter. Begrüße Sie. Sie haben sich ein bißchen verspätet, aber das macht
nichts.«
Lauder
wartete an der Schranke, das ganze 1 Meter 80 hohe Nichts von ihm, mit weißem
Kragen und voll heimlichen Stolzes, weil er aufgesucht wurde. Zu Controls
Zeiten war diese Etage ein einziges Hin und Her geschäftiger Leute gewesen.
Heute verschloß eine Schranke den Zutritt. Ein rattengesichtiger Portier
prüfte eingehend seinen Besuchsschein.
»Du lieber
Gott, seit wann haben Sie denn dieses Ungetüm?« fragte Guillam und blieb vor
einem glänzenden neuen Kaffeeautomaten stehen. Ein paar Mädchen, die ihre
Becher füllten, blickten auf und sagten: »Hallo, Lauder«, wobei sie Guillam
anschauten. Die große erinnerte ihn an Camilla: das gleiche langsam glimmende
Auge, das die männliche Unzulänglichkeit ächtete.
»Ach, Sie
ahnen gar nicht, wie viele Mann-Stunden das einspart«, schrie Lauder plötzlich.
»Phantastisch. Ganz phantastisch«, und hätte in seiner Begeisterung beinah Bill
Haydon überrannt. Haydon war aus seinem Zimmer getreten, einem sechseckigen
MG-Stand mit Blick über New Compton Street und Charing Cross Road. Er bewegte
sich in der gleichen Richtung wie sie, aber im Tempo von einer halben Meile pro
Stunde, was bei Bill innerhalb des Hauses Vollgas bedeutete. Im Freien verhielt
er sich anders; Guillam hatte auch das gesehen, bei Übungsspielen in Sarratt
und einmal bei einem nächtlichen Überfall in Griechenland. Im Freien war er
flink und gewandt; das scharfgeschnittene Gesicht, das in diesem dumpfen
Korridor fahl und verschlossen wirkte, schien unter freiem Himmel von den
fernen Orten geprägt,
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